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Detlef Grumbach (Hg.): Die große Oper

Andreas Meyer-Hanno, die Schwulenbewegung und die Hannchen-Mehrzweck-Stiftung (Männerschwarm Verlag)

Andreas Meyer-Hanno wurde 18.02.1932 in Berlin als Kinder einer jüdischen Pianistin und eines kommunistischen Schauspielers geboren. Er erlebte schon früh die Ausgrenzung in der NS-Zeit, als er wegen seiner jüdischen Mutter von der Realschule flog. Sein Vater wurde vermutlich am 20.04.1945 in Bautzen von den Nazis ermordet. Mit seiner Mutter hatte er, solange sie lebte, eine sehr innige, manchmal auch ihrerseits übergriffige Beziehung.

Sein Coming Out als Schwuler und seine erste Beziehung erlebt er im Wuppertal der Nachkriegszeit. Er erlebt Polizeirazzien und muss seinen Männerbesuch im Haus mit viel Aufwand verbergen. Die Technik „im gleichen Tritt die Treppe rauf“ verwendete er später häufiger als Vortragstitel.

Der studierte und promovierte Musik- und Theaterwissenschaftler ist nach seiner Regieassistenz als Spielleiter in Karlsruhe und Braunschweig tätig, bevor er in Frankfurt/Main Professor an der Musikhochschule wird.

Erst in dieser Zeit hat er quasi sein zweites Coming Out als Bewegungsaktivist. Er gründet die schwule Theatergruppe „Die Maintöchter“, ist Mitglied der Schwulengruppe und einer der maßgeblichen Initiatoren des Mahnmals Homosexuellenverfolgung, das 1994 eingeweiht wird.

Meyer-Hanno im Rock gegen Rechts 1979 (Bild: Männerschwarmverlag)

Diesen wechselreichen und vielseitigen Lebenslauf zeichnet Detlef Grumbach in einer ausführlichen biografische Skizze nach, die aus dem umfangreichen Briefwechsel zwischen Mutter und Sohn, Zeitungsartikeln und Archivalien aus der schwulen Subkultur vor allem ab den 80er-Jahren interessant gezeichnet wird. Immer wieder fließen auch einordnende Hinweise zu den Lebensbedingungen und zur rechtlichen Situation schwuler Männer ein, so dass die Skizze gleichzeitig eine Zeitreise durch die Adenauer-Republik und die Aufbrüche ab 1968 darstellt.

Drei Jahre nach seiner Ankunft in Frankfurt/Main findet dort das erste große Internationale Homosexuellen-Treffen statt. Er steigt nicht nur inhaltlich voll ein, sondern steht auch jeden Abend mit den Maintöchtern auf der Bühne und ist danach aus der Frankfurter Schwulenszene nicht mehr wegzudenken.

Liebe, Sex und intellektuellen Austausch genießt Andreas Meyer-Hanno zwar selten mit denselben Menschen, dennoch pflegte er mehrere lebenslange Freundschaften. Seinen Nachlass regelt er früh und gründet die noch heute tätige Hannchen-Mehrzweck-Stiftung zur Förderung schwulenpolitischen Engagements, deren Förderzweck inzwischen auch Lesben und Trans*personen umfasst.

Im zweiten Teil enthält der Band Texte des Portraitierten selbst aus der Zeitschrift Opernwelt und anderen beruflichen Zusammenhängen, aus Frankfurter Schwulen-Szeneführern oder zum Thema HIV und Aids. Er schließt mit einer Laudatio auf Andreas Meyer-Hanno anlässlich einer Preisverleihung und der Vorstellung der Aktivitäten der von ihm ins Leben gerufenen Stiftung.

Ansgar Drücker

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