Lespress? – Lespress!

Nullnummer Lespress 10 1995Während es im schwulen Blätterwald tüchtig raschelte, reichte es bei den Lesben allenfalls hier und dort zu einem leisten Knistern.
Das ärgerte Ulrike Anhamm und Monika Richrath so sehr, dass sie beschlosssen, ein wenig frischen Wind in den bundesdeutschen Medienwald zu bringen. Im Oktober 1995 erschien die Nullnummer von lespress, Deutschlands erstem monatlich erscheinenden bundesweiten Magazins für Lesben und forschrittlich denkende Frauen.

Die Ausgabe war spitze layoutet, super durchdacht, aber, nunja, ziemlich grau (so war das halt mit dem gutgemeinten Öko-Papier…) – und eckte zudem sofort an. Vom Lesbenhof in Bayern bis zum Feministinnenkreis in Köln fiel das Blätttchen durch – könnte man jetzt so titeln, aber in der Tat meckerten nur diese zwei (gut, vielleicht auch drei)  kleinen Zirkel.

Die meisten Lesben freuten sich einfach sehr.
Unser Leseproben-“Leitartikel” von Laura Meritt hatte ja auch eine klasse Überschrift:

“Trine, Gaby, Sissy und Fräulein Kaiserin, Femme-ismus in der Lesben-Monarchie”

Auf der vorletzten Seite meldete sich unsere Kolumnistin und Unterstützen der ersten Stunde, Miss Marple, die uns bis zur letzten Ausgabe tapfer beiseite stand.  Die Fotos dazu lieferte der Bonner Fotograf Max Kohlhaas, der in den Sechzigern etliche Fotos von Margaret Rutherford gemacht hatte und sie uns gern zur Verfügung stellte (Danke, Danke, Danke!).

Und schon bald formulierten wir einen schönen Werbetext:

“Das Konzept ist ebenso einfach wie erfolgversprechend: Die beiden Herausgeberinnen haben sich zum Ziel gesetzt, möglichst viele verschiedene Frauen anzusprechen. lespress trägt den verschiedenen Strömungen, die es innerhalb der “Lesbenszene” gibt, Rechnung. Deshalb enthält lespress auch alles, was die moderne Lesbe von heute interessiert: Neben jeder Menge Information gibt es z.B. Portraits von und Interviews mit interessanten Persönlichkeiten, provokative und selbstkritische Reflexionen über den Umgang miteinander, einen bundesweiten Terminkalender, humorvolle Kolumnen und erotische Geschichten. Dabei will lespress nicht missionieren. Den Herausgeberinnen ist es viel wichtiger, die Selbstverständlichkeit lesbischen Lebens widerzuspiegeln. Die vielen positiven Reaktionen zeigen, daß die Zeit reif war für ein bundesweites Lesbenmagazin mit Pfiff. Natürlich kann lespress es nicht allen recht machen, deshalb eckt es auch schon einmal an.
Und: Schon zu Beginn war lespress als erstes deutsches Frauenmagazin im Internet präsent.”

Letzteres kann sich heute kaum jemand vorstellen. ABER: es stimmt! Wir waren schon “drin”, als Zeitschriften wie Brigitte und Kolleginnen noch über neue ausgestanzte Rezeptkarteikärtchen nachdachten. Und ja: Damals hieß es noch Tips, nicht Tipps; lespress gab es also schon vor der Rechtschreibreform (damit Sie es zeitlich etwas einordnen können ;-))

Im Lespress-Digitalarchiv finden Sie in Zukunft alle Hefte zum Download sowie zum Lesen und Durchblättern im elektronischen Zeitungsregal.

 

Über Ulrike Anhamm

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