Ebony in GAYBY BABY
Ebony

Doku über Kinder in Regenbogenfamilien: GAYBY BABY

Matt_Hausaufgaben„Moses, Moses, Moses“ murmelt ein genervter Matt, dem seine Mutter ein Bibel-Lesebuch zur Pflichtlektüre gemacht hat, mit dem er eigentlich ü-ber-haupt nichts zu tun haben will.

GusDer schmächtige Gus liebt Wrestling und versteht nicht, dass seine Eltern so gar keinen Sinn für die Show haben, stattdessen warnend von Frauenfeindlichkeit und Demokratie sprechen.

Ebony3Die zwölfjährige Ebony träumt von einer Karriere als Sängerin und bewirbt sich für ein Musikgymnasium, hat aber kaum genügend Ruhe zu üben, denn die Wohnung ihrer Familie ist nicht nur klein, ihr jüngerer Bruder hat schwere gesundheitliche Probleme, die die Familie immer aus der Balance bringen und sie belasten.

GrahamGraham wuchs völlig vernachlässigt auf und kam zu einer Pflegefamilie; er konnte mit fünf Jahren noch nicht einmal sprechen und muss jetzt in der Schule zusätzlich schreiben lernen.

Kein leichtes Programm für Eltern, ob leibliche oder Adoptiveltern, aber die sind nicht im Fokus dieser Dokumentation. Es geht um die Kinder, denn diese Kinder sind so genannte „Gaybys“, also Kinder von gleichgeschlechtlichen Paaren. Alle inzwischen nicht mehr klein und süß, sondern mit ihren 10 bis 12 Jahren in der Vorpubertät und eben nicht mehr „einfach“.

Die australische Regisseurin Maya Newell ist selbst ein Gayby und möchte in dieser ersten Langfilm-Dokumentation diesen Kindern eine Stimme geben. Dazu startete sie 2012 eine große Crowdfunding-Kamapgne (Interview dazu bei phenomenelle )und bekam tatsächlich die angepeilte Summe von 100.000 Australischen Dollars zusammen.

Das Resultat ist ein Einblick in die ganz normale, nicht so perfekte Welt der Regenbogenfamilien, die sich im großen und ganzen nicht so sehr von der heterosexueller Familien unterscheidet.
Aber die Kinder merken schon, dass es einen Unterschied zwischen diesen Welten gibt: ihre Eltern werden nicht überall akzeptiert und dürfen nicht heiraten, und das – wissen sie auch – ist irgendwie nicht fair.

Matt geht mit seinen zwei Müttern sogar bis zum Interview mit der Premierministerin, um für die Ehe für Schwule und Lesben zu werben. Und Graham, dem seine Väter wie sicherlich alle Eltern ihren Kindern eingetrichtert haben, dass man nicht lügt, soll nach dem Umzug der Familie auf die Fidschi-Inseln dann in der Schule doch besser nichts von seinen zwei Vätern erzählen und muss nun zwei Kategorien von Lügen konstruieren, was ihm sichtbar unangenehm ist.

Maya Newell hat die vier australischen Familien über einen längeren Zeitraum mit der Kamera begleitet und ausschließlich die Kinder erzählen lassen; die Eltern sind präsent, bleiben aber Nebenfiguren, die miteinander kommunizieren, jedoch niemals in die Kamera sprechen.
Das ist eine gute Idee und auch schön umgesetzt, dennoch bleibt ein leicht schales Gefühl: Leben die Kinder wirklich so, wie sie der Film uns vorstellt?  Oder haben die Filmemacherinnen durch  Schnitt und Montage alles doch ein wenig dunkler und dramatischer gestaltet als es in Wirklichkeit ist? Die in Dokus übliche Synthesizer-Hintergrundmusik bleibt trotz sparsamen Einsatzes einen Tick zu nervig und verstärkt diesen Eindruck. Das ist ein bisschen schade.

Fazit: „Gayby Baby“ ist ein Film, der Eulen nach Athen trägt, wenn er nur in schwul-lesbischen Zusammenhängen gezeigt würde.  Als Aufklärungsfilm für Menschen in heterosexuellen Zusammenhängen eignet er sich jedoch wunderbar. – Nur, wie kommt er dahin?

GAYBY BABY

Australien, 2015
85 Minuten / OmdU
Verleih: Rise and Shine Cinema
Regie & Kamera: Maya Newell
Musik: Max Lyandvert
Schnitt: Rochelle Oshlack
World Sales: Rise and Shine
Produzentin: Charlotte Mars
Produktion: Marla House

In Zusammenarbeit mit der Documentary Australia Foundation

 

Diskussionsveranstaltungen: 

Do. 23. Juni, München, 19:00 Uhr, Arena Filmtheater

In Kooperation mit LesMamas e.V.

Filmvorführung + Diskussion mit Stephanie Gerlach (Autorin und Mitarbeiterin der neuen Fach- und Beratungsstelle Regenbogenfamilien in München) und Eltern sowie Kindern aus Regenbogenfamilien. Moderiert von Barbara Stenzel (Vorstandsmitglied LesMamas e.V.)

Fr. 24. Juni, Berlin, 20:15 Uhr, Xenon Kino

In Kooperation mit Regenbogenfamilienzentrum

Filmvorführung + Diskussion mit Constanze Körner (Leiterin Regenbogenfamilienzentrum in Berlin) und Mitgliedern von Regenbogenfamilien. Moderiert von Caroline Ausserer (Journalistin, ehemalige Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Schwulen Museum*)

So. 26. Juni, Berlin, 17:00 Uhr, Moviemento

In Kooperation mit Down Under Berlin Film Festival und Regenbogenfamilienzentrum

Filmvorführung + Diskussion mit Constanze Körner (Leiterin Regenbogenfamilienzentrum in Berlin) und einem Mitglied einer Regenbogenfamilie. Moderiert von Frances Hill (Festival Co-Leiterin von Down Under Berlin Film Festival).

Über Ulrike Anhamm

Könnte Sie auch interessieren:

NOA

Livestream-Konzert mit NOA

Am 28. Februar um 19:00 Uhr spielt die israelische Sängerin NOA ein Livestream-Konzert zugunsten eines geplanten Hospizes in Oberhausen