Leserinnenzuschrift "LFT - was nun?" in Lespress 4/2001 von Gundrun
Pflughaupt.

 
   
  Sehr geehrte Frau Pflughaupt,

seit Jahren wird im Vorfeld des jeweiligen LFT die altbekannte und mir absurde, würdelos und auch menschenverachtend erscheinende Diskussion um die Teilnahme von Transfrauen am LFT geführt. Bezüglich Ihres Schreibens im Lespress 3/2001 aüssere ich mich als TransFRAU, Lesbe und LSVD-Funktionärin wie folgt.

Präoperative Transfrauen (TF) sind, unabhängig von ihrem primären Geschlechtsorgan, F r a u e n und nicht Männer, wie Sie durch das Postulat des LFTs als männerfreier Zone implizit unterstellen. Insofern üben Sie über andere Menschen eine Ihnen nicht zustehende Definitionsmacht aus, die Sie mit ziemlicher Sicherheit anderen über Sie als Lesbe nicht zugestehen würden. Des weiteren vereinnahmen Sie mit ihrer Banallogik der Definition von transgeschlechtlichen Menschen über ihr primäres Geschlechtsorgan präoperative Transmänner im gleichen Masse als Frauen, was bei den TM mit Sicherheit auf keine positive Resonanz fällt, mit gutem Grund.

Zudem behaupten Sie mit Ihrer Einlassung letztlich, dass Frauen im OP-Saal durch das Skalpell des Operateurs "gemacht" werden (können), da präoperative TF aus Sicht der LFT-Orgas ja Männer sind. Janice Raymond kritisiert dies in ihrem Buch "The Transsexual Empire" zutiefst als patriachalen Ritus der Männermachbarkeit von Frauen. Aus dieser Position heraus wäre es eigentlich nur konseqünt, wenn Sie sowohl prä- als auch postoperative TF vom LFT ausschlössen: die einen als Männer, die anderen als chirurgisch aus Männern konstruierte Kunstlesben.

Menschenverachtend ist die Diskussion aus meiner Sicht insofern, als Sie die auch von vielen Seiten immer wieder als Zwang zur körperlichen Verstümmelung kritisierte Genitaloperation ausgerechnet als Zugangsvoraussetzung zum LFT ansehen. Sowohl in München als auch Stuttgart, wo ich als Referentin zum Thema eingeladen war, spielte diese Frage im Workshop eine nicht unerhebliche Rolle. Besonders krass springt Ihr Verdikt aus deshalb ins Auge, weil Sie doch sonst um das körperliche und seelische Wohl der anderen LFT-Teilnehmerinnen mit Alkoholverbot, "gewaltfreien Räumen", Betreuung Andersfähiger, Gebärdendolmetscherinnen etc. entsprechend besorgt sind.

Wenn es denn so ist, wie Sie aus meiner Sicht zu Recht vermuten, dass das LFT bezüglich Transfrauen hinter der "Szene" herhinkt, dann hat es aber wenig Zweck, dieses auf genau jener Veranstaltung im eigenen Saft schmorend zu besprechen, so wie Sie es fordern, "... dann lasst uns darüber sprechen". Das läuft letzten Endes nur darauf hinaus, dass cisgeschlechtliche Frauen u e b e r transgeschlechtliche Frauen sprechen, aber nicht m i t ihnen. Denn unter den gegebenen Umständen ist davon auszugehen, dass sich wohl kaum eine Transfrau auf eine Veranstaltung begibt, bei der sie damit rechnen muss, dass ihre Würde durch den Schmutz gezogen wird. Jedenfalls hoffe ich sehr, dass es keine nötig haben wird, sich in Rostock entsprechend anzubiedern.

Last but not least hätte ich dann doch gerne einmal in Erfahrung gebracht, wie Sie den Genitalstatus von evtl. kommenden TF überprüfen wollen. Eine Körperkontrolle werden Sie eher nicht durchführen können, denn Sie wollen ihre Gästinnen ja wohl kaum in dieser Weise entwürdigen und ihre Veranstaltung diffamieren, wie ich es auch schon in ihrem gelöschten Forum und Gästebuch formulierte. Und letztlich ist allein schon die blosse Kontrollfrage nach dem Genitalstatus ein verbaler Griff zwischen die Beine der Gefragten und somit eine Verletzung der Imtimspähre - oder wie würden Sie auf die unverblümte Frage Dritter nach dem Zustand Ihrer Möse reagieren?
MfG
Eva Kröcher
(Landesprecherin LSVD Hessen)
 
  <<- Wie alles begann: Obsidia in lespress 03/2001  
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