lespress 0199  

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"Es war ein herrlicher Tag!"

 
 

Über die registrierte Partnerschaft in den Niederlanden

 
  Seit nunmehr einem Jahr ist in den Niederlanden eine registrierte Partnerschaft für homosexuelle Paare möglich. In den ersten sechs Monaten des letzten Jahres haben sich 3.600 Lesben und Schwule registrieren lassen. Zwei von ihnen sind Rini Silvertand und Marjan Konings.  
  In der Provinz Limburg, in der kleinen Gemeinde Stein, leben Rini Silvertand (36 Jahre) und Marjan Konings (52 Jahre) in einem kleinen Haus mit Garten. Katzen streifen durch das Gartengrün und fordern gelegentlich mit einem Mauz die Aufmerksamkeit der "Mitbewohnerinnenì. Es ist ruhig, und das Leben hier wirkt fast idyllisch. Idyllisch wirken auch die rechtlichen Möglichkeiten in den Niederlanden für uns Deutsche. Nicht nur, daß die NiederländerInnen die registrierte Partnerschaft haben, bereits seit 1994 gibt es ein Antidiskriminierungsgesetz, das dort "Gesetz für Gleichbehandlungì heißt. Voller Neid blicken wir über die Grenze und hoffen hierzulande auf die Zukunft.  
  Die Registrierung war ein wichtiger Schritt für Rini und Marjan. Als Motivation gibt Rini an: "Weil wir schon sehr lange zusammen sind und auch zusammen bleiben wollen und weil es schön ist, alles geregelt zu haben." Vor zehn Jahren lernten sich die beiden im COC, dem Lesben- und Schwulenzentrum, in Heerlen kennen und seit nunmehr neun Jahren leben sie auch zusammen. Im Juni haben sie sich registrieren lassen. "Wir haben jetzt alle Rechte und Pflichten, die die Heteros auch haben und das gehört sich auch so!" sagt Marjan, die rechtliche Gleichstellung als Selbstverständlichkeit einfordernd.
Mit der registrierten Partnerschaft haben lesbische und schwule Paare seit dem ersten Januar 1998 nahezu die gleichen Rechte und Pflichten wie mit einer Hetero-Ehe. Einziger aber nicht unwesentlicher Unterschied ist das Recht auf Adoption, das den Lesben und Schwulen noch verwehrt wird. Das Gesetz zur registrierten Partnerschaft hatte einschneidende juristische Folgen: 120 Gesetze mußten angepaßt werden, denn es betrifft etliche Rechtsbereiche, wie zum Beispiel Steuer- Renten- oder Erbschaftsrecht.

Die niederländische Regierung stand vor der grundsätzlichen Entscheidung, die bürgerliche Ehe auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu öffnen, oder aber mit der registrierten Partnerschft ein neues Rechtsinstitut zu schaffen. Man entschied sich für letzteres, um internationalen Konflikten aus dem Weg zu gehen. Die Regierung glaubte, es sei nicht ratsam, wenn ein relativ kleiner Staat wie die Niederlande in diesem Punkt zu weit von der restlichen Welt abweiche. Es hätte sich dann auch die Frage gestellt, ob die Homo-Ehe beispielsweise in anderen EU-Staaten anerkannt wird.

Die registrierte Partnerschaft ist nun eine rein innerniederländische Angelegenheit. Sie steht allerdings auch BürgerInnen anderer Nationalität offen, sofern sie ihren ersten Wohnsitz in den Niederlanden haben. Desweiteren können sich auch heterosexuelle Paare, die nicht heiraten, aber dennoch rechtlich abgesichert sein wollen, registrieren lassen. Im ersten Halbjahr 1998 machten 800 Hetero-Paare von dieser Möglichkeit Gebrauch, wie das niederländische Amt für Statistik bekanntgab. Ausgeschlossen von der registrierten Partnerschaft sind Personen, die wegen zu naher Verwandschaft nicht heiraten dürfen. Das heißt, eine rechtliche Absicherung von Versorgungsgemeinschaften (zwei Schwestern leben zusammen oder Mutter und Sohn) ist dadurch nicht möglich.
 
  Die Vorraussetzungen für eine Registrierung sind die gleichen wie bei einer Ehe: die Personen dürfen nicht verheiratet sein, das Mindestalter beträgt 18 Jahre und es muß zuvor ein Antrag beim Standesamt gestellt werden.  
  All diese Bedingungen erfüllten Rini und Marjan. Am 5. Juni war der Tag ihrer Registrierung. Ein Tag, der immer mehr an Bedeutung gewann, je länger sie darüber nachdachten, wie sie ihn gestalten wollen: "Zunächst dachten wir, das ist nur was, was wir regeln und dann sind wir fertig." sagt Rini. "Aber dann überlegte ich, daß ich noch was Wichtiges sagen will und etwas vorlesen, und, und, und." So wurde aus dem formalen Akt auf dem Standesamt schließlich ein großes Fest mit den Herkunftsfamilien, FreundInnen und KollegInnen. Marjan blickt begeistert zurück: "Es war ein herrlicher Tag, nur mit Menschen, die wir mögen. Das Schönste war, daß jeder aus meiner Familie dabei war, wirklich alle." Und Marjans Familie ist wirklich groß, sie hat immerhin neun Geschwister.
In weißen Anzügen und mit Herzklopfen traten die beiden vor die Standesbeamtin. Die Gäste saßen hinter ihnen und verfolgten die Zeremonie. Rini las einen Sufi-Text über Einheit und Liebe und Marjan las einen Text zum gleichen Thema, den Rini verfaßt hatte. Das klassische Ja-Wort durfte bei dieser Feier ebensowenig fehlen wie der Austausch der Ringe. Als Trautzeuginnen beglaubigten eine Schwester von Marjan und eine Schwestern von Rini den Akt. Vor dem Standesamt wurden die frisch Registrierten mit Reis beworfen. Danach wurde natürlich noch lange und ausgiebig mit der großen Gästeschar gefeiert.
 
  Auch wenn alles wie bei einer herkömmlichen Hetero-Eheschließung ablief, als Ehe wollen die beiden ihre Partnerschaft doch nicht verstanden wissen. Im Vorfeld der Registrierung sprachen sie ironisch von "meiner Frau" oder "meiner Gattin" aber ernsthafterweise würde ihnen so eine Bezeichnung nie über die Lippen kommen. "Die Ehe ist etwas für Mann und Frau mit getrennten Rollen..." sagt Rini und Marjan ergänzt nahtlos:" ...und wir tun alles zusammen."  
  Auch wenn sie nach außen zeigen wollen, daß sie zusammengehören, über einen gemeinsamen Namen tun sie dies nicht. "Das ist mein Name, den wollte ich behalten!" sagt Marjan entschieden. Theoretisch wäre es möglich gewesen, mit der Registrierung einen gemeinsamen Namen anzunehmen oder auch einen Doppelnamen.  
  Der Kinderwunsch war für Marjan mal ein Thema, doch für Rini nie. "Wir haben dennoch ein Kind" sagt Rini und meint damit Marjans zehnjährigen Neffen, den beide seit seiner Geburt immer wieder betreuen.  
  Eine Adoption ist zur Zeit nicht möglich für lesbische und schwule Paare. Die Beseitigung dieser rechtlichen Diskriminierung ist aber auf den Weg gebracht. Die sozial-liberale Regierung unter Ministerpräsident Wim Kok hat Mitte November letzten Jahres einem entsprechenden Gesetzentwurf zugestimmt. Danach soll es lesbischen und schwulen Paaren möglich sein, ein Kind zu adoptieren, wenn sie nachweisen, daß sie seit mindestens drei Jahren zusammenleben und bereits seit einem Jahr für das Kind gesorgt haben. Ausländische Kinder sind jedoch von dieser Regelung ausgenommen. Damit soll verhindert werden, daß es zu rechtlichen Konflikten mit anderen Staaten kommt und diese generell keine Adoptionen mehr in die Niederlande zulassen. Der Gesetzentwurf soll dem Parlament Anfang diesen Jahres vorgelegt werden, damit das Gesetz dann bis zum Jahr 2000 in Kraft treten kann. Es wird mit einer breiten Zustimmung des Parlamentes gerechnet.  
  Dann werden die Lesben und Schwulen wirklich die gleichen Rechte haben wie die Heteros, und "das gehört sich auch so!"  
  (Im nächsten Monat wird in lespress ein Artikel über das niederländische Antidiskriminierungsgesetz erscheinen.)  
  Sabine Tenta  
 

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