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Über den
Wolken ... "Fremde Haut" ![]() Die Frauen nehmen sich den Tschador ab, eine steht auf, geht in die Flugzeugtoilette, verdeckt den Rauchmelder mit ihrem Kopftuch und zündet sich eine Zigarette an. Die ersten Gesten von Freiheit, als das Flugzeug aus Teheran die Grenze nach Deutschland passiert. Fariba zieht hektisch an ihrer Zigarette, der junge Iraner Siamak zappelt nervös mit den Füßen, die ersten Anzeichen dafür, dass diese Fluggäste keine Touristen auf einem Erholungsurlaub in die Bundesrepublik sind. Siamak wird im Iran politisch verfolgt, Fariba muss wegen ihrer Liebe zu einer Frau das Land verlassen. Doch es ist nur ein kurzer Ausflug in die Freiheit. Im Auffanglager kreuzt sich das Schicksal der beiden Flüchtlinge. Als Siamak den emotionalen Druck nicht mehr aushält, bringt er sich um - zwei Tage vor seiner Anhörung und der Genehmigung des Asylantrages. Fariba hingegen soll abgeschoben werden, weil sie wegen widersprüchlicher Aussagen unglaubwürdig geworden ist. Kurzerhand schlüpft sie in die Haut von Siamak und darf in die Bundesrepublik der großen Freiheit einreisen. Als Mann, als Asylsuchender, in ein Flüchtlingsheim, ohne Arbeitserlaubnis. ![]() Kein Wunder, dass sich Anne, gespielt von der großartigen Anneke Kim Sarnau (Die Polizistin, Ich liebe das Leben), von dem smarten Fremdarbeiter angezogen fühlt. Im Grunde ihres Herzens ein freiheitsliebender Mensch, fühlt sie sich in der engen schwäbischen Welt eingesperrt, kontrolliert und in Zaum gehalten von ihren Freunden, einer angepassten Frau und zwei horizontbeschränkten Männern. ![]() Das Drehbuch hat Angelina Maccerone zusammen mit Kamerafrau Judith Kaufmann geschrieben, mit der sie auch schon in ihren TV-Produktionen zusammenarbeitete. Die Bilder von Judith Kaufmann zeigen wirklichkeitsnahe Aufnahmen aus dem Flüchtlingslager, dem Wohnheim, der falschen Dorfidylle. Zeigen Aufnahmen vom Wunsch nach der großen Freiheit in Form von Vogelschwärmen, die Angst vor Abschiebung in Form von ins Nirgendwo startenden Flugzeugen. Die Cutterin Bettina Böhler, deren Arbeit gerade bei Christian Petzolds "Gespenster" zu sehen ist, arrangiert Handlung und Bilder zu einem ruhigen Erzählfluss - die Bilder gewinnen nur an Fahrt, als Anne und Siamak ihren ersten gemeinsamen Ausflug auf Annes alter Vespa unternehmen. Doch die Zukunft, der sie hier entgegenfahren könnten, erweist sich als Trugschluss. Angelina Maccerone erzählt die Geschichte mit einem dramatischen Einbruch zu Ende. Das Glück war für den Moment und ein Happy-End gibt es schon gar nicht. Aber das ist leider durchaus realistisch. Angelina Maccerone sagt dazu in einem Interview, dass sie es vorgezogen habe zu zeigen, dass unser System unerbittlich zugreife, bei auch nur dem kleinsten Fehler. Und sie zeigt, dass ein Happy-End nicht unbedingt ein gutes Filmende ausmacht. Der Anblick einer kämpferischen Frau, die nicht aufgeben wird, ist eines der schönsten Enden in einem der erwachsensten Filme von Angelina Maccerone. Dagmar Trüpschuch Fremde Haut Von Angelina Maccarone Mit Jasmin Tabatabai und Anneke Kim Sarnau BRD, 2005 Deutsch/Farsi mit Untertiteln Filmstart 20.10.05 Queerfestivals: Bremen: Sa, 15.10. um 20:30 Esslingen: Mo. 3.10. 05 um 19 Uhr und Fr. 7.10.05 um 17 Uhr Hamburg: Sa, 15.10. um 20:15, Metropolis Hannover: Sa. 29.10. um 19 Uhr mit Angelina Maccerone Karlsruhe: Fr, 1.10. um 23 Uhr Mehr zum Film: -> "Weibliche Homosexualität? - darüber spricht man nicht" - Interview mit Jasmin Tabatabai -> Interview mit Regisseurin Angelina Maccarone |
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