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Madam, Sir,
es ist
doch sehr erstaunlich, wie verdächtig still es geworden ist um das lustige Thema
"Millennium". Nein keine Angst, ich fange jetzt nicht mit neuen Vorschlägen
zum angeblichen Megaevent an, ich möchte lediglich anmerken, dass alle meine
Bekannten verdächtig schweigsam werden, wenn ich sie auf dieses Thema anspreche.
Zum Beispiel Maureen
und Daphne aus der Nachbarschaft. Im Januar des Jahres planten sie noch einen Trip
auf die Seychellen um an der Datumsgrenze das neue Jahrtausend zu erwarten, kurze
Zeit später waren es die Tonga-Inseln, der Times Square in New York und der
Zuckerhut in Rio, die angeblich für den ultimativen event herhalten sollten.
Um den Sommer herum wurden die beiden schweigsamer. Warum kann ich nur vermuten.
Sicher hat es damit zu tun, dass sie in Südfrankreich Ihre Reisekasse ruiniert
haben und jetzt das Geld für einen überteuerten Flug nach ëweißderHimmelwohiní
einfach nicht mehr reicht. Na, jedenfalls weiß ich aus gewöhnlich gut
unterrichterter Quelle, dass Daphne am Silvesterabend zu arbeiten gedenkt. Das glauben
Sie nicht? ... Also, ich habe erst nicht geglaubt, was ich zu hören bekam. Wissen
Sie eigentlich, dass jedes Restaurant in dieser Nacht freiwillig Horrorlöhne
zu zahlen bereit ist.
Unter einem Stundenlohn von 150,ñ Pfund Sterling tut sich in Milchester überhaupt
nichts, und das ist normalerweise der Tagesumsatz von diesen düsteren Spelunken,
die Ende des Jahres ultimative Genüsse feilbieten. Wenn ich das schon lese.
Alles ist mega, super, ultimativ geradezu breath-taking. Und mir bleibt die Luft
weg, wenn ich für ein ganz normales Lammsteak in Pfefferminzsauce 45,ñ Pfund
hinlegen soll, nur weil das arme Schäfchen am 31.12.99 dahinscheiden musste.
Für Mr. Stringer und Inspektor Craddock sieht´s auch nicht so gut aus.
Seit dieser vermaledeiten Gameshow, bei der sie seinerzeit beinahe abgesoffen sind
haben sie sich völlig ins Privatleben zurückgezogen; dass es mit dem Gewinn
der 10.000,ñ Pfund nicht geklappt hat, war ihnen doch recht peinlich. Der Fernsehsender
hat nachträglich noch versucht die Kosten für die Küstenwache auf
die Beiden abzuwälzen. (Siehe LP 10/99) und so hat sich Mr. Stringer entschlossen
am 31.12.99 die neuen Bücher in der Pfarrbibliothek zu katalogisieren und Inspektor
Craddock wird das Programmheft für das Kreispolizeifest im Februar neu gestalten.
Beides löbliche Tätigkeiten, die garantiert keine Quote bringen und deshalb
auch nicht lebensgefährlich sind. Vielleicht um 12:00 ein Gläschen unter
Freunden und das wär´s dann auch schon.
So könnte ich jetzt alle meine Bekannten durchhecheln. Es wäre sterbenslangweilig.
Und wissen sie warum? Weil die große Mehrheit dieses Jahr nichts anders machen
wird als all die Jahre zuvor. Ich geh um 10 ins Bett und werde um 12 von der Knallerei
wieder wach. Der Milchmann von nebenan wird um 1 seine Frau das erste Mal im Jahr
verprügeln. Mrs. Milcrest wird wieder versuchen sich dem Dienstmädchen
zu nähern, diese Art von Coming out versucht sie seit 20 Jahren aber in Milchester
ist das halt schwer. Am 1.1.2000 werde ich morgens wie alle auf der Straße
mehr zu tun haben; denn das Erbrochene eines Millennium-Mega-Dinners wegzuputzen
ist natürlich langwieriger dafür aber auch erhabener, als die breitgetrampelte
Kotze von Fish und Chips wie sonst jedes Jahr. Das gleiche gilt übrigens auch
für das Krankenhauspersonal. Es ist ziemlich belanglos womit Dame sich die Pulsadern
öffnet, ob nun mit einer simplen Glasscherbe oder dem abgeschlagenen Flaschenhals
einer Special Edition 2000 Champagnerflasche. Dies spielt für die Notärztin
überhaupt keine Rolle. Ob es an diesem Abend auch Blutkonserven in einer very
Special Edition für Privatpatienten gibt konnte ich noch nicht in Erfahrung
bringen. Who knows? Und die Computer.
Ach, bleiben Ssie mir doch vom Hals mit irgendwelchen Jahr-2000-Problemen.
Die Computer, die ich kennengelernt habe, machen täglich soviele Probleme und
stürzen mindesten 10 mal pro Woche ab, da wird denen das Datum gar nicht auffallen.
Ich weiß, dass klingt überhaupt nicht romantisch und auch nicht marketinggerecht,
was ich hier von mir gebe, aber so sehe ich das nun mal.
Die Königin wohl übrigens auch. Ich seh´s schon vor mir. Majestät
hält um sechs Uhr abends ihre obligatorische Rede, telephoniert noch einmal
kurz mit Herrn Blair und legt sich auf der königlichen Bettstatt zur Ruhe. Leise
fluchend (Entschuldigung, das heißt natürlich not amused) erhebt sie sich
um 23:45 um vom Balkon zu winken, weil das in ihrer Arbeitsplatzbeschreibung steht
und dann werden Windsors ratzen (Pardon
geruhen huldvollst zu ruhen) bis ins nächste Jahrtausend. Sie sehen schon:
"The same procedure as every year". Und ich bin im Januar auch wieder da.
Bis zum nächsten Mal ...
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