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Hannah: Als ich noch hetero lebte, wurde von einer unabhängigen Frau Promiskuität
erwartet. Die sexuelle Freiheit brauchte Belege, da bin ich mit einer Freundin losgezogen
und habe einfach Typen abgeschleppt, das gehörte eben dazu. Dann gab es die
Frauenszene, wo ich dann schon meine Schwierigkeiten hatte, wenn die aus der letzten
Nacht auf einmal mit einer anderen am Tresen stand ... Ich war plötzlich ganz
anders engagiert. Alles, was an anderen Lebens- und Liebesmöglichkeiten versucht
wurde, wird heute fraglos weggewischt. Wieder heile Welt, wieder nur du und ich.
In diese Richtung zielen offenbar auch die ganzen Ehebestrebungen. Das Recht sollen
ja auch alle haben, aber nicht die Pflicht, nur diese ganzen Ideale hochzuhalten.
Daniela: Ich habe immer noch die Hoffnung, dass dies nicht bedeutet, dass es ausschließlichum
Monogamie geht. Denn das ist doch ein - wenn auch weit verbreitetes - romantisches
Modell. Die Realität sieht spätestens nach drei Jahren oft anders aus.
Dann gibt es die ersten Außenbewegungen, gerade wenn sich die Schwesternehe
so richtig festgesetzt hat.Das ist zwar sehr solide und vertraut, aber meistauch
langweilig. Denn dann ist jeder Unterschied in der Bedürftigkeit wegdiskutiert,
was soll denn da noch kommen? Alle Interessen, die außerhalb des gemeinsamen
Raumes stattgefunden haben, sind weg, weil sie für das Paar auf jeden Fall eine
Bedrohung darstellen. Wenn das alles weg ist, muss nach außen etwas passieren,
sonst würde das Paar verkümmern. Das ist dann der Auftritt für die
die bösen, bösen Frauen.
Hannah: Manche Paare arrangieren sich auch irgendwie, unter dem Motto ab und zu mal
ein freies Wochenende und eine Pflichtgeliebte.
Daniela: Aber dann schraubst du auch deine Erwartungen runter, an dem, was du selbst
befriedigend findest.
Hannah: In einer Mann-Frau-Beziehung gibt es von Anfang an unglaublich viele Unterschiede.
Frauen hingegen streben nach Gleichheit. Wenn die mal erreicht ist, dann gehen die
Ansprüche nur noch zurück. Da kommst du so schnell auch nicht wieder raus.
Daniela: Das ist ja das schlimme. Unterschiede dürfen nicht sein, das führt
ja auch ganz schnell zur Konkurrenz. Auch ein ganz beliebtes Thema. Sie ist besser,
sie ist klüger, sie hat mehr Freundinnen, sie hat den besseren Job... Das ist
gleich eine Bedrohung, die wegdiskutiert werden muss. Und das ist das eigentliche
Drama.
Hannah: Mit einem Mann kannst du auch ganz schwerlich darüber streiten, ob seine
Eltern schlimmer waren ...
Daniela: Bei Frauen muss alles gleichgemacht werden und zwar nach unten. Aber Männer
haben ja ohnehin ein anderes Konfliktgebaren: Sie zoffen sich bei der Arbeit, aber
gehen abends zusammen ein Bier trinken. Und am nächsten Tag wird weitergearbeitet.
Und Frauen? Diskussionen nächtelang, Tränen, Zugeständnisse.
Hannah: Da kommt ja auch die Eifersucht mit ins Spiel ...
Daniela: Für mich hat Eifersucht zu einem großen Grad mit einem geringen
Selbstwertgefühl zu tun. Und das Blöde daran ist ja, dass dir die Probleme,
die deine Liebste mit Eifersucht hat, förmlich aufgezwungen werden. Du kannst
schließlich nicht einfach sagen, dass ist ihr Problem, selbst wenn es überhaupt
keinen Grund zur Eifersucht gibt. Das lässt dich ja auch nicht kalt, schließlich
liegt darin ein massiver Vorwurf: Ich misstraue dir!
Hannah: Ich bin da eher im Zwiespalt. Für mich werden immer genau die Situationen
spannend, in denen ich in einer Art reagiere, die nicht meiner Vorstellung entspricht,
wie ich eigentlich gerne mit meinen Problemen umgehe. Und wenn das passiert, erwarte
ich auch, dass dafür eine Stunde Raum ist, in der das geklärt wird.
Daniela: Eine Stunde finde ich in Ordnung. E-I-N-E!!! Nicht zehn, nicht immer wieder
und nicht wochenlang. Ich glaube, es gibt nur wenig Menschen, die überhaupt
keine Eifersuchtsgefühle kennen, die Leute haben allenfalls einen unterschiedlichen
Umgang damit. Mir selber ist fast nichts peinlicher als Eifersucht.
Hannah: Für mich hat Eifersucht kaum etwas mit Konkurrenz zu tun. Für mich
ist Eifersucht die Herausforderung, die andere zurück zu erobern, mich wieder
mehr um die andere zu kümmern, nichts selbstverständlich zu nehmen. An
diesen Punkt komme ich meistens leider erst, wenn ich eifersüchtig bin.
Daniela: In einer Affaire war ich eifersüchtig und habe gemerkt, dass ich damit
nicht leben wollte. Das war dann auch das Ende der Affaire.
Hannah: Es gibt ja auch diese Form von Eifersucht, die einen so lähmt, dass
man überhaupt keinen Spielraum mehr hat.
Daniela:.Ich fühle mich nicht ernstgenommen, wenn eine permanent und langfristig
- ohne dass ich etwas mit einer anderen habe - eifersüchtig ist. Sie glaubt
mir offensichtlich nicht, wenn ich Ñneinì sage. Ich gerate dadurch in einen unglaublichen
Rechtfertigungsdruck, ich fühle ich mich massiv kontrolliert. Aber die Frage
ist doch, warum muss sie mich kontrollieren?
Hannah: Es ist wohl die Tatsache, dass du mit anderen Menschen Spass hast. Und Spass
mit anderen Frauen ist oft eine Bedrohung.
Ich hatte mal eine Beziehung, wo mir nach vier Jahren klar wurde, dass meine Freundin
mir immer dann eine Szene machte, wenn sie selbst eine Affaire hatte! Und der Witz
war, dass sie gekränkt war, dass ich nicht randalierend vor ihrer Tür stand.
Daniela. Das verstehe ich auch nicht. Die Haltung, die Schrammen der anderen zu akzeptieren
finde ich im Grunde genommen richtig. Schließlich sind wir in einem Alter,
wo da nicht mehr viel zu ändern ist, Therapie hin, Therapie her. Wenn eine zwängelt,
dann zwängelt sie eben, oder wenn eine eine Tendenz zur Eifersucht hat, gut,
dann Augen auf und durchhalten. So ist sie halt. Aber sobald du akzeptierst, dass
sie eben so ist, wird dir Desinteresse vorgeworfen. (Aber wage bloß nicht,
eine Szene zu machen, das ist der Untergang!) So kommt es, dass ich bisweilen völlig
die Orientierung verliere, dass ich schließlich das Gefühl habe, was ich
auch mache, es ist falsch! Und wenn du konkret nachfragst, ÑWie hättest du es
gerne, was soll ich tun, damit es für dich schön ist?ì kommt einfach nichts.
Hannah: ÑDu musst doch schließlich wissen, was ich mir wünsche ...ì
Daniela: Ich denke nicht daran, Gedanken zu lesen! Wenn sie etwas nicht sagen kann,
muss sie einen anderen Weg finden, sich auszudrücken. Das ist wieder eine typische
Situation, in der du den Ñschwarzen Peterì hast: Wenn du die einzige bist, die sagt,
was sie will, wird dir Dominanz vorgeworfen.
Hannah: Alles in allem herrscht unter Lesben eine komische Konfliktstruktur. In Familien
laufen wir rum und schimpfen aufeinander. Du weißt, du gehörst zusammen,
aber letztendlich wird sich nichts verändern. Vielleicht redest du 50 Jahre
lang nicht mehr miteinander, aber meistens ist es eher so, dass angenommen wird,
dass man über alles reden können muss, alles findet ja in einem Hause statt
und wir sind eigentlich alle eins und gehören alle zusammen. Dabei wird vergessen,
dass Miteinander-Reden Grenzen hat und irgendwann sind wir nur darüber alt geworden.
Daniela: A propos: Ich will auf gar keinen Fall in ein lesbisches Altersheim, bitte
nicht!
Hannah: Kommt drauf an. Es ist schon noch mein Traum alt zu werden
Daniela: Alt will ich auch werden.
Hannah: Und irgendwann muss ich versorgt werden. Aber ein lesbisches Altersheim ist
nicht unbedingt eine Perspektive für mich. Es sei denn, wir würden ein
Heim aufmachen für gestrandete, beziehungsgeschädigte Lesben! |
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