lespress 3/99  

portemonnaie und börse

     

  Tips zu Finanzen und Versicherungen

von Petra C. Göttel

  Teil 6: Vermögenswirksame Leistungen  

  Die allermeisten von Euch/Ihnen werden sie bekommen: die kleine Zusatzgabe zum Gehalt, die sog. vermögenswirksamen Leistungen (=VL), welche monatlich maximal DM 78,- betragen können - daher der Begriff "DM 936-Gesetz".
Der Gesetzgeber hat hierfür mehrere Möglichkeiten vorgegeben, in denen die VL eingezahlt werden können, das sind in erster Linie folgende 4 Sparverträge:
- Bausparvertrag
- Kapital-Lebensversicherung
- Kontensparvertrag
- Aktien-Investmentfonds.
 
  Zusätzlich gibt es noch 3 Möglichkeiten:
- die "interne Unternehmensbeteiligung", welche vielfältige Formen haben kann, aber nur von sehr wenigen Arbeitgebern angeboten wird.
- Das Genossenschafts-Sparen, welches kaum einer kennt und in der Praxis so gut wie nie in Erscheinung tritt.
- Die Immobiliendarlehenstilgung, welche aber ebenfalls in der Praxis kaum Anwendung findet.
 
  Geht nun der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin zu einer Bank, Bausparkasse oder Versicherungsgesellschaft, um sich über die VL-Sparverträge zu informieren, sieht es meist ziemlich düster aus: die meisten BeraterInnen kennen nicht einmal alle Möglichkeiten, oder preisen sofort z.B. den "hauseigenen" Bausparvertrag als Nonplusultra an, ohne (fast immer bessere !) Alternativen aufzuzeigen. Testet doch ruhig einmal auch eure Hausbank!
Die oben genannten 4 Hauptvarianten für VL genauer erklärt:
 
  1. Bausparvertrag (BSP)  
  Dies dürfte mit das Bekannteste sein, v.a. in BaWü - manche Finanzbücher sprechen vom "Bausparwahn im Schwabenland". Der BSP lebt noch immer von dem Mythos, daß sich hiermit günstig Eigentum finanzieren läßt. Doch die Wirklichkeit sieht in den allermeisten Fällen ganz anders aus! Die Zeitschrift "Wirtschaftswoche" hat schon im November 1991 aufgeklärt: "Baufinanzierung: Teure Offerten traditionsreicher Häuser. Aufgeblähtes Geschäft (als Titel, die Aut.). Die Bausparkassen stehen im Zwielicht: Sie machen ihren Kunden so schlechte Angebote, daß Bonn mit dem Entzug von Subventionen droht. ... Angesichts von gewagten und nachweisbar nachteiligen Finanzierungskonditionen müsse die Frage auf den Tisch, ob das Gütesiegel der staatlichen Förderung...für das Bausparen entzogen werden sollte".  
  Leider war die Bausparkassenlobby (inkl. der anhängigen Banken und Versicherungsgesellschaften) stärker als die Beamten des Wirtschaftsministeriums, so daß ab 1999 sogar die Einkommensgrenzen für die Arbeitnehmersparzulagen erhöht wurden, und nun noch mehr Reklame gemacht wird für Zulagen und Prämien, welche die meisten nie erhalten.  
  Die Wirtschaftswoche hatte einen ca. 16-jährigen Vergleich gemacht zwischen Bausparen und Banksparen, Anspar- und Rückzahlphase. Trotz der damaligen Hochzinsphase war bei einem DM 120.000,- -Darlehen die Bank mit ca. DM 17.000,- Zinsvorteil besser als die Bausparkasse! Zitat aus Wirtschaftswoche: "Noch viel schlechter ist dran, wer gleich mit dem Bau beginnen will und das Sofortdarlehen in Anspruch nimmt. Dann ist die Bausparkasse nach internen Berechnungen des Bauministeriums bei einem 120.000-Mark-Kredit zwischen 37.600 und 48.000 Mark teurer als ein normales Geldinstitut."  
  Im Laufe der letzten Jahre wurden von vielen Zeitschriften ähnliche Vergleiche durchgeführt, das Ergebnis i.d.R. dasselbe. Etwas aus der Reihe schlägt hier das aktuelle "Finanztest" 2/99, die den Vergleich anstellen: bei den Banken sind die Guthabenzinsen z.Zt. ebenfalls sehr niedrig; da die Darlehenszinsen voraussichtlich in den nächsten Jahren steigen werden - kann dann ggf. der Bausparvertrag durch den niedrigeren Bauspardarlehenszins insgesamt günstiger sein.
Das ist richtig, zeigt aber nicht die ganze Wahrheit, bzw. läßt alternative Möglichkeiten in der Ansparphase aus: schließlich legt der informierte Sparer sein Geld nicht (nur) bei der Bank zu 3% an, sondern schöpft i.d.R. die wesentlich höheren Renditen von z.B. Aktien-Investmentfonds (siehe Teil 4) aus (mittelfristig ca. 7-10%, je nach Fonds/gesellschaft, Laufzeit, etc.). Durch diesen "Zinsvorsprung" - d.h. im Laufe der Jahre auch durch den Zinseszinseffekt bedeutend höheres Eigenkapital - hat der Hausbauer wesentlich mehr Eigenkapital angesammelt, durch daß er gesamtfinanzierungstechnisch auch in Niedrigzinsphasen dem Bausparvertrag "haushoch" überlegen ist.
 
  Die meisten Bausparer kennen "das Kleingedruckte" nicht: i.d.R. fallen jährlich Kontoführungsgebühren an, die manchmal die Zinsen vollständig auffressen; nicht nur Abschlußgebühren (abhängig von der BSP-Summe, weshalb diese von den Vertretern gerne viel zu hoch abgeschlossen wird), sondern auch bei der Darlehensauszahlung fallen Gebühren an, so daß der Effektivzins bei ca. 5,8 % liegt (geworben wird meistens nur mit dem Nominalzins von 5%). Zudem ist es völlig unsicher, wann das "günstige" Darlehen ausgezahlt wird, sprich zuteilungsreif ist.  
  Die Prämien und Sparzulagen sind einkommensabhängig: die (seit 1999) 20%ige Arbeitnehmersparzulage, welche es für die VL gibt, wird nur ausgezahlt, sofern das jährlich zu versteuernde Einkommen (= z.v.E) DM 35.000,-/ledig nicht übersteigt (= sofern man sonst nichts Besonderes abzusetzen hat, entspricht dies einem Jahresbruttogehalt von ca. DM 41.000,-). Möchte man noch noch die 10%ige Wohnungsbauprämie (= WOP) bekommen, muß man neben den VL noch zusätzliches Geld einzahlen, und erhält als Ledige/r auf maximal DM 1.000,- Einzahlung max. DM 100,- und darf das z.v.E. von DM 50.000,- nicht übersteigen. Diese Zulagen hören sich zwar toll an, täuschen aber darüber hinweg, daß sie im Grunde "einmalig" sind, d.h. im 2. Jahr erhält man für das alte Guthaben wieder nur den niedrigen Zins von ca. 3%. Für die Zulagen und Prämien muß man wieder "frisches" Geld einzahlen, und da kann es gut passieren, daß man im Laufe der Jahre über die Einkommensgrenzen verdient, und die Zulagen/Prämien ab dann wegfallen. In der Werbung wird zudem fast immer von den doppelten Zulagen der Verheirateten ausgegangen, sowie beim Eigennutz die Eigenheimsparzulage (gibt es unabhängig von irgendwelchen BSP-Verträgen!) mit eingerechnet, und natürlich auch gleich noch das Baukindergeld (ebenfalls BSP-unabhängig!) für 2 Kinder hinzu addiert...  
  Bei dem Sparer, der unterhalb dieser Einkommensgrenzen von DM 35.000,- bzw. DM 50.000,- liegt, stellt sich allerdings doch sehr die Frage, ob dieser jemals fähig sein wird, die hohe Schuldenlast eines Eigenheims auf sich nehmen zu können... Denn zusätzlich hat der Bausparvertrag den Nachteil, daß das Darlehen in sehr kurzer Zeit (ca. 7-11 Jahre) getilgt sein muß, was dann monatlich zu einer immens hohen Rückzahlungsrate führt.  
  Wer nicht mit den eigenen vier Wänden plant (für vermietete Immobilien taugt der BSP erst recht nichts), kann seine VL wesentlich lukrativer anlegen, siehe unten, bei Aktien-Investmentfonds. Aber selbst der "Häuslesbauer" hat beim BSP mit einem großen Problem zu kämpfen: der Inflation. Denn wer kann heute sagen, wie teuer sein Eigentum bis in 10 oder 15 Jahren sein wird? Und ob er mit dem bis dahin eingeplanten/angesparten Eigenkapital überhaupt noch eine Finanzierung erhält? Ob er nicht dann doch noch einige Jahre warten muß, dann wieder in einer Hochzinsphase steckt, und dann wieder der verheerende Vergleich von Wirtschaftswoche für fast alle BSP gilt...  
  2. Kapital-Lebensversicherung  
  Hierfür gibt es schon seit vielen Jahren keinerlei Arbeitnehmersparzulage mehr, doch das ist nicht der eigentliche Grund, warum hiervon abzuraten ist: die Rendite ist einfach nicht attraktiv genug, v.a. wenn der Vertrag langfristig läuft. Da ich schon in Teil 2 und Teil 5, A-Teil ausführlich auf die Nachteile der Kap-LV eingegangen bin, möchte ich auf diese Artikel verweisen. Die Fondsgebundenen Versicherungen und Rentenversicherungen gehen bei VL nicht.  
  3. Konten-Sparvertrag  
  Dieser Vertrag wird über eine Bank abgeschlossen, und erhält ebenfalls keine Arbeitnehmersparzulage. Die Rendite ist nur dann interessant, wenn man die komplette Laufzeit durchhält, und dann den Bonus erhält. Laut "Finanztest" 1/96 sind dann immerhin ca. 5,78 % Rendite zu erwarten, aber immer noch deutlich unter dem Aktienfonds. Außerdem sind nicht alle Konten-Sparveträge gleich, hier gibt es bei den Banken genauso Unterschiede wie in allen anderen hier beschriebenen Sparformen.  
  4. Aktien-Investmentfonds  
  Sofern man eine Laufzeit von mind.ca. 7 Jahren anspart, eindeutig die beste Anlageform !
"Finanztest" 1/96 hat hier den Durchschnittswert aller inländischen deutschen Aktienfonds genommen und eine Verzinsung von 7,78 % ermittelt. Internationale Investmentfonds sind erfahrungsgemäß sogar noch besser. Neben dem BSP-Vertrag gibt es auch hier die 20%ige Arbeitnehmersparzulage, die Einkommensgrenzen gelten entsprechend. Erhält man diese, so hat "Finanztest" eine Rendite von 9,42 % errechnet (bei der früheren 10%igen AN-Sp.) !
Im Vergleich dazu der BSP: Bausparen inkl. WOP 3,69 %, zusätzlich mit AnSpZ 6,14 %, BSP ganz ohne Zulagen/Prämie wurde nicht errechnet, dürfte aber nur um die 3% liegen. Daher macht es auch keinen Sinn, die seit diesem Jahr "doppelte Variante" von BSP und Aktienfonds zu nehmen, sondern besser die kompletten DM 936,- in den Fonds und zusätzliches freies Geld vergleichbar anzulegen. Bei VL also ganz eindeutig die Empfehlung zu Aktien-Investmentfonds, wer dazu und zum inflationssicheren "Sachwert-Prinzip" noch mehr wissen möchte, einfach in Teil 4 nachlesen
oder den Artikel bei mir anfordern. Auf jeden Fall: auch bei Investmentfonds gibt es sehr große Unterschiede, was die Vergangenheitsrenditen und Zukunftsperspektiven betrifft.
 
     
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