|
Eine kleine Sensation: Die 49. Internationalen
Filmfestspiele werden mit einem lesbischen Film eröffnet. |
|
|
Die berühmteste
lesbische Liebesgeschichte Deutschlands ist nun auch im Kino zu sehen. 1943 verliebte
sich Lily, die vierfache Mutter und Soldatenehefrau in die wilde, attraktive Felice. Was
die damals noch überzeugte Nazianhängerin nicht wußte, war, daß
Felice zu allem Überfluß auch noch Jüdin war, unter falschem Namen
bei einer Nazizeitung arbeitete und sogar aktiv im Widerstand war. Doch auch dieses
Geständnis konnte die Liebe der beiden schließlich nicht mehr erschüttern.
Konsequent trennte sich Lily Wust von ihrem Mann und - durchgeknallt, wie Verliebte
nun einmal sind - lebten die beiden Frauen ihre Lust, Leidenschaft und Hingabe nach
Leibeskräften aus, soweit es das Kriegschaos und die Angst, entdeckt zu werden,
eben zuließen. Das tragische Ende blieb zwar nicht aus, doch Lily Wust hatte
mehr gelernt als nur über die Liebe, und sie rettete später noch mehrere
Juden vor der Vernichtung. Aus Lily Wusts Erzählungen und anhand der vielen
Briefe und Fotos, die sie aufgehoben hatte, gelang es Erica Fischer, die Geschichte
plastisch und eindringlich zu publizieren. Das Buch "Aimée & Jaguar"
wurde ein Bestseller und ist mittlerweile in 11 Sprachen übersetzt. Es folgten
eine Austellung sowie Interviews und eine TV-Dokumenation. |
|
|
|
|
|
So fehlte
eigentlich nur noch der Film zum Drama. Dieser ist, um es gleich vorweg zu sagen,
sehr viel besser als alles, was man zu erwarten hoffte. Regisseur Max Färberböck,
der auch das Drehbuch zusammen mit Rona Munro schrieb und bis dahin Fernsehfilme
machte, ist es gelungen, eine wildromantische, leidenschaftliche und erotische lesbische
Liebesgeschichte auf die Leinwand zu bringen, die weder an dem schwierigen historischen
Hintergrund, noch an moralischen Fragen scheitert. Im Gegenteil:
das Überleben in Berlin, Liebe und Leidenschaft vor der Kulisse der Nazidiktatur
und des Krieges wurde seit "Cabaret́ nicht mehr so gut in Szene gesetzt. Das
eigentlich Überraschende am Film ist allerdings, daß es sich um ein überaus
starken Frauenfilm handelt. |
|
|
|
|
|
Nicht
nur die Hauptfiguren wirken stark, authentisch und überaus liebenswert, auch
die Freundinnenclique von Felice, dargestellt von Heike Makatsch (man mag es kaum
glauben), Johanna Wokalek, Elizabeth Degen und Desirée Nick (ausnahmsweise
auch mal gut), zeigen sich von der stärksten weiblichen Seite. Der Zusammenhalt und die Liebe,
auch Eifersucht und Begehren untereinander wurden glaubhaft und geradezu mitreißend
inszeniert. Die Besetzung der Hauptrollen mit Juliane Köhler als Lily Wust und
mit der in der Rolle der Felice atemberaubenden Maria Schrader taten ein Übriges,
um diesen Film zu einem Kinoereignis der besonderen Art zu machen. Selten hat sich
die Berlinale einen deutschen Eröffnungsfilm gönnen können, einen
lesbischen, zudem noch einen so guten, gab es wohl noch nie - das kann sich wirklich
sehen lassen! |
|
|
Manuela Kay |
|
|
"Aimée & Jaguar",
Regie: Max Färberböck, mit: Maria Schrader, Juliane Köhler, Heike
Makatsch, Elisabeth Degen, Detlev Buck, Inge Keller, Peter Weck, u.a. Deutschland,
96 min., Kinostart: 11. Februar 1999 |
|
|
|
|
|
|
|