lespress01/98


Madam, Sir!

So, meine Damen und Herren, dieses Jahr hätten wir also auch wieder hinter uns.
Mr. Stringer studiert eifrig die Zeitungen zum Jahreswechsel und ist der Meinung, daß 1997 ein Jahr des Staus war, zumindest, was das kontinentale Ausland betrifft. Steuerreform, Rentenreform, Gleichstellungsgesetz, Internet, der Londoner Autobahnring, Besichtigungen des Kensington Palastes. Überall Stau. Das liegt vielleicht auch an ihm selber, denn Inspektor Craddock ist seit Wochen im Einsatz, und in der Einsamkeit, fernab des Gatten, kann sich schon so einiges aufstauen.
Ich war ja neulich wieder einmal in Köln,ja zur Eröffnung des schwul lesbischen Filmfestivals. Da wir in Milchester so etwas nicht haben, muß unsereins schon weit fahren, um etwas zu erleben. Und mir immer nur die Probleme meines Mitbewohners und seines geliebten Inspektors anzuhören, ist auf die Dauer auch langweilig. However, gespannt fuhr ich also in die Domstadt und begab mich ins Residence Kino mit seiner gemütlichen roten SamtundSeide-Atmosphäre. Nach einer etwas ungelenken Eröffnung mit Ansprachen eines Mannes und einer Frau startete also der Film.Angekündigt war er als Ñecht heavy und gewöhnungsbedüftigì.


Nun gut, um es kurz zu machen: es ging ca. 2 h um Mord und Totschlag, um Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau, abgehackte Köpfe und weitere Geschmacklosigkeiten. Also ehrlich, meineLieben, da hatte ich wirklich etwas anderes erwartet. Vom Standpunkt der Publikation, in der ich die Ehre habe zu schreiben, war der Film völlig überflüssig, denn es kam nur eine Frau darin vor, die recht drastische Anzüglichkeiten mit zwei verschiedenen Männern auslebte. Die im Kino anwesenden Herren schienendie ganze Zeit darauf zu warten, daß es endlich zur Sache gehenwürde, aber als die beiden männlichen Protagonisten endlich eine Einstellung lang alleine zu sehen waren, wurde einer von den beiden von einem Faschistenkommando entmannt und der Film war zu Ende. Nach dieser ÑPremiereì kam ich mir ehrlich gesagt dermaßen verschaukelt vor, daß ich postwendend nach Hause fuhr, mit dem festen Vorsatz, mir anschließend an meine gesunde Heimkehr zur Entspannung einen Sissi-Film anzuschauen, garantiert heterosexuell,d.h.ich weiß genau, was mich erwartet.


Seien wir doch mal ehrlich, das wäre dochgenau dasselbe, als würde der Buckingham Palast die Hochzeit von Camilla Parker Bowles und Prinz Charles ankündigen, und statt dessen müßten wir uns 2 Stunden lang die Vizir ultra Reklame im Fernsehen (sie wissen schon, die mit den Reportern den Schlüpfern und der Regel) anschauen. Gute Güte !!!


Vielleicht ist es aber auch eine neue Entwicklung, die sich schon länger andeutete und die sich nun Bahn bricht, nämlich das sogenannte Crossover. Das könnte dann ein Jahr 1998 der Verwechslungen und Verblüffungen werden.
Schwul lesbische Filmfestivals entpuppen sich als heterosexuell, Camilla Parker Bowles wird Königin von Bulgarien, Herr Milosevic verliebt sich in Herrn Kinkel, Mauretanien wird Mitglied inder EU, Frau Anhamm heiratet und pflanzt ein Apfelbäumchen, beim lesbischen Pfingsttreffen werden Osterhasen gejagt,Captain Janeway bändelt mit dieser klingonischen Mechanikerin an, einTuntenfitnessverein aus der Hocheifel kommt ins Guinnessbuch der Rekorde für die bestandene Weltmeisterschaft im Stricknadelstemmen, und Alice Schwarzer wird Päpstin. Wobei letzteres wiederum so unwahrscheinlich klingt, daß es schon wieder möglich erscheint.
Ich dagegen plädiere für Authentizität, wenn ich in diesem Zusammenhang das Wort benutzen darf.Was soll frau sich denn in Sachen einmischen, mit denen sie sowieso nichts zu tun haben will. Ein schwullesbisches Filmfestival soll sich gerade zur Eröffnung mit genau diesem Thema beschäftigen. Natürlich kann zur Abschreckung sozusagen vorbeugend auch ein Film mit heterosexueller Thematik gezeigt werden. Allerdings nur mit dem pädagogischen Effekt verbunden, daß wir erkennen, wie gut es ist, daß wir so sind wie wir sind.
Sie meinen, das klingt intolerant gegenüber der Mehrheit. Ach wo, nur ein wenig boshaft ! Und Frau Schwarzer wird nicht Päpstin. Alice Woytila, wie hört sich das denn an ??!!

Bis zum nächsten Mal
Amen

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