lespress12/97  
  Carlottas Schatz
   
   

Carlotta war weg und würde erst in zwei Tagen wiederkommen. Sie vermisste sie jetzt schon. Als sie von der Arbeit kam, müde und traurig, wurde sie vom Anblick der geleerten Badablage noch trauriger. Weg war der Puder, der Lippenstift, der Lockenkamm - Carlottas ganze Sachen, die in ihrem Bad so exotisch und spannend ausgesehen hatten. Sie verbrachte viel Zeit im Bad, wenn Carlotta da war und betrachtete ihre Sachen. Es war so, als ob sie die Frau betrachtete - Carlottas Kulturbeutel als Verlängerung ihrer Persönlichkeit.
 
Zwei Tage Durststrecke hatte sie vor sich - die wenige Zeit, die sie zusammen verbrachten, war zu kurz. Zwar trieben sie es praktisch ununterbrochen, wenn Carlotta da war, aber ihr war das lange nicht genug. Sie brauchte nur an ihren Lippenstift zu denken, schon war sie wieder scharf. Carlotta diskutierte nichts aus, problematisierte nichts, sie warf die Kleider ab und legte sie flach. Früher hatte sie geglaubt, Kuschelsex sei das Größte. Aber seit sie Carlottas Mischung von bedienen und bedient werden kannte, verzichtete sie oft sogar auf das Vorspiel. Carlottas eindeutige Art, sie zu wollen und zu wollen, daß sie sie wollte, gab ihr das Gefühl, alles tun zu können und zu dürfen. Bei ihr hoffte sie nicht, daß sie kommen würde - sie kam. No sweat. Sie hatte ein ganz neue Seite an sich kennengelernt. Sie wollte Sex, ganz viel davon. Sie überließ sich ihr hemmungslos. Carlotta war so nah und kam immer näher. Der Gedanke an sie verursachte Unterdruck zwischen ihren Beinen.
 
Wenn sie schlief, würde die Zeit, bis Carlotta wiederkam, vielleicht schneller vergehen. Sie ging ins Schlafzimmer und ließ sich auf das Bett fallen. Wie zu erwarten war: Es roch nicht mehr nach Carlotta. Sie räumte das überzählige Kissen und die zweite Decke vom Bett und wollte sie in den Bettkasten legen. Als sie den Bettkasten herauszog, blieb er stecken. Etwas hatte sich zwischen Rolle und Boden verklemmt. Sie zog es hervor und konnte ihr Glück kaum fassen: Carlotta hatte ihr Schlafshirt vergessen. Zusammengewurschtelt war es unter dem Bett liegengeblieben - da, wo sie es heute nacht hingeworfen hatte. Sie schüttelte es aus und drehte es rechts herum. Ein himbeerfarbenes Shirt, ein einfaches Ding, aber wie es an Carlotta aussah! Keine andere Farbe stand ihr so gut. Das Shirt, leicht verwaschen, mit aufgerauhter Oberfläche und einigen Faserknubbeln kontrastierte die Glätte ihrer Haut. Es war so lang, daß nur noch die Spitze ihres Dreiecks herausguckte, wenn sie keine Unterhosen trug. Und es entfaltete eine unglaubliche Wirkung. Es verbreitete augenblicklich Carlottas Duft, und sie reagierte prompt. Bevor sie noch ihr Gesicht in dem Baumwollstoff drücken konnte, fühlte sie schon ein leichtes Ziehen zwischen ihren Beinen, und sie wußte, daß die Säfte gleich anfangen würden zu fließen. Das Shirt roch lasziv muffig, leicht nach Schweiß, etwas stärker nach Carlottas teurem Duft, abgerundet durch die Erinnerung an den Geruch von Sex und das Glitschige von Massageöl. Der Duft war bekannt und doch fremd, weil er nicht von Carlottas Körperwärme animiert war.
 
Sie wußte alles über Carlottas Geruch. Sie konnte schätzen, wie lange ein Sofakissen nach einem Fernsehabend noch nach ihr riechen würde. Sie wußte auch, daß dieses Sofakissen die grasige Kopfnote ihres Duftes ausstrahlen würde: nach ihrem Parfüm und ihrem Deo. Carlotta selbst dagegen duftete so, daß die Herznote dominierte, ein wenig vanillig.
Sie spürte, wie das Blut in ihre Lippen schoß. Sie ging zum Spiegel und betrachtete ihren Mund. Tatsächlich, ihre Lippen waren prall angeschwollen. Ihr Gesicht war davon richtig verändert. Die Oberlippe machte einen leicht aufgeworfenen Eindruck. Ihr Mund stand leicht offen. Ihr Blick fiel im Spiegel auf ihre Hände, die das Shirt in ihre Brust drückten. Sie ließ es sinken und klemmte es zwischen ihre Knie. Dann zog sie ihr Oberteil und den BH aus und das Shirt an. Sie fand, es stand ihr nicht. Sie fürchtete außerdem es auszuweiten und zog es wieder aus, obwohl es ein wohliges Kribbeln auf ihrer Haut verursachte. Carlotta war so etepetete mit ihren Sachen. Für ein ausgeweitetes Shirt hätte sie vielleicht kein Verständnis gehabt, besonders weil sie ihr kaum erzählen würde, unter welchen Umständen das Shirt gelitten hatte. Es hinterließ Carlottas Duft an ihr, aber das hielt nicht lange vor.
 
Sie zog sich aus und legte sich aufís Bett. Das Shirt legte sie wie einen Schal um ihren Hals. Ihre Hände fuhren an ihrem Körper hinunter. Wenn sie es selbst machte, war sie präzise, sie bewegte sich kraftsparend und zuverlässig auf den Orgasmus zu. Nicht zu schnell und nicht zu langsam. Aber ihr Duft erinnerte sie an eine ganz andere Art Sex. Carlotta machte es keine zweimal gleich. Ihr fielen immer wieder neue Varationen ein. Manchmal dachte sie: Wie konnte diese Frau mich nur wollen? Ich war so hausbacken. Die Frauen vor ihr hatten mich nichts gelehrt. Ich selbst war auch nicht gerade abenteuerlustig.
 
Wenn sie mit ihrem Latein am Ende war, überließ sie sich Carlotta ganz und spielte den passiven Part. Manchmal langte sie sogar voll daneben, aber sie lernte dazu. Sie beneidete Carlotta um die Selbstverständlichkeit, mit der sie das Metier beherrschte. Wenn es nötig war, sorgte Carlotta sogar dafür, daß sie nicht vom Bett fiel.
 
Das Shirt machte sie ganz verrückt. Sie legte die Fußsohlen aneinander und fuhr mit ihren Fingern in die Falten zwischen den Beinen, bis ihre Fingerspitzen in die angesammelte Feuchtigkeit eintauchten. Sie verteilte sie in allen Falten. Dabei dachte sie an Carlottas pralle Möse. Sie machte ihren Zeigefinger ganz lang, massierte den Eingang und preßte die Schamlippen, rieb auf und ab, spannte und entspannte ihre Muskeln. Immer wieder geriet sie nahe an den Orgasmus. Dann pausierte sie, streichelte andere Stellen, leckte ihre Finger ab und ließ den Druck abebben. Nach einer Weile erst fuhr sie fort. Sie wußte, wie oft sie es verzögern durfte - wenn sie es übertrieb, würde der Orgasmus nicht mehr so gut werden. Also ließ sie es nach einiger Zeit geschehen. Als sie spürte, daß sie kam, konzentrierte sie sich auf das Shirt, dessen Duft unter ihrer Nase stand. Es kam wie ein Erdbeben, wie ein Krampf. Er rüttelte sie heftig, ihre Hand immer noch zwischen den Beinen, wo sie die Finger kaum noch bewegten. Ihr Kopf war zurückgebogen, ihr Kreuz durchgedrückt, ihre Füße hatten sich von der Matratze gehoben. Ihr Unterkiefer hing herunter und sie spürte auf der Zunge den Geschmack ihrer Haut. Sie hatte das dringende Bedrürfnis danach, sich an Carlottas Mund festzusaugen. Sie schmeckte so gut, überall, aber besonders ihr Mund. Diesem Orgasmus fehlte etwas. Trotzdem war er wundervoll.
 
Als die Nachbeben vorbei waren und sie entspannt, wenn auch etwas verdreht im Bett lag, fragte sie sich, ob sie es je wieder selbst machen könnte, ohne an Carlotta zu denken. Früher hatte sie sich sehr gut mit sich selbst amüsiert, ohne den Gedanken an eine Frau. Vielleicht war es nur das Shirt, das noch immer um sie gewickelt war.
 
Sie zog es mit der linken Hand weg. Sie wollte nicht, daß der Geruch ihrer Sexualität, der über dem Bett hing, an das Shirt geriet. Carlotta war nicht blöd und wußte, das sie schon von ihrem Geruch angemacht wurde. Sie würde es bemerken und sich ihren Teil denken. Das war ihr nicht recht. Es war zu privat. Carlotta sollte nicht wissen, wie weit es mit ihr schon gekommen war. Oh Gott - Sie trieb es mit Carlottas Shirt!

Später zog sie das Shirt über ihr Kopfkissen. Aber sie nahm es wieder ab, denn sie fürchtete, Mascaraspuren darauf zu hinterlassen. Sie faltet es zusammen und legte es neben ihr Kopfkissen. Sie schlief wunderbar.
Vera Du

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