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Über das
Wörtchen Antiamerikanismus streiten sich schon seit jeher Coca-Cola-Trinker
und USA-Flaggen-Verbrenner. Die ersten, weil sie finden, dass das "Anti"
schon einen irrationalen Hass aus der Zeit des deutschen Faschismus perpetuiere,
die zweiten, weil sie denken, dass der Begriff jede Form konstruktiver Kritik am
kriegsseligen american way of life diskreditiere. Seit Gerhards populärem Wechselschritt
von der gebückten Solidaritätshaltung zur aufmüpfig-deutschtümelnden
Verweigerungsgeste ist das Wort wieder in aller Munde.
Buchstäblich dem Volk aufs Maul geschaut, entpuppt sich dieser Tage angesichts
des nahenden Horrorsequels "Irak ñ Manchmal kommen sie wieder" die Anti-Haltung
als so reflektiert wie ein Schluckauf. Fragt man, warum die Elvis-Cd neuerdings verschämt
zurück ins Regal geschoben und der Burger lieber bei Kalles Hühnchengrill
gekauft wird, treten politische Argumente zutage, die einem das überlegene Lachen
angesichts der propagierten Unterbelichtung des 43. Präsidenten im Gesicht gefrieren
lassen sollten. Die Amis sind die Weltpolizei. Kloppen sich zwei Völker,
freut sich der Dritte. Der ja meistens der Amerikaner ist. Hinter dem Vorwurf, der
Amerikaner stehe gleich mit Sherrifstern und Jagdbomber vor der Türe, wenn kleine
Staaten auch mal Krieg spielen wollen, steht nicht so sehr das Gerechtigkeitsempfinden
des Deutschen, der sich einen neutralen Vermittler in Person einer Friedenstaube
wünscht sondern vielmehr die Häme eines geprügelten Kindes, das die
Dienste der Weltpolizei mehrmals in Anspruch nehmen musste und seine Demütigung
trotzig gegen den Befreier wendet.
Da spielt sich die deutsche Unterlegenheit gern zur Überlegenheit auf, und erinnert
an amerikanische Fehltritte wie die Sklaverei, Scientology und gesalzenes Popcorn,
was alles gleichermaßen als Indiz für die amerikanische Kulturlosigkeit
herhalten darf. Über brennende Asylheime, Christliche Mitte und Germknödel
wird da natürlich grosszügig geschwiegen, wenngleich die Unterschiede ja
bekanntlich marginal sind. Aber die Amis sind alle saublöd. Selbstverständlich
sind Jazz, John Updike und Henry David Thoreau saublöd aber eben nur für
solche, die zu blöd sind, sie zu verstehen.
In punkto deutscher Beiträge zur Weltkultur hat sich nach Gadamer auch nicht
mehr so viel getan, es sei denn man betrachtet das ironische Schlagerrevival und
die Lindenstraße-Agonie als Leitbilder deutscher Lebensart die es unnachgiebig
zu predigen gelte. Können diese Auswüchse der Antichrist-Bush-Imago nicht
überzeugen, wird tief ins Nähkästchen moralinsaurer Vergangenheitsbewältigung
gegriffen. Denn wer könnte den Amerikaner wohl eher davon überzeugen, dass
Angriffskriege moralisch verwerflich sind, als der sich in seiner Kollektivschuld
suhlende Deutsche? Das füttert ebenso das Ego des Deutschen mit seinem Reichs-Trauma
wie das Mastschwein Propaganda, das nicht davor zurückschreckt noch die Toten
des Holocaust zum Echtheits-Zertifikat deutschen Friedenswillens zurechtzustutzen.
Der Rückgriff auf den Holocaust ist nicht nur zur emblematischen Notwehr- sondern
auch zur Aggressionshaltung geworden. Und so wundert es nicht, daß sich in
den Medien Karikaturen Bushs mit Schnauzbart häufen.
Die delirierenden Optimisten, denen Islamismus nur ein "Hilfeschrei der Armen"
ist, und die am liebsten persönlich nach Afghanistan, Irak und Israel fliegen
würden um dem Selbstmordkommando Leberwurststullen zu reichen, sind über
den 11.09.01 und jahrzehntelange irakische Diktatur schneller hinweggekommen als
über den angekündigten Pfand auf der Bierflasche. Dass die arabische Welt
sich mal eben selbst demokratisiert, nachdem sie in den letzten Jahrhunderten darin
ja so unglaublich erfolgreich war, scheint ihnen ein leichteres Spiel als dem Amerikaner
das Völkerrecht und Esskultur einzubläuen. Noch nie war das Anti so dämlich
wie heute.
Obsidia |
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