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Was geht mich
das denn an? - ein paar Gedanken zum Thema Lesben und Aids
von Vera Verweyen
Am 1.12. ist Welt-Aids-Tag. Klar, wissen wir ja alle und mitfühlend wie
wir sind, spenden wir natürlich und laufen einige Tage mit der Aidsschleife
herum. Und dann vergessen wir das traurige Thema ganz schnell wieder. Schliesslich
sind wir weiss, gesund und drogenfrei und unsere lesbische Identität ist doch
quasi der Freibrief zum zwanglosen Sex, oder?
Schliesslich habe ich als Urlesbe nie mit einem Mann geschlafen, sondern nur mit
Frauen.
Mit Clara zum Beispiel. Na, ja, die war verheiratet gewesen, aber das war ja schon
fast vor den Zeiten von Aids. Aber hatte die nicht mal irgendwann was von ihrem One-Night-Stand
mit den beiden afrikanischen Jungs erzählt? Aber einmal ist schliesslich keinmal.
Das ist ja fast so als würde man beim ersten mal gleich schwanger.
Und Angela? Dieses tyranische Schwein von Ehemann, der sein "Recht" im
Namen der katholischen Ehelehre regelmässig mit Gewalt einforderte, war immerhin
so wie sie unberührt in die Ehe gegangen. Aber ob er nicht doch wie Millionen
anderer Männer auch zu Prostituierten gegangen war? Und in der Nacht, als sie
aus der Wohnung geflohen war, da war sie in irgend welchen Kneipen abgetaucht, hatte
sich sinnlos betrunken und dann bei diesem netten Typ geschlafen. Oder mit? Und vielleicht
"ohne"?
Und wie sieht es aus mit den Blind Dates über Flirt-Lines im Internet? Angeblich
stimmen bei den Männern 80% der angegebenen Daten nicht. Sind Lesben da auf
jeden Fall aufrichtiger?
Würde sie mir erzählen, dass sie früher unter Besteck nicht nur Messer
und Gabel verstanden hat?
Ein Viertel der infizierten Frauen erfahren die Diagnose über einen Zufallsbefund,
hat mir eine Ärztin bei meiner Recherche über HIV und Schwangerschaft erzählt.
Weltweit sind mittlerweile die Hälfte der HIV-Positiven weiblich und in Deutschland
der Anteil der Frauen an den Infizierten überraschend seit 1988 von 6 auf fast
20% gewachsen. Macht irgendwie nachdenklich.
Ehrlich gestanden, ich wollte es nie genau wissen. Denn HIV ist doch unter Lesben
so was wie ein Tabu. Egal, wie wild wir's im Bett treiben.
Vielleicht sollte ich einfach mal mit der Liebsten darüber reden! Und das, was
wir von den Hetero-Freundinnen längst erwarten - dass sie sich schützen
- mal mit der Frau meiner Träume thematisieren? Obwohl oder gerade weil wir
frisch verliebt sind.
(Dieser Beitrag ist "Silvia" gewidmet, einer HIV-positiven Mutter und
sehr tapferen Frau) |
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