|
Wirtschaftsberaterin ist ja nun nicht unbedingt
ein so spannender Beruf wie Astronautin, Astrologin oder Animateurin. Du wirkst aber
hochmotiviert. Was begeistert Dich also so sehr an dieser Profession?
|
|
Das sind mehrere Dinge: nackte Zahlen an sich finde
ich uninteressant, aber die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft, Steuerrecht und
Geldanlage haben mich schon seit der Schulzeit interessiert, daher wäre ich
auch beinahe Steuerberaterin geworden. Allerdings hätte dieser Beruf für
mich doch zuviel Routine beinhaltet (Buchhaltungen, Bilanzen usw.), mich haben schon
immer die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten, die persönlichen Beratungen
am meisten fasziniert - als Steuerberaterin ist aber leider genau hierfür immer
weniger Zeit übrig. Daher war es logische Konsequenz, mich als Wirtschaftsberaterin
selbständig zu machen: hier ist die individuelle Beratung, die persönliche
Strategieentwicklung der eigenen Geldanlagen, Steuern und Versicherungen das A und
O für die KundInnen. Sich auf die unterschiedlichsten Menschen und Bedürfnisse
einzustellen, die "Zahlen und Fakten" mit Leben zu füllen, ist natürlich
auch das sehr Anspruchsvolle in meinem Beruf. Am meisten aber motivieren mich meine
KundInnen: wenn ich sehe, daß auch sie Spaß an den eigenen Finanzen bekommen,
es keine "böhmischen Dörfer" mehr sind und der finanzielle Erfolg
planbar und
sichtbar wird, dann freut mich das selbst ganz genauso. |
|
|
|
|
|
|
|
Warum sollen wir nach all den unsäglichen
Herr-Kaiser-Verschnitten, die uns nicht nur in der Werbung, sondern ja auch im realen
Leben z. B. in der Bank entgegenlächeln, Dir nun mehr vertrauen?
|
|
Es geht ja gar nicht darum, nun nur noch
einzig und allein mir zu vertrauen, und mich als die einzig mögliche "glückseligmachende"
Beraterin in Deutschland anzusehen - dazu bräuchte ich einen10.000-Stundentag,
also absolut utopisch. Es geht mir darum, aufzuzeigen, daß frau und man sich
eine/n unabhängige/n BeraterIn suchen sollte. Das heißt, eine Person,
die weder bei irgendeiner Institution angestellt ist (Bank, Versicherung, Bausparkasse...),
und empfehlenswerterweise auch nicht einem der sog. "Strukturvertriebe"
zugehörig ist. Zudem nützt es auch wenig, z.B. den Bereich Geldanlage mit
einer Versicherungsberaterin durchzusprechen, denn Geldanlage und Versicherungen
sind zweiPaar Stiefel. Außerdem empfehle ich, die BeraterInnenphilosophie genau
anzuschauen. Wenn diese den eigenenVorstellungen entspricht, die "Wellenlänge"
stimmt und frau ein sehr gutes Gefühl dabei hat, dann hat sie die/den passende/n
BeraterIn gefunden. Das kann dann ich sein, muß aber nicht. |
|
|
|
|
|
|
|
An welchem Punkt verdienst Du denn nun
in diesen Zusammenhängen Deinen Lebensunterhalt? Arbeitest Du mehr, weil Du
weniger Provision von denKundInnen nimmst? Schließlich ist es nicht so einfach,
sich selbständig zu machen - und es zu bleiben. |
|
Ja, Selbständigkeit hat nicht nur Vorteile, man
muß zu einigen Risiken und Opfern bereit sein, das ist klar. Mein Verdienst
ist einfach erklärt: bei Versicherungen, Investmentmentfonds usw. erhalte ich
eine Provision von den Gesellschaften, die abhängig ist von der vertraglichen
Abschluß-Summe. Dadurch kann ich die gesamte Beratung und Strategieentwicklung
für meine KundInnen sogar kostenfrei halten. Ausnahme ist die Vermittlung einer
Immobilie (i.d.R. als Kapitalanlage): hier berechne ich dann eine einmalige Maklercourtage
in Höhe von 3,45%. Diese einheitlichen Regelungen betrachen auch meine KundInnen
als die fairste und bequemste Art meiner Aufwandshonorierung. Nur in Ausnahmefällen
war die sog. Honorarberatung sinnvoll und notwendig. |
|
|
|
|
|
|
|
Du bewegst Dich seit einiger Zeit recht
offensiv in schwul-lesbischen Zusammenhängen. Hast Du mit Deinen wahrscheinlich
vornehmlich heterosexuellen KundInnen nicht genug Geld verdient?
|
|
Ich verstehe Deine Frage dahingehend, daß Du
wissen möchtest, ob ich wirtschaftlich-finanziell auf die schwul-lesbische Klientel
angewiesen bin:
nein, bin ich nicht, denn schließlich ist dieser Dienstleistungsbereich für
die heterosexuellen KundInnen genauso interessant oder wichtig, und bisher überwiegt
dieser Anteil mit ca. 75% sogar noch deutlich.
Daß ich trotz meiner schon 6,5-jährigen Selbständigkeit erst seit
knapp 1,5 Jahren auch beruflich in die "öffentliche Szene" gehe, hat
mehrere Gründe. Zum einen hatte ich mein coming out erst vor 5 Jahren. Daß
sich das zuerst einmal "privat" setzen mußte, und ich nicht gleich
mit dem Schild um den Hals auf die Straße gerannt bin, ist bestimmt nachvollziehbar.
Außerdem ist der steuer- und wirtschaftsberatende Berufsbereich leider z.T.
noch stockkonservativ, und da ist 1.eine Frau und 2.eine lesbische dazu schließlich
auch nicht das, worauf alle Banker und Steuerberater nun gewartet hätten. Der
Anstoß, meine Dienstleistung auch in der Szene zu bewerben - kam vor allem
direkt von meinem schwul-lesbischen Klientel.
Daß ich durch diese KundInnen jetzt mehr als früher verdienen würde,
kann ich nicht behaupten. Eher das Gegenteil ist der Fall, indem ich - auch durch
meine Vorträge - mittlerweile zusätzlich wesentlich mehr Anfragen auch
für ganz kleine Sparbeträge habe - und auch diese KundInnen möchte
ich genauso gut beraten, selbst wenn sich diese Beratungen betriebswirtschaftlich
überhaupt nicht rechnen. |
|
|
|
|
|
|
|
Sieht Deine Utopie von einer besseren Gesellschaft
eher so aus, wie es sich in einem recht konservativen Parteiprogramm findet? (Also:
seht zu, daß ihr es macht wie Onkel Dagobert und laßt die Donalds für
Euch arbeiten. - Wenn es denen schlechter geht, sind sie im Grunde selbst schuld...). |
|
Um Himmels Willen, was denkst Du denn von mir? Meine
Utopien und Hoffnungen gehen dahingehend, daß es eine Gesellschaft gibt, in
der echte Chancengleichheit für Frauen, im speziellen auch gleiche Rechte für
Lesben und Schwule existieren. Daß es PolitikerInnen gibt, die wirklich etwas
von ihrem Job verstehen, und uns nicht tagtäglich diesen unfähigen Mist
auftischen - mir wird manchmal schlecht dabei! Ich sehe vor allem im politischen
Bereich noch eine Menge Verbesserungsmöglichkeiten...allerdings halte ich nichts
von Jammereien, dadurch wird sich kaum etwas ändern. Aber daß man zum
größten Teil für sein Leben selbst verantwortlich ist, und die "Schuld"
nicht immer bei den anderen suchen sollte, diese Einstellung habe ich auch. |
|
|
Vor einem Deiner Vorträge wurden Flyer
verteilt mit dem Aufruf, das eigene Geld "antikapitalistisch" lieber Flüchtlingsfrauenprojekte
zu geben, statt es "individualistisch" anzulegen. Wie begegnest Du diesen
Frauen und dem damit verbundenen Vorwurf? |
|
Das war auf der Lesbenwoche in Berlin vom "FrauenLesben-Bündnis zur Unterstützung illegalisierter Flüchtlingsfrauen". Sie kritisierten in
ihrem Flyer die Existenzgründungsberatung und eben meinen Vortrag, persönlich
habe ich keine der Frauen getroffen. Es war das erste Mal, daß Vortragsbesucherinnen
und ich damit konfrontiert wurden. Ich muß sagen, ich finde es schlichtweg
heldinnenhaft, wenn Frauen bereit sind, all ihr Geld, ihre Ersparnisse usw. anderen
Frauen zur Verfügung zu stellen. Allerdings überrascht es mich, daß
diese Frauen das partout auch von allen anderen verlangen - ohne z.B. zu bedenken,
daß es vielen Frauen, die ihr Geld sparen und anlegen, auch darum geht, für
eventuelle Arbeitslosigkeit, niedrige Rente, Umschulungen, unvorhergesehene Ausgaben
usw. Rücklagen zu bilden. Frau kann doch erst etwas (ab)geben, wenn sie etwas
hat - genauso verhält es sich mit meinem eigenen Sponsoring verschiedener Frauen-
und schwul/lesbischer Projekte: ich könnte nichts unterstützen, wenn ich
keine Einnahmen hätte. |
|
|
|
|
|
|
|
Ich sollte z. B. nicht in eine Genossenschaft
investieren, sondern lieber in eine womöglich häßliche, relativ kurzlebige
aber für alle Beteiligtengut abzuschreibende Immobilie, in der ich selber nie
wohnen möchte? Bei jeder Geschichte gibt es doch einen, der draufzahlt. Das
sind in in diesem Fall die MieterInnen, die - wenn sie sich´s leisten können
- widerum durch Dich vermittelt eine andere ähnliche Imobilie in die Landschaft
setzen...
Oder achtest Du auch auf ökologisch sinnvolle Projekte?
|
|
Oh, da sprichst Du harsche Kritik! Gut, laß es
uns der Reihe nach durchgehen. Es spricht nichts dagegen, in eine Genossenschaft
zu investieren, wenn für Dich die Vorteile die Nachteile überwiegen, zu
jeder Geldanlage gehört auch die eigene Entscheidung dazu. Wenn Du eine häßliche,
kurzlebige Immobilie kaufen möchtest, ist auch das Dir überlassen, aber
ich würde Dir dringend empfehlen, wenn, eine attraktive, langlebige Immobilie
zu kaufen, schließlich möchtest Du von Deiner Investition ja etwas haben
- außer Steuervorteile durch Abschreibungen. Daß die allermeisten Geschäfte
in der Wirtschaft Geschäfte sind, bei dem jede Seite gewinnt, das kennzeichnet
eine gute Volkswirtschaft. Wenn Du beim Bäcker ein Brötchen kaufst, dann
ist das ein Geschäft: Du hast etwas Gutes zum Essen, der Bäcker hat für
seine "Leistung" etwas verdient. Bei der (seriösen) Geldanlage ist
das genauso. Dafür ist die vermietete Immobilie als Kapitalanlage mit das beste
Beispiel - immer vorausgesetzt, die Immobilieninvestition paßt rundherum (Preis-Leistungsverhältnis,
gute Vermietbarkeit, etc).
Fangen wir bei der InvestorIn an: ihr Geld wird gut "verzinst", es ist
inflationssicher angelegt, das Finanzamt gewährt ihr z.T.hohe Steuervorteile
usw. Der Bauträger oder bisherige BesitzerIn wird für ihre/seine "Leistung"
bezahlt. Die MieterIn hat eine Wohnung zur Verfügung - die sonst dem Markt fehlen
würde! Denn was passiert, wenn es zuwenig (preiswerte) Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt
gibt? Durch Wohnungsnot steigen die Mieten überdurchschnittlich, diese Situation
hatten wir vor einigen Jahren. Deine Wohnung wäre also ein - wenn auch ganz
kleiner - Baustein gegen Mietwuchermöglichkeiten. Zusätzlich ist dabei
sogar der Staat ein Gewinner: durch die Arbeitsplätze usw. nimmt er im Durchschnitt
wieder ca. doppelt soviel Steuern ein, wie Du als Investorin über all die Jahre
erhalten hast. Also alles in allem eine lohnende Investition, bei der wirklich jede
Seite auf der GewinnerInnenseite ist.Für die KundInnen, die eine rein ökologisch
ausgerichtete Geldanlage möchten, gibt es natürlich auch Möglichkeiten,
z.B.Investmentfonds. |
|
|
|
|
|
|
|
Hälst Du einen Verband lesbischer
Unternehmerinnen und Führungskräfte ähnlich dem Völklinger Kreis
(Verband schwuler Unternehmer und Führungskräfte) für sinnvoll? |
|
Ja, sehr - wenn wirklich mit fähigen Frauen Strukturen
aufgebaut werden, die etwas bewegen können und sich nicht erst jahrelang über
Grundsatzdiskussionen uneinig sind. Zur Zeit ist dieser Verband in der Gründungsphase,
wobei ich mich leider zeitlich etwas zurückziehen mußte. |
|
|
|
|
|
|
|
Wäre dieser Verband nur das lesbische
Pendant zum Völklinger Kreis, oder siehst Du jetzt schon entscheidende Unterschiede? |
|
Von der Anfangsidee war es als lesbisches Pendant gedacht,
aber wir möchten noch andere Möglichkeiten einbinden: z.B. im Titel und
der Satzung auch bewußt Unternehmerinnen ansprechen. Weiterhin ist geplant,
den Verband als Dachverband von lesbischen Projekten zu gründen und anzubieten,
damit eine noch effektivere Zusammenarbeit von Lesben ermöglicht werden kann.
Es werden bestimmt noch weitere Ideen einfließen. |
|
|
|
|
|
|
|
Auf die Frage "Möchtest Du reich
und berühmt werden?" antwortete dieKünstlerin Janice Perry spontan
"Nein, nur reich" Wie sieht´s bei Dir aus? |
|
Ich glaube kaum, daß mein Berufsbild dazu geeignet
ist, berühmt zu werden ... Und reich, hm...darin sehe ich mehrere Aspekte. Finanzielle
Sicherheit ist mir schon wichtig, ja. Wobei ich eines Tages vor allem sagen können
möchte, daß mein Leben "reich" an Erfahrungen, an schönen
Erlebnissen und Erinnungen ist; "reich" an Menschen, die ich kennengelernt
habe; daß ich eine wundervolle und liebevolle Partnerschaft gelebt habe; daß
ich einfach "reich" an "glücklichem Leben" war, verstehst
Du? Materieller Reichtum kann sehr viel Spaß machen, und ich möchte schon
noch einigen Spaß erleben (und auch mal wieder Urlaub nach 2 Jahren); aber
ein erfülltes, selbstverwirklichtes Leben - und das ist mein Lebensziel - geht
nur über immateriellen Reichtum. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|