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Ist
Ihnen auch schon das Horror Revival aufgefallen, das in den Kinos Raum gewinnt?
Lauter VIPs der Filmszene drehen plötzlich Schockerstreifen, und zu Spießern
mutierte Mittdreißiger kramen die Gruselhörspielkassetten aus Ihrer Jugend
aus und verkaufen sie auf Börsen zu wahren Schockerpreisen. Mittlerweile ist
es ja fast gesellschaftsfähig seine Serienkillerambitionen raushängen zu
lassen und statt dem sonntäglichen Kuchengelage mal die Sezierung eines Verwandten
zu zelebrieren. Und mit dieser neuen Offenheit finden schlechte Filme plötzlich
neue Fans.
Seien wir mal ehrlich: der Slasherfilm führt uns exemplarisch vor was wir alle
gerne in der
Mittagspause zwischen Balisto Keksriegel und Stempeluhr machen würden: Mal eben
eine schicke Maske aufsetzen, den Psychopathen raushängen lassen und daheim
bei Muttern ein paar Kehlen mit echten Solinger Klingen aufschlitzen, dabei traumatische
Kindheitserinnerungen vor sich hinstammeln oder auch einfach nur ausdruckslos in
Papas Handycam glotzen die man zwecks einer medienträchtigeren Inszenierung
eingeschaltet hat. Lauter neue Teeniehorrorstreifen schossen in den letzten Jahren
aus der Erde und mittlerweile boomt auch Halloween in Deutschland wie nie zuvor.
Welcher Reiz liegt aber darin, sich mittags mit den Blair Witch Waldtussen zu verschwestern
und nachts mit Gurkenscheibenmaske auf einer Halloweenparty herumzuhängen und
sich Metzgerwitze zu erzählen? Der Grund für die neue Beliebtheit alles
Horrorartigen ist so unprätentiös wie einprägsam:
Horror ist Alltagsverharmlosung. Der Alltag ist nicht so gnadenvoll uns mit spukenden
Villen und amoklaufenden Dämonen zu beglücken - stattdessen sitzen wir
gelangweilt in keimträchtigen Einzimmerapartments, unseren eigenen gesellschaftlichen
Tod bei einer billigen Büchse Bier zelebrierend, und das Gruseligste was uns
dort erwartet ist ein Anruf der Exfreundin, die sich wieder mal mit gesunder Interesselosigkeit
nach dem persönlichen Dahinvegetieren erkundigt.
Draußen auf der Straße erwartet uns jeden Tag ein Parcour aus nicht lebensfähigen
Ignoranten, die es unter Rettung des eigenen Intelligenzquotienten zu umgehen gilt,
und wahrlich niemand vermag den Horror in Worte oder Bilder zu kleiden der uns dort
begegnet.
Die Krönung dieses schier endlosen Grauens ist der tägliche Blick in den
Spiegel, der den eigenen Verfall so plastisch dokumentiert daß es uns Tag für
Tag die Nackenhaare aufstellt.
Pubertierende Pennäler wie paraphrasierende Philosophen haben es oftmals melodramatisch
auf den Punkt gebracht: Wieso sind wir eigentlich hier und wer zum Teufel hat sich
diese Zumutung einfallen lassen? Nicht besonders originell, diese Frage. Ich formuliere
sie daher in eine These um, die kein Pathos, dafür aber den Charme der Beiläufigkeit
besitzt: Ganz schön scheiße, hier zu sein. Da schaut man doch gerne auf
die heile Welt des Horrors, in der ein jeder das bekommt, was er verdient: das Verderben.
Happy Halloween!
obsidia |
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