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Als
k. d. lang 1989 ihren ersten Grammy als beste Countrysängerin für das Album
"Absolute torch and twang" erhält, freuen sich viele KanadierInnen
und etliche Countryfans auf der ganzen Welt. Endlich gibt es frischen Wind in der
Country-Szene, in der ansonsten meist Cowboys oder Trucker am Lagerfeuer oder vorm
Zigarettenanzünder von der Einsamkeit in der Prärie, bzw. auf dem Highway
jaulen oder ebenso einsame daheimgebliebene Liebhaberinnen und Gattinen à
la Dolly Parton sich und den Rest der Welt mit "Ich vermisse dich so, pass gut
auf dich auf da draußen, ich warte hier daheim"- Liedchen quälen.
Denn k.d. lang vermischt die bis dahin fein säuberlich getrennten Bereiche in
der Countrymusik geschickt und inszeniert sich nebenbei als burschikose, wenngleich
auch sensible Sängerin. Und: Sie wagt es, musikalische Grenzen zu überschreiten,
Ausflüge in den Jazz oder gar in die Pop-Musik zu versuchen.
Ihr ein Jahr vorher erschienenes Album "Shadowland" hatte es schon angedeutet
und hätte die musikalische Welt schon aufmischen müssen. Was auf diesem
Album geschah, war unerhört - im wahrsten Sinne des Wortes. Aber die Musikindustrie
ließ sich Zeit, es sollte noch ein wenig dauern, man wollte offensichtlich
k.d. lang als Country-Sängerin definiert wissen und entsprechend belohnen.
Das geschah dann auch, aber k.d. lang verhielt sich überhaupt nicht konform
und legte 1992 ein Pop-Album nach: "Ingenue"
Dieses Album war nun wieder so gut, dass lang einen Grammy im Bereich Pop-Musik erhielt
und Madonna medienwirksam aufseufzte: "Elvis is back - and she is beautiful!"
- Ein Meilenstein in der Karriere von k.d.lang. "Constant Craving" wird
ein weltweiter Hit, "Miss Chateleine" wird aufgrund des lesbischen Subkontextes
ein heimlicher Lesbenhit. Und k.d. lang setzt nach:
Es folgen in kurzer Abfolge ihr Bekenntnis, Vegetarierin zu sein, ihr Coming-out
als Lesbe und kurz darauf ein Photoshooting mit Cindy Crawford für die Titelgschichte
des amerikanischen Glamourmagazins "Vanity Fair". Hierfür posiert
k.d. lang (im Anzug) im Barbiersessel mit viel Rasierschaum im Gesicht, während
das damalige Top-Model Cindy Crawford (wie immer sehr feminin) so tut, als wolle
sie Ms Lang rasieren. Das ganze recht anzüglich, aber sittsam genug inszeniert
- der "lesbian chic" wird zum Schlagwort.
Auf einmal scharen sich lesbische "Altstars" wie Martina Navratilova und
Rita Mae Brown um die Künstlerin. Die Gerüchteküche brodelt. "Wer
mit wem" wird wieder ein beliebtes Spiel unter Lesben. Es gibt Munkeleien um
Melissa Etheridge, Ellen de Genreres, Whitney Houston, Jodie Foster und viele andere
Celebrities. Madonna mischt ein wenig mit und produziert halbseidene Videos mit androgynen
Models und sich selbst natürlich.
"Es gab damals schon ziemlich viel Rummel um meine Person durch mein Coming-out,"
erinnert sich k.d.lang. "Und klar gab es einige Radiomacher, die meine Songs
nicht mehr spielen wollten. Aber die gibt es auch noch heute in Amerika. Im Prinzip
existieren in den USA ja zwei völlig verschiedene Welten nebeneinander. Die
eine ist konservativ und die andere normal (lacht). Aber ich bereue es nicht. Im
Gegenteil, für mich war das Coming-out eine echte Erleichterung. Es ist so wichtig,
gerade wenn man künstlerisch arbeitet und überhaupt: das Leben ist einfach
schöner.
k.d. lang weicht dem Trubel um ihre Person nach einer Weile geschickt
aus und konzentriert sich auf neue künstlerische Wege und Experimente. Ihre
Alben "All you Can Eat" (wer kann, sollte reinhören in "sexuality")
und "Drag" sind hübsche Konzeptalben, die von der Presse zwar beklatscht,
allerdings nicht allzugut verkauft werden.
Erst das im Jahr 2000 erscheinende Album "Invincible Summer" scheint einen
Umbruch, nicht nur künstlerisch, sondern auch persönlich zu signalisieren.
k. d. lang lebt mittlerweile in Los Angeles, ist öffentlich neu verliebt und
singt entsprechend fröhlich. Madonna hatte einen neuen Produzenten empfohlen,
die CD wird irgendwie nett; "Summerfling" wird ein kleiner Hit.
Die 2001 stattfindende Tournee "Live by request" bringt k. d. lang wieder
in Erinnerung weltweit, das entsprechende Video und die CD erscheinen im gleichem
Jahr, die Fans sind glücklich, zumal es k.d. lang offensichtlich Spaß
macht, mit dem Publikum zu flirten. "Ich bin jedesmal erstaunt, wie unterschiedlich
das Publikum ist. Es hängt nicht nur von den Orten ab, sondern manchmal auch
von ganz anderen Dingen wie zum Beispiel dem Wetter, wie das Publikum drauf ist.
Und dabei können die Unterschiede zwischen Boston und New York größer
sein als zwischen Hamburg und Los Angeles."
Ihren großen Hit "Constant Craving" immer wieder singen zu müssen,
nervt sie überhaupt nicht: "Im Gegenteil! Ich finde, es zeichnet eine gute
Musikerin aus, sich immer wieder neu mit ihren Stücken zu beschäftigen,
eine neue Herangehensweise zu finden und andere Interpretationsmöglichkeiten
zu erarbeiten."
2002 erfüllt sich k.d. lang einen langgehegten Wunsch, nämlich mit Altstar
Tony Bennet zusammenzusingen. Die CD "What a wonderful world" erstaunt
KritikerInnen wie Fans gleichermaßen. k.d. lang scheint sich auf ihre Jazzqualitäten
zu besinnen und becirct Tony Bennet (wie auch einige Jahre vorher ihren Duettpartner
Roy Orbison) durch ihren pieksauberen Gesang.
Auf ihre Fähigkeit angesprochen, so sauber intonieren zu können wie kaum
eine andere Sängerin, lächelt sie: "Danke für das Kompliment,
aber ich arbeite natürlich auch hart dafür. Grundlage ist sicherlich ein
gewisses Talent, aber wie alle Sängerinnen muss auch ich regelmäßig
üben, mich mit meiner Stimme und mit Musik beschäftigen. Ich glaube auch,
dass meine Stimme im Laufe der Jahre gereift ist. Aber durch die intensive Beschäftigung
mit ihr verstehe ich sie eben immer besser."
Nun meldet k. d. lang sich zurück mit "Hymns of the 49th parallel",
einer Hommage an ihr Heimatland Kanada und Kanadische SongwriterInnen. Also einem
wieder ganz anderen Konzeptalbum.
Der 49. Breitengrad ist zum großen Teil die einmal willkürlich gezogene
Grenze zwischen den USA und Kanada. Und noch immer sitzen die Vorurteile über
Kanada tief in den Köpfen vieler US-AmerikanerInnen - tatsächlich gibt
es Jahr für Jahr nicht wenige US-TouristInnen, die beim Grenzübertritt
Schnee, Elche, Mounties und Holzfäller erwarten - Wildnis eben. Dass dem nicht
so ist, dass KanadierInnen eben auch künstlerisch arbeiten und gearbeitet haben,
das möchte k.d. lang mit diesem Album sozusagen beweisen.
"Ich wollte eine Art Kanadisches Songbuch zusammenstellen, das es bislang so
noch nicht gab und das weiterentwickelt werden soll", so Sängerin.
Die Grundlage für dieses Liederbuch sind Songs der bekanntesten Kanadischen
SongwriterInnen wie z. B. Leonard Cohen, Joni Mitchell, Bruce Cockburn, Neil Young
und Jane Siberry.
"Diese Songs haben mich musikalisch und persönlich geprägt, sie sind
sozusagen ein Teil von mir, wobei Jane Siberrys "the Valley" mein absolutes
Lieblingsstück ist", so k.d. lang.
Grundlage für die Originalität des Albums lieferte sicherlich auch Co-Produzent
Ben Mink, jahrelanger Wegbegleiter von k.d. lang, der sich 2000 eine Auszeit nahm,
als er Vater wurde. "Ben und ich sind seit über zehn Jahren befreundet,
und ich bin sehr glücklich, dass er nun wieder mehr Zeit zum Arbeiten hat. Er
ist einfach ein fantastischer Musiker, sowohl auf der Geige als auch auf der Gitarre."
Minks Einfluss ist nicht zu überhören auf "Hymns of the 49th parallel",
das übrigens bei Nonesuch, einem der renommiertesten Jazzlabels erschienen ist.
Alle Songs sind sparsam intrumentalisiert, bewusst wird auf Percussion verzichtet,
wobei Joni Mitchells "Jericho" die einzige Ausnahme bildet.
Von der Popmusik hat sich k.d. lang zwar damit nun nicht völlig verabschiedet,
es gibt aber auch noch keine konkreten Pläne für neue Projekte: "Ehrlich
gesagt: Die Unvorhersehbarkeit, mit wem ich arbeiten werde, ist für mich aufregender
als jetzt schon zu planen. Ich bin offen für alles - außer für die
Schauspielerei, das Kapitel habe ich abgeschlossen. "Salmonberries" war
eine interessante Erfahrung, aber ich habe dabei auch gelernt, dass ich Musikerin
bin und eben keine Schauspielerin. Naja, und außerdem bin ich bis zum Frühjahr
auf Tournee, wobei ich mich wirklich sehr freue, nach Europa zu kommen. Es ist schon
toll, dort ein Teil der Kultur zu werden und gleichzeitig doch irgendwie zu Besuch
zu sein."
Wer jetzt allerdings hofft, Ms lang würde während ihres Aufenthaltes auch
einmal die ein oder andere Szenebar besuchen, wird enttäuscht: "Sorry,
ich muss mich zwischen den Konzerten einfach ausruhen und fit machen. Da bleibt keine
Zeit für nächtliche Ausflüge. Kommt am besten in mein Konzert!"
Ulrike Anhamm |
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