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von
Ulrike Fokken
Wer hoch fliegt,
fällt tief. Diese Lebensweisheit wird leider auch im Herbst Volker Beck, Initiator
von Bündnis90/Die Grünen zum Lebenspartnerschaftsgesetz, wieder in den
Sinn kommen. Die von CDU oder CSU regierten Bundesländer werden dem seit Anfang
Juli vorliegenden Gesetzentwurf dann nicht zustimmen. Mit dem Plazet dieser Länder
steht und fällt jedoch das gesamte Gesetzesvorhaben. Sie müssen nicht
nur einzelnen Teilen der im Volksmund Homo-Ehe genannten Gleichstellung zustimmen,
sondern dem Kernstück der rot-grünen Reform: Der Eintragung beim Standesamt.
Dieses Amt fällt unter die Länderhoheit und der Bund hat dort nichts zu
sagen.
Fraglich ist jedoch, ob das Lebenspartnerschaftsgesetz überhaupt bis in den
Bundesrat kommt. Denn auch die SPD hat eigentlich kein wirkliches Interesse an dem
Gesetz. Das Herz der Sozialdemokraten schlägt ja bekanntlich links, also in
denselben strukturkonservativen Idealen tickend wie das der CDU- und CSU-Mitglieder.
Führer der Ablehnungsfront in der SPD ist Innenminister Otto Schily, der schon
im Vorfeld die Arbeiten an dem Gesetzentwurf verschleppt hat. Seine Gegenspielerin
ist Justizministerin Herta Däubler-Gmelin. In dem Maße wie Schily aus
weltanschaulichen Gründen gegen Homosexualität ist, sieht Däubler-Gmelin
es als Selbstverständlichkeit an, Lesben und Schwule mit den gleichen Rechten
und Pflichten wie Heteros zu versehen. Allein - sie ist Realistin und eine erfahrene
Politikerin. Denn schließlich steht auch Kanzler Gerhard Schröder nur
bedingt hinter dem Entwurf. Schröder wird nur solange dem Treiben der Bundestagsfraktionen
zuschauen, wie er nicht öffentlich Stellung zu diesem peinlichen Thema beziehen
muss. Soweit darf es also nicht kommen.
Eine elegante Möglichkeit bietet sich in den Bundestagsausschüssen. Immerhin
werden von dem Gesetzesvorhaben an die 160 Einzelgesetze aus allen Bereichen berührt.
Mit anderen Worten: Alle Ausschüsse des Bundestages werden sich mit dem Konvolut
befassen müssen. Und abstreichen. Die Parlamentarier aus allen Parteien werden
solange an dem Gesetz herumfuhrwerken, bis eine sichere Variante herauskommt. Sicher,
um vor dem Bundesverfassungsgericht zu bestehen. Und sicher, um gar nicht mehr den
Bundestag passieren zu müssen. Es wird dann das herauskommen, was Herta Däubler-Gmelin
schon im Februar diesen Jahres vorgelegt hat und worüber sich der Funktionär
des Lesben- und Schwulenverbandes Deutschland, Volker Beck, zu Recht aufgeregt hat.
In der Sache ist er dann keinen Schritt weitergekommen. Lesben und Schwule werden
dann mehr Rechte beim Vermieter haben, im Krankenhaus an das Bett ihres Lebenspartners
vorgelassen werden und vielleicht das Zeugnisverweigerungsrecht haben. In einigen
Gesetzen wird außerdem die neutrale Formulierung Lebenspartner statt Ehepartner
auftauchen. Aber gesetzliche Gleichstellung wird es für eine der größten
Minderheiten in diesem Land nicht geben. Volker Beck wird sich hinstellen und "leider,
leider" sagen. Und der LSVD hat weiterhin ein Leitthema, mit dem sich die Existenz
dieses Vereins rechtfertigen lässt. Weniger wäre mehr gewesen. Weniger
Pathos für den großen Wurf wäre mehr Spielraum für spätere
Verhandlungen mit der Bundesregierung gewesen. Nach dem Herbst wird fast vollständige
Gleichstellung von Lesben und Schwulen in unabsehbare Zukunft verschwinden. So bleibt,
was Lesben und Schwule immer getrieben hat: Die Hoffnung auf liberale Zeiten.
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