Rude Girls  
  Gewalttätige Mädchengangs sind in Großbritannien ein Thema, dass immer mehr Schlagzeilen macht. Das diesjährigen BRITTSPOTTING Festival zeigte einen Dokumentarfilm mit dem Titel RUDE GIRLS, der dem Phänomen auf den Grund gehen will. Morgan Mathew begleitet drei sehr unterschiedliche Mädchengangs, die sich erstaunlich offen vor der Kamera äußern.

Ihr Stil orientiert sich an US Jungengangs, aber die Mädchen bleiben unter sich. Eine Londoner Clique wird von Rudee und Char Char angeführt und besteht ausschließlich aus schwarzen Mädchen. Ihre Spezialität ist Jungs anzugreifen - notfalls werden auch Mädchen vertrieben, die " keinen Selbstrespekt haben und sich Jungs an den Hals werfen." Rudy und die anderen sind permanent auf Randale gebürstet - für sie Gegenwehr gegen den allgegenwärtigen Rassismus. Aber ihre Feinde sind weniger das weiße Establishment, sondern z.B. pakistanische oder indische Taxifahrer, die die ziemlich besoffenen Freundinnen nicht heimfahren wollen. Auch die Kossovaren sollen, ginge es nach ihnen wieder verschwinden. Schmerz und Trauer wird nicht zugelassen, sondern sofort in Wut verwandelt.

Sherry und Rachel - zwei 14 jährige, weiße Mädchen leben in unmittelbarer Nachbarschaft einer orthodoxen jüdischen Gemeinde. Sie gehen nicht zur Schule - das frühe Aufstehen liegt ihnen nicht und sie legen viel Wert auf sorgfältig gestylte Frisuren. Im Wohnblock gibt es aggressive Jungen, die den Mädchen nachstellen und nur auf eine Gelegenheit warten, sie zu vergewaltigen. Oft genug entkommen sie nur mit knapper Mühe. Nach solchen Erfahrungen gehen sie gern zur jüdischen Grundschule und ergehen sich in antisemitischen Pöbeleien. Hier haben sie nichts zufürchten.

Auch außerhalb von London, gibt es Mädchengangs, die sich Blutsschwesterlich "auf immer und ewig" verbunden sind. Sie knacken vor allem Autos, fahren damit eine Weile und stellen sie irgendwo ab. Die selbsternannte Chefin Dee sagt von sich sie sei "a very bad girl", und würde von der Polizei gesucht. Dee wird von ihrer besten Freundin Stacey grenzenlos bewundert. Die ist 15 und hoch schwanger. Sie hat sich für die Mutterschaft entschieden und weiß doch schon, dass sie es bereuen wird. Als das Baby da ist, bleibt nichts wie es war. Die junge Mutter ist restlos überfordert und geht ziemlich ruppig mit dem Kind um. Sie ist wütend auf das Baby, denn seinetwegen kann sie nicht mehr mit den anderen rumziehen. Die Freundschaft zwischen den Mädchen beginnt zu leiden, beide fühlen sich von der anderen im Stich gelassen - irgendwann ist nur noch Enttäuschung und Wut. Überraschenderweise ist Dee jedoch die Isolierte. Ihre ehemalige Herzens Freundin verbündet sich mit einem anderen Mädchen - Dawn. Gemeinsam wollen sie das gestürzte Idol bei der Polizei anschwärzen, doch dort erfahren sie zu ihrem Erstaunen, das gegen Dee nichts vorliegt. Alles war nur Wichtigtuerei.

Morgan Matthews Dokumentation ist sehr empathisch und bemüht, die jugendlichen Protagonistinnen nicht vorzuführen, sondern zu zeigen, wo ihre Wut herkommt. Sie sind gleichzeitig Opfer und Täterinnen, die aus denkbar schlechten Voraussetzungen heraus nach Bestätigung und Gemeinschaft suchen. Hoffentlich kommt dieser Film noch bundesweit ins Kino.

Jessica Jacoby
 
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