|
Es geht doch nichts über eine
perfekte PR-Maschinerie. Sie macht es möglich, dass bisweilen selbst mittelprächtige
Unterhaltung für große Kunst gehalten wird. Francois Ozons Musical-Comedy
"8 Femmes" scheint mir ein gutes Beispiel dafür. Warum eigentlich
die Presse diese Produktion auf der diesjährigen Berlinale so hoch gepuscht
hat, kann ich schwer nachvollziehen, zumal Francois Ozon sein Publikum auf eine falsche
Fährte lockt: Auf den ersten Blick wirkt der Film im Setting der 50er Jahre
wie eine Hommage an die glorreichen Acht des französischen Kinos: Catherine
Deneuve (die verwöhnte, kühle Dame des Hauses), Fanny Ardent (die mondäne
Schwägerin), Isabelle Huppert (die verbitterte Schwester), Emmanuelle Béart
(das energisch laszive Dienstmädchen), Danielle Darrieux (die Großmutter),
Ludivine Sagnier (die jüngste Tochter der Hausdame) Virginie Ledoyen (deren
ein bisschen ältere Schwester), und Firmine Richard (die farbige Köchin).
Auf subtiler Ebene aber wischt der Regisseur Frauen eins aus. Denn seine Heldinnen
bilden nicht etwa eine starke Seilschaft, sondern geraten - wie leider so oft im
üblichen Hetero-Mainstream ó als streitlustige Hyänen aneinander. Ozon
selbst machte aus seiner Häme keinen Hehl, zumal er ursprünglich ein Remake
von George Cukors Misogynenstück "Die Frauen" (1939) vorschwebte,
woraus aber nichts wurde, weil die Filmrechte bereits an Julia Roberts und Meg Ryan
vergeben waren. Seine Agentin machte Ozon in der Folge auf das Boulevardstück
"8 femmes" des in Vergessenheit geratenen Schriftstellers Robert Thomas
aufmerksam, das dann zur Vorlage für ein Drehbuch wurde, in dem Frauen "wie
Löwinnen in einer Arena" aufeinander losgehen, um des Regisseurs eigene
Worte zu gebrauchen. Alle Figuren sind letztlich neurotische, verklemmte und hysterische
Wesen, die sich hässliche Dinge sagen. Da fallen dann Sätze wie: "Ich
mag eine gescheiterte Bürgerliche sein. Du aber bist eine gescheiterte Hure".
Besonders exaltiert gebärdet sich Isabelle Huppert, die als alte Jungfer und
Blaustrumpf um jeden Preis komisch sein will.
Die
Handlung ist schnell erzählt: Von der Außenwelt gänzlich abgeschnitten
verbringen die Belles ein paar Tage im Landhaus. Am Tag der Bescherung finden sie
das einzige männliche Familienoberhaupt mit einem Messer im Rücken, und
die große Preisfrage lautet: Wer hat ihn umgebracht. So verdächtig jede
von ihnen ist: Die Aufklärung des Falls nimmt eine unerwartete Wende.
Das alles ist nicht sehr aufregend und spannend. Eine Szene allerdings wird in die
Geschichte des lesbischen Kinos eingehen: Kurz vor Schluss wälzen sich die überirdisch
schöne Catherine Deneuve ó hier als reiche Witwe im Leopardenfell - und die
nicht minder attraktive rotgewandete Fanny Ardent küssend am Boden ó zunächst
im Streit, dann in Lust. Wer dächte da nicht unweigerlich an die Deneuve, wie
sie in "Begierde" Susan Sarandon verführte. Allein dieses prickelnden
Moments wegen lohnt sich dann doch der Kauf einer Kinokarte.
Alle
übrigen 105 Minuten füllt Ozon streng genommen nur mit Gemeinheiten und
Slapsticks. Die Schlusspointe ist neben der kleinen Lesbennummer das Beste, was dieser
Film zu bieten hat. Mag wer einwenden, nicht auf die Story komme es bei diesem Streifen
an, sondern allein auf Charme, Esprit und Wandlungsfähigkeit der Darstellerinnen,
denen obendrein je ein Song und ein Tanz vorbehalten ist. Doch im Grunde verschenkt
Ozons flaches Drehbuch ó zuvor hatte er das so zärtliche und starke Frauenporträt
"Unter dem Sand" mit Charlotte Rampling gedreht - das Potenzial seiner
starken Königinnenriege. Schließlich sollte "8 femmes" kein
Werbespot für französische Markenartikel von Lancôme oder Dior werden,
sondern eine Krimikomödie.
Kirsten Liese
Der Film startet bundesweit am 11. Juli |
|