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Ich weiß
nicht, wie es Ihnen geht, aber mich hat das Urlaubsfieber
wieder gepackt. Vielleicht kennen Sie das ja auch. Immer wenn es mal so drei bis
vier Tage lang sonnig und geradezu heiß war, löst dieser Klimazustand
in mir dazu passende Gerüche, Töne und andere atmosphärische Assoziationen
aus.
Ich
denke an Cocktailparties auf dem Pier von Brighton, auf denen mit Bombay Saphire
auf den Untergang von Margret Thatcher angestoßen wurde, oder auf Regattanachmittage
an der Themse. Sie wissen schon ñ die Oxford-Damen gegen Cambridge oder umgekehrt.
Anschließend dann die Siegesfeiern mit den Oxford-Damen oder umgekehrt. Wo
war ich? ... ach ja, ... der Sommer.
Manche begeben sich ja auch in zweifelhafte Abhängigkeiten. So buchen sie zum
Beispiel eine Ferienreise im Erlebnisressort oder noch schlimmer in einem Selbsterfahrungscamp
mit gemeinsamen Vollmondfeierlichkeiten. Dabei reicht doch schon ein ganz normales
Großraumbüro mit sagen wir mal acht Mitarbeiterinnen, um einen Lagerkoller
zu bekommen und eine Gehaltserhöhung für eine all-you-can-eat-Pauschale
zu erhalten.
Nehmen wir nur mal das Büro von Inspektor Craddock: sechs viktorianische Schreibtische
in einem winzigen Büro, welches ursprünglich die Abstellkammer der Etagenputzfrau
war und sechs verschiedene Charaktere. Um das aushalten zu können, bedarf es
menschlicher Größe. Einer frißt zum Beispiel ständig - egal,
ob in einem Mordfall oder in einem Handtaschendiebstahl zu ermitteln ist. Selbst
in der Pathologie frißt dieser Kerl noch Sandwiches, Crispies und was weiß
ich nicht noch alles. Die Kollegin hingegen kommt, wann sie will. Und wenn nach einem
Massaker die Leichen um Scotland Yard herum aufgetürmt wären. Vor elf Uhr
würden sie nicht begutachtet, denn erst dann taucht Madam wieder auf. Nur um
dann um drei die Akten zu schließen, oder an London weiterzugeben. Sie hat
übrigens
was mit der Abteilungsleiterin. Oder die Lady gegenüber unseres Inspektors.
Sie scheint alle ihre Haare zu verlieren. Anders ist es nicht erklärbar, daß
Inspektor Craddock jeden Tag auf Mantel, Hose, Autositz oder auch Briefen und Akten
büschelweise brünettes Frauenhaar entfernen muß. Vielleicht ja auch
eine Art Liebesbeweis der Dame. Ich kenne mich bei diesen heterosexuellen Gepflogenheiten
ja nicht aus, aber vieleicht ist das ja so eine Art Inbesitznahme durch Applizierung
persönlichen Besitzes. Ich sollte mich vielleicht Miss Freud nennen.
Also, mich jedenfalls würde es danach nach mehr Individualität im Urlaub
gelüsten. Was aber passiert? Mr. Miller und Mrs Smith sitzen sich in einem Großraumhotel
im Frühstücksraum am Buffet gegenüber, um sich über sein Schmatzen
und ihr Pupsen aufzuregen, während sie an ihren Haaren zupft und sie - wie rein
zufällig - jemandem an die Klamotten zu pappen. Diesmal an einen Minirock, der
zum vierten Male zum Frühstücksbuffet geht, auf dem es sowieso nur noch
Stilton und labbriges Weißbrot gibt. Na meine Liebe, sind wir etwa auf Abwegen
und machen den Urlaub zum Experimentierfeld? Ihr brünettes Haar paßt doch
gar nicht zu Ihrem schweißnassen verklebten schwarzen Achselhaaren, die unter
dem rosa Trägerchen lustig hervorlugen. - Widerlich!
Warum erzähl ich Ihnen das eigentlich alles? Ich weiß es auch nicht. Das
sind eben so Gedanken, die einem im Urlaub so hochkommen. Ich stehe an diesen wundervollen
Kreidefelsen, Sie wissen schon, die Seven sisters und an was denke ich? An so einen
Mist!
Neulich war ich im Gartencenter. Dort hat dieser Mr. Austin, angeblich eine Koryphäe
in der Rosenzucht eine neue Marketingidee umgesetzt. Er hat eine lebensgroße
Pappmaché-Figur mit dem Antlitz der nicht unbekannten Schauspielerin Margret
Rutherford aufstellen lassen, um für englische Rosen zu werben. Und wissen Sie,
was dieser Kerl sich erdreistet: Er nennt diese Pappfigur Mrs. Marple! Das nenne
ich infam. Das wäre das Gleiche, als würde ein Konterfei von Prinz Charles
für Mike Tyson werben.
Oder das von Camilla für den Erhalt der Monarchie. Dass ich das noch erleben
muß...
Bis zum nächsten Mal...
(Photo:
Max Kohlhaas, Bonn) |
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