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Der polnisch-stämmige
Regisseur Pawel Pawlikowski hat mit dem Spielfilm "My summer of love" einen
Roman von Helen Cross verfilmt, der von einer Sommerliebe zwischen zwei Mädchen
erzählt. Der Film wurde mit mehreren Preisen, u.a. für Natalie Press als
beste Nachwuchsschauspielerin, ausgezeichnet.
Monas
Welt scheint Kopf zu stehen, als sie eines Tages, just als sie im Gras liegt, Tamsin
begegnet, hoch zu Ross. Sie da unten ó die da oben. So auch die gesellschaftliche
Ordnung, die beide an ihre Plätze verweist. Die elternlose Mona in den Pub zu
ihrem Bruder, der gerade vom Teufel zu Gott gefunden hat, die Internatsschülerin
Tamsin in ihr großbürgerliches Elternhaus. Hinter der Fassade der gesellschaftlichen
Rangordnung erkennen und finden sich die beiden und verbringen einen Sommer miteinander,
in dem die Anziehung füreinander immer größer wird. Ähnlich
wie in dem Spielfilm "Heavenly creatures" von Peter Jackson kreieren sich
die beiden Mädchen ihre eigene Welt, schließen die Außenwelt aus.
Nur endet ihre Liaison nicht tödlich, als Monas religiös-fanatischer Bruder
die beiden zu trennen versucht. Ein Versuch, für den die Mutter der "himmlischen
Kreaturen" in der wahren Geschichte von Peter Jackson noch mit dem Tod bezahlen
musste.
Die beiden schwören sich ewige Liebe, schwören, einander umzubringen, sollte
eine von ihnen die andere verlassen. Sie tauchen tief in ihre Welten ein. Tamsin
in Monas reale Welt voller Tragödien; Mona in Tamsins Scheinwelt. Sie wollen
einander ebenbürtig sein. So äußert Mona den Wunsch, später
Rechtsanwältin zu werden, und Tamsin erzählt vom tragischen Magersuchtstod
ihrer älteren Schwester. Jede will der anderen beweisen, nicht dem Rollenklischee
zu entsprechen. Mona nicht dem des typischen Yorkshire-Mädchens aus armen Verhältnissen
und Tamsin nicht dem der verwöhnten Prinzessin aus einem sorgenfreien Elternhaus.
Natalie Press und Emily Bunt spielen die Liebesgeschichte von Mona und Tamsin überzeugend,
lebensnah, intensiv. Sie ergänzen sich, profitieren voneinander, suchen in der
anderen das, was sie selber nicht haben. Sie sind leidenschaftlich und zärtlich,
dann wieder verspielt und voller Intrigen gegen ihre Mitmenschen. Sie rauchen, trinken
und nehmen Drogen. Zwei Teenager auf der Gradwanderung zum Erwachsenwerden.
Wie
sehr sich Mona und Tamsin aufeinander einlassen, wie sehr sie in ihrer Welt leben,
zeigt Pawel Pawlikowski in einer Szene, in der die beiden in einem Club tanzen.
Zu der Musik von Goldfrapp. Entrückt, auf "Magic Mushrooms". Die Kamera
fängt die beiden ein, konzentriert sich auf das Paar, lässt die Mittanzenden
zu Schattengestalten werden. Licht hüllt sie in einen außerirdischen Schein.
Es ist die Nacht, nach der sie sich schwören, sich niemals zu verlassen. Doch
dann bricht die Wirklichkeit über sie herein. Zum einen in Gestalt des Bruders,
der Mona nach Hause holt und einschließt. Zum anderen in Form der zu Ende gehenden
Schulferien, denn Tamsin muss zurück ins Internat. Mona kann sich aus ihrem
Gefängnis befreien. Tamsin folgt dem Gebot der Konvention. Und als die beiden
sich ein letztes Mal an dem Fluss begegnen, in dem sie sich zum ersten Mal küssten,
kommt es zum finalen Show-down und zu einem Happy End, das auf den ersten Blick keines
zu sein scheint.
Dagmar Trüpschuch
My summer of love
Regie: Pawel Pawlikowski
Mona: Natalie Press
Tamsin: Emily Blunt
GB, 2004
Kinostart: 30.06.2005 |
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