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Sydney 2002: Gay Games VI Sport and Cultural Festival  
 

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  "The best Olympic Games ever!" Auf diesen Satz hatte die australische Nation mit angehaltenem Atem gewartet. Als Antonio Samaranch ihn bei der Schlussfeier in Sydney aussprach, brach ein Jubelsturm los. Verdienter Stolz, denn nie zuvor hatten Olympische Spiele so reibungslos und in einer solch freundlichen und entspannten Atmosphäre stattgefunden. In ziemlich genau 18 Monaten, am 2. November 2002, erlebt die Olympia-Stadt am anderen Ende der Welt erneut ein sportliches und kulturelles Großereignis: Sydney ist Gastgeberin der sechsten Gay Games.

Mindestens ein Moment der Eröffnungsfeier zu den olympischen Spielen ist vielen noch gut in Erinnerung: Eine ganze Staffette weiblicher Olympiastars, einschließlich der lesbischen Schwimm-Ikone Dawn Fraser, trug das olympische Feuer durchs Stadion bis hin zum spektakulären Wasser-Einsatz Cathy Freemans. Warum noch mal das Ganze? Ach ja: 100 Jahre Beteiligung von Frauen an den olympischen Spielen wurden gefeiert. Der Frauenanteil unter den Olympischen AthletInnen in Sydney war übrigens 38 %. Sicher noch nicht die Welt, aber im Vergleich zu den 1,6 % von 1901 doch ein gewaltiger Fortschritt.

Die VeranstalterInnen der Gay Games haben sich jedoch ein noch viel ehrgeizigeres Ziel gesetzt: flotte 50 % Frauenanteil wollen sie erreichen! Amsterdam 1998 hatte immerhin 42 %, In New York 1994 waren es noch 38%. Allein: die Realität sieht bislang noch anders aus. Trotz aller guten Vorsätze ist der Frauenanteil bei den bisher sonst weit über Plan laufenden Registrierungen einer der größten Wehrmutstropfen für die Truppe aus Sydney. Seit offiziellem Start der Registrierung am 1. März dieses Jahres schwankt er so um magere 25 - 30 %. Weitab der hehren Ziele also.

Dinah CohenWas tun? Dinah Cohen ist eine der derzeit erst sechs festangestellten MitarbeiterInnen (dazu kommen allerdings schon jetzt rund 200 Freiwillige) von Sydney 2002 Ltd., der Non-Profit-Organisation, die von der Federation of Gay Games in San Fransisco 1993 den Zuschlag zur Austragung der sechsten Gay Games erhalten hat. Als Outreach Managerin fallen die verschiedenen bislang bei Gay Games chronisch unterrepräsentiert Zielgruppen in ihren Verantwortungsbereich, für die in Sydney an speziellen Förderprogrammen gearbeitet wird. Neben Teilnehmern aus dem asiatisch-pazifischen Raum sind dies etwa australische Ureinwohner, junge Schwule und Lesben unter 25 und eben Frauen.

"Wir sind schon besorgt über die bisher so geringe Frauenquote bei den Registrierungen," meint Dinah etwas enttäuscht. "Klar, dass die Reisekosten nach Sydney wohl für viele ein Grund sind, sich die Teilnahme an den Gay Games dreimal zu überlegen. Und das scheint leider besonders auf die Lesben zuzutreffen. Da spiegelt sich einfach gesellschaftliche Realität: Frauen sind im Durchschnitt immer noch ärmer als Männer. Das bedeutet auch, dass bei den Lesben der Pink Dollar eben oft nicht ganz so locker sitzt wie bei manchen Schwulen. Ich kann schon verstehen, dass sie noch etwas zögerlich sind mit ihrer Anmeldung für Sydney. Andererseits verpassen sie dadurch am Ende die günstigere Rate für Registrierungen bis Ende Oktober diesen Jahres von 165 statt 195 US$. Und dann ist auch der Kurs des australischen Dollar für die meisten Ausländer derzeit besonders vorteilhaft. Die Lebenshaltungskosten in Sydney sind dadurch für Besucher am Ende recht günstig."

Unterstützt wird Dinah in ihren Bemühungen von der rührigen Womenís Advisory Group, einer Truppe Freiwilliger, die an Lösungsansätzen arbeitet. Besonders konzentriert sich die Gruppe derzeit auf Kommunikation, auf Möglichkeiten, Lesben rings um die Welt zu kontaktieren, zu vernetzen und einzubinden. Auf der website der Gay Games unter
http://www.sydney2002.org.au gibt es einen eigenen Bereich für Frauen, unter dem bald laufend speziell für Frauen relevante Informationen zusammengetragen werden. Mit einem weit gestreuten Email-Rundschreiben suchen die VeranstalterInnen von Sydney 2002 Kontakt zu Lesbengruppen rings um die Welt. Eine eigene email-Adresse women@sydney2002.org.au steht zur Verfügung und Anfragen werden in aller Regel innerhalb weniger Tage beantwortet. Zu einem Diskussionsforum Ende Mai in Sydney sind alle Interessierten herzlich eingeladen, Ideen und Vorschläge einzubringen, wie ein spezielles Frauenprogramm während der Gay Games aussehen könnte. Der Lesbenszene Sydneys soll ganz bewusst Gelegenheit gegeben werden, sich einzubringen und mit den Gay Games zu identifizieren. Und um mögliche finanzielle Schwierigkeiten und zum Teil andere Bedürfnisse möglichst auszugleichen, sollen Frauen beim hosted housing Programm, also Unterkunft bei Einheimischen, bevorzugt berücksichtigt werden. Um sich hierfür anzumelden, brauchen sie während der Online-Registrierung einfach nur das entsprechende Kästchen anzukreuzen.

Kate Rowe ist das Gesicht hinter dem email-Kontakt für Frauen. Sie sagt von sich selbst, dass sie den Gay Games hoffnungslos verfallen sei. Schon seit 1997 arbeitet sie als Freiwillige mit. "Ich war letztes Jahr als Outreach-Vertreterin für Sydney 2002 bei den Eurogames in Zürich. Die haben dort einen gigantischen Standard gesetzt mit 52 % Frauenbeteiligung. Wir hoffen schon drauf, dass diese Frauen nun mit dem Sportvirus ëinfiziertí sind und auch nach Sydney kommen werden. Wir bauen auf die Frauen aus Europa! Und wir werden auch bei den Eurogames vom 2.-8. August in Hannover wieder vertreten sein. Leider haben ja viele Frauen immer noch falsche Vorstellungen von den Gay Games und glauben, das sei nur eine Veranstaltung für Sportbesessene."

Was also sind die Gay Games? "Der wichtigste Unterschied etwa zu den Olympischen Spielen ist, dass es bei den Gay Games keinen Mindeststandard für die Teilnahme gibt", so Dinah. "Jede kann mitmachen, selbst, wenn sie den Sport bei den Games zum ersten Mal ausprobiert. Unser Motto ist Integration, Mitmachen und Persönliche Bestleistung. Es geht also vor allem um den Spaß, darum, dass alle mitmachen können und sollen, egal ob schwul, lesbisch, bi, transgender, hetera, grün, oder blau. Und Maßstab für den Erfolg ist, für sich selbst das Beste zu geben. Deshalb gibt es in fast allen Sportarten unterschiedliche Klassen von Anfängern bis zu echten Koennern.

Goldmedaillen-Gewinnerin im Bodybuilding 2001Und dann sind die Gay Games natürlich immer auch eine gewaltige Feier unserer Community rund um die Welt. Wo sonst hat man die Gelegenheit, Lesben und Schwule aus der ganzen Welt zu treffen und eine Woche lang zusammen zu feiern. Ich freue mich immer, wenn ich sehe, dass sich schon Leute aus Ländern wie Venezuela, Weißrussland, Zimbabwe, Puerto Rico oder Sri Lanka angemeldet haben. Das ist für mich persönlich eine unglaubliche Motivation, wenn ich denke, dass sich Leute wirklich rund um die Erde schon darauf freuen und vorbereiten, zu ëunserení Gay Games zu kommen. Mit dem Gedanken tröste ich mich schon mal über so manches durchgearbeitete Wochenende. Und besonders freue ich mich auch auf Frauen aus Deutschland. Ich war letztes Jahr für drei Monate in Hannover mit der Internationalen Frauenuniversität. Das war eine tolle Zeit. Und jetzt brauche ich dringend Leute, mit denen ich mein ëTschüssí üben kann...," grinst sie und zwinkert dazu.

Schon jetzt liegen fast 2300 Registrierungen aus 49 Ländern vor. Die meisten stammen mit ueber 900 aus den USA, gefolgt von Australien (418), den Niederlanden (247) und Deutschland (142) schon auf Platz vier. "Das ist eigentlich recht leicht zu erklären", meint Kate Rowe. "Die USA hatten 1982 und 1986 in San Francisco und 1994 in New York einfach schon drei mal Gay Games im eigenen Land. Die Australier haben diesmal Heimvorteil. Und die letzten Gay Games waren in Amsterdam, deshalb der hohe Anteil von Holländern und Deutschen. Als nächste kommen dann die Kanadier, die hatten 1990 mit Vancouver auch schon mal Gay Games vor der eigenen Haustür. Der Trend ist klar: wer einmal Gay Games erlebt hat, lässt sich das möglichst nicht wieder entgehen. Die Stimmung ist einfach magisch!"

Insgesamt 14.000 Teilnehmer und noch mal 25.000 "Nur"-Besucher erwarten die VeranstalterInnen von Sydney 2002. Diese Ziele sind eher konservativ gesteckt, denn obwohl die Gay Games bisher noch jedes Mal stark gewachsen sind, haben sich die Australier damit nur vorgenommen, die Zahlen von Amsterdam wieder zu erreichen. Zur Wahl stehen 31 Sportarten von Aerobic über Badminton, Fußball, Golf, Kampfsport, Pool Billiard, Ringen, Tanzen, Triathlon bis hin zu Volleyball und Wasserpolo. Am gefragtesten sind bisher Schwimmen, Tennis, Leichtathletik und Marathon. Genauso im Programm sind verschiedene Kulturwettbewerbe wie das Internationale Chorfestival, ein Video- oder auch ein Gedichtwettbewerb und speziell für Frauen der Womenís Circus: unter fachkundiger Anleitung kann frau an ihren artistischen Fähigkeiten arbeiten und schliesslich sogar auftreten. Oder das Konferenz- und Workshop-Programm zu speziellen schwullesbischen Aspekten von Menschenrechten, Gewerkschaften, Homophobie, Gesundheit und mehr. Oder eben doch nur einfach ein Urlaub in Sydney, um die ganzen Veranstaltungen und Partys rund um die Gay Games entspannt als Besucherin zu genießen.

warm up"Ich persönlich würde aber jeder raten, sich wenigstens ein Event als Teilnehmerin auszusuchen", meint Kate, selbst begeisterte Radfahrerin und in Amsterdam zweifache Goldmedaillengewinnerin. "Auch wenn viele Leute die Teilnahme an den Gay Games sehr ernst nehmen, hart trainieren und durchaus sehr beeindruckende Ergebnisse erzielen: am Ende geht es eben doch vor allem ums Dabeisein. Und es ist eben schon noch mal was anderes, wenn man zum Beispiel bei der Eröffnungsfeier mit einmarschiert. Und man bekommt auch viel besser Kontakt zu anderen Leuten, wenn man mittendrin ist statt nur Zuschauerin."

Und dennoch: auch abseits aller sportlichen oder kulturellen Ambitionen ist Sydney in jedem Fall eine Reise wert. Die 4-Millionen-Metropole auf der Südhalbkugel genießt einen Stammplatz auf der Liste der schönsten Städte der Welt. Dazu hat Sydney eine lebendige und einflussreiche Schwulen- und Lesbenszene. Die "fünfte Jahreszeit" ist in Sydney nicht etwa der Karneval, sondern Mardi Gras, ein alljährlich im Februar stattfindendes knapp vierwöchiges schwullesbisches Kulturfestival mit sattem Theater-, Konzert-, Ausstellungs-, Film- und Partyprogramm und der weltberühmten Parade als Abschluss. Vor sechs Monaten drehte ein englischer Fernsehsender eine sechs(!)-teilige Dokumentarreihe über Sydney als DIE Lesbenmetropole der Welt. Und wenn das alles noch nicht reicht, dann können ja vielleicht die sommerlichen Temperaturen von etwa 26 Grad und die vielen Stadtstrände Sydneys locken, wenn vom 2. bis 9. November 2002 zum ersten Mal auf der Südhalbkugel - "Under New Skies" - die sechsten Gay Games stattfinden.

Es wäre der engagierten Frauentruppe um Dinah und Kate zu wünschen, dass sie ihre hochgesteckten Ziele erreichen und schließlich möglichst viele Besucherinnen sagen können: "These were the best Gay Games ever!"

Daniela Osiander
 
  P.S.: Umfassende und aktuelle Infos zu allen Ereignissen rund um die Gay Games in Sydney 2002 gibt es unter http://www.sydney2002.org.au. Dort finden sich demnaechst auch spezielle Hinweise für Frauen, diverse Kontaktmöglichkeiten und Hilfe zu Reisevorbereitungen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, sich für einen Newsletter per email einzutragen oder sich als Teilnehmerin anzumelden. Der 2002. Mann und die 2002. Frau, die sich registrieren, gewinnen übrigens jeweils einen Freiflug mit Qantas zu den Gay Games.
Wer Kontakt zu deutschen Teams aufnehmen möchte, wendet sich am besten an das Team Berlin; Conny Schälicke stellt alle nötigen Informationen zusammen, die ebenfalls im Internet einsehbar sind:
Team Berlin
c/o Siegessäule
Kulmer Str. 20A
10783 Berlin
Fax/Voicemail: 01805-281 303 600 02
Email:
teamberlin@siegessaeule.de
Web:
www.siegessaeule.de/teamberlin/
 
   
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