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"Selbstbewußtsein in Freiheit - ohne Grenzen"
RegenbogenParade Wien goes EuroPride
 
 

Europride 2001 Aufkleber

 
 

Die Vorbereitungen für den 7. EUROPRIDE 2001 in Wien laufen seit Monaten, denn die Parade am 30. Juni wird in ein ganzes Monat voller Veranstaltungen eingebettet. Während letztes Jahr 100.000 BesucherInnen zur "RegenbogenParade" um die altehrwürdige Wiener Ringstraße kamen, erwarten die OrganisatorInnen dieses Jahr durch die Ausrichtung als gesamteuropäische Veranstaltung zusätzlich einen großen BesucherInnenandrang aus dem Ausland.

Und bieten für jeden Geschmack etwas: Zwischen dem typisch wienerischen Eröffnungsball im Schloßhotel Schönbrunn am 2. Juni und der "Barocken Party" im neu eröffneten Museumsquartier als Ausklang der Parade werden nicht nur Welten liegen, sondern unterschiedlichste events: das lesbischwule Filmfestival "Identities", das Kulturfestival "Wien ist andersrum", der weltberühmte Life-Ball, verschiedenste Ausstellungen, Buchpräsentationen, Parties, pic-nics, aber auch politische und sportliche Veranstaltungen.

Die großartige Unterstützung bei der Organisation des CSD von Seiten der Stadt Wien über die Verkehrsbetriebe (die alle Straßenbahnen mit Regenbogenfahnen beflaggen werden) bis zur Volksoper steht in krassem Gegensatz zur rechtlichen Stellung von Homosexualität in Österreich, die noch immer nicht gleichberechtigt ist. Trotz der Empfehlung der EU, den diskriminierenden Paragraphen 209 abzuschaffen, ist diese Gleichstellung durch die Regierung der konservativen ÖVP und der rechten FPÖ seit 2000 in noch weitere Ferne gerückt.

Über die Bedeutung des EUROPRIDE sprach Michaela Göltl mit Connie Lichtenegger, der Präsidentin des CSD - Vereins, die die RegenbogenParade in Wien bereits zum dritten Mal - ehrenamtlich und ganztägig - organisiert.

Connie Lichtenegger, Photo: Michalea Göltl

lespress: In Wien findet heuer zum sechsten Mal die Regenbogenparade statt. Dieses Jahr ist sie als Europride deklariert, also steht sie stellvertretend für die lesBisch-schwule und Transgender-Bewegung von ganz Europa. Was steht hinter diesem Anspruch bzw. hinter dem sogenannten "europäischen Gedanken" solcher Veranstaltungen?
Connie Lichtenegger: Der Gedanke dahinter ist, jedes Jahr in einer anderen europäischen Stadt ein zentraleuropäisches Fest für und mit der LSBT-Community zu feiern. Es soll auch ein europaübergreifendes Kennenlernen und Austauschen sein. Die rechtlichen Situationen sind ja trotz EU bei weitem nicht in allen Ländern gleich. Österreich hat da eine ziemliche Schlußlichtposition.
Abschluß und auch Höhepunkt jedes Europrides ist ein großer, gemeinsamer Demonstrationszug - in Wien eben die "RegenbogenParade". Europride ist aber nicht nur eine Parade, sondern ein Kunst-, Kultur-, Sport-, Politik- und Party-Festival, speziell in Österreich nun über ein ganzes Monat verteilt.

lespress: Wie unterscheidet sich die Gestaltung des Pride - Monats in diesem Jahr
von den Vorjahren?
C.L.: So etwas wie Europride hatten wir noch nie in Wien. Der CSD Wien gestaltet gemeinsam in Kooperation mit vielen Vereinen, Gruppen und Initiativen ein vielfältiges und hochkarätiges Festival. Diese rege und aktive Teilnahme an unserem gemeinsamen Europride - Monat ist großartig!

lespress: Bei "Europa" muß ich immer auch an "Schengen" denken - und an die Ausgrenzung aller Nicht-EuropäerInnen. Erwartet Ihr einen großen Zustrom von BesucherInnen aus dem Ausland, auch aus den Osteuropäischen und Nicht-Europäischen Ländern?
C. L.: Europride lassen wir sicher kein "Schengen-Mäntelchen" überziehen. Es haben sich auch schon einige Gruppen aus nicht EU-Ländern angekündigt.
Der Verein "Rosa Lila Tip" zum Beispiel richtet speziell eine "Villa Ostblick" ein. Mit Infozentrale und einer Bettenbörse, über die auch online dank www.rainbow.or.at hoffentlich reger Austausch laufen wird, um manchen finanziell weniger gut Gestellten einen Besuch zu Europride möglicher zu machen.

CSD Wien 2000, Photo: Michaela Göltl

lespress: Die RegenbogenParaden, wie der CSD in Wien genannt wird, gibt es erst seit 1996 in einem medienwirksamen Ausmaß. Im Gegensatz zum 31. Pride in SF oder 23. CSD in Berlin ist die Routine wahrscheinlich noch nicht so ausgeprägt. Habt Ihr dieses Jahr durch den Titel EUROPRIDE mehr Lampenfieber?
C. L.: Und wie! Wir haben zwar international den Ruf, eine der bestorganisiertesten Paraden zu sein, aber was da heuer auf uns zukommt, können wir uns in unseren kühnsten Träumen noch nicht vorstellen. Aber je näher das Datum rückt, desto mehr realisieren wir die unglaublichen Dimensionen.

lespress: Österreich hat seit nunmehr eineinhalb Jahren eine Regierungskoalition der ÖVP mit der FPÖ. Letztes Jahr setzte die RegenbogenParade ein deutliches Zeichen gegen diese Regierung, indem sie symbolisch eine blauschwarze Wand durchbrach. Plant Ihr für dieses Jahr auch eine so dezidiert politische Aussage?
C. L.: Prinzipiell sehen wir die RegenbogenParade als Forum, um teilnehmenden Gruppen die Möglichkeit zu geben, ihre Inhalte, Anliegen und Forderungen zu transportieren. Die RegenbogenParade ist eine Demonstration mit verschiedensten Inhalten. Unsere Aktion zum Moment der Stille, die du angesprochen hast, gestalten wir immer politisch aktuell. Daher kann ich jetzt noch nicht sagen, welche Aktion genau wir heuer starten werden.

lespress: Hattet Ihr seit der neuen Regierung Probleme mit der Unterstützung und
Finanzierung der RegenbogenParade? Gibt es Anzeichen, dass sich die Regierung gegen den Europride stellen wird - so, wie das beim WorldPride letztes Jahr in Rom fast passierte?
C. L.: Solche Gegendemonstrationen oder Verhinderungsstrategien wie in Rom befürchte ich nicht. Obschon von der Regierung auch keinerlei Unterstützung kommt. Aber Wien ist eben anders. Und die Stadt Wien, speziell Frau Vizebürgermeisterin Grete Laska und ihr Büro unterstützen uns schon, soweit ihnen das auch möglich ist.

lespress: Gibt es überhaupt irgendeine Reaktion von ÖVP oder FPÖ auf die Parade?
Oder werden sie nur aktiv, wenn eigene Politiker symbolisch geoutet werden, wie das durch die Plakataktion 2000 ("Jörg ist schwul", "Wolfgang ist eine richtige Sau" u.a.) geschehen ist?
C. L.: Das war eine Plakataktion von Ecce Homo, die auch in der Community divergent gesehen wurde. Reaktionen oder Aktionen von unserer jetzigen Regierung erwarten wir eigentlich nicht. Ich persönlich habe ein Problem mit jeder Form von Zwängen.

lespress: In Deutschland wird der Wiener Pride - Monat auch damit beworben, durch großen Zustrom zum Europride in Wien eine deutliche Ablehnung gegenüber der konservativen Politik in Österreich zu zeigen. Erwartest Du Dir konkrete Auswirkungen des Europride auf die Regierung?
C. L.: Tja, das ist schwer abzuschätzen. Negieren können sie uns dann sicher nicht mehr. Europride 2001 in Wien wird heuer eine nie dagewesene Medienpräsenz haben und auch live via Austria-TV und www.rainbow.or.at übertragen werden. Außerdem haben wir noch einige andere Funk- und Print-Media-Kooperationen. Wir werden sicher einiges an Aufmerksamkeit erregen.

lespress: Die SPÖ hat im Wiener Wahlkampf im März - wie auch die Grünen - mit Plakaten mit lesbischen und schwulen Pärchen um unsere Gunst und Stimme geworben. Der sozialdemokratische Bürgermeister - jetzt mit absoluter Mehrheit im Rathaus - unterstützt die Parade mit seinem Ehrenschutz. Werden heuer Regenbogenfahnen vom Rathaus flattern?
C. L.: Bisher bekamen wir die Auskunft, daß nur Staatsfahnen am Rathaus wehen. Wir arbeiten aber noch feste daran. Das ist eines unserer erklärten Ziele zu Europride! Zumindest aus einigen Fenstern wehen sicher schon Regenbogenfahnen.

lespress: Ihr habt der Parade kein deutliches Motto vorangestellt. Warum?
Lauft Ihr mit dem Anspruch, niemanden mit klaren politischen Aussagen vor den Kopf zu stoßen, nicht Gefahr, unpolitisch zu wirken?
C. L.: Wir stellen die RegenbogenParade bewußt nicht unter ein Motto, denn es ist schwer bis unmöglich, ein deutliches, aussagekräftiges Motto auszurufen, unter dem sich alle Gruppen wiederfinden können. Zum Beispiel die "Homo-Ehe" - oder wie auch immer bezeichnet - schließt schon einige Gruppen aus, die sich das nicht wünschen. Und ein plakatives, oberflächliches Motto entspricht nicht unserer Idee. Wie gesagt, alle teilnehmenden Gruppen sind eingeladen, ihre Inhalte oder "Motties" zu transportieren.

lespress: Es gibt in der community immer wieder Streit zwischen der "just fun" - Fraktion und politisch Aktiven. Siehst Du Möglichkeiten, wie alle unterschiedlichen Ansprüche unter einen Hut - bzw. in eine Parade - gebracht werden können? Oder ist die community einfach zu heterogen?
C. L.: Eben auch darum versuchen wir, nicht alle unter ein Motto zu pressen. Wir sehen uns als die Organisation, die das Forum bietet, um unterschiedlichste Ansichten zu transportieren und dafür ein- und aufzutreten - in einem gemeinsamen, vielfältigen Demonstrationszug. Für manche ist es die Möglichkeit, einfach Spaß zu haben, andere greifen den politischen Gedanken basisorientierter auf. Es geht eben um Sichtbarkeit der Vielfalt!

CSD Wien 2000, Photo: Michaela Göltl

lespress: Trotzdem gibt es öfters die Kritik, dass durch die Parade in den Medien das Bild vermittelt wird, daß alle Schwulen zickige Tunten oder exhibitionistische Paradiesvögel sind. Der "durchschnittliche" Schwule und die "Lesbe ohne Motorrad" gehen dabei unter. Wie siehst Du das? Habt Ihr eine Möglichkeit, durch Eure Pressearbeit dieses Bild zu beeinflussen?
C. L.: Tja, das ist das Problem, daß die sogenannte Normalgesellschaft uns auch so sehen will. Und daher picken sich viele Pressemenschen die schrägen Vögel regelrecht heraus, um dann ihrer Ansicht nach attraktive, werbewirksame Bilder zu publizieren. Das ist wirklich schwer, ihnen begreiflich zu machen, daß diese Paradiesvögel nur eine Form von vielen sind. Wie in der Hetero-Welt gibt es auch in der Community verschiedenste Gesellschaftsformen. Daher ist es wichtig, sichtbar zu machen, wer und wie vielfältig wir sind. Das, denke ich, müssen wir immer wieder, auch in der RegenbogenParade, zeigen. Dann kann sich die Wahrnehmung in der Gesamtgesellschaft auch verändern.

lespress: Lesben haben oft das Gefühl, bei Großveranstaltungen wie dem CSD nicht repräsentativ vertreten zu sein. Wie überall gibt es auch in Wien mehr schwule Szeneläden als Lokale und Geschäfte von Lesben. Auf den CSDs macht sich diese Tatsache insbesondere durch die großen Lautsprecherwagen bemerkbar, die sich Lesben selten leisten können. Könnt Ihr als VeranstalterInnen da durch gezielte Förderung ein etwas ausgewogeneres Verhältnis schaffen?
C. L.: Letztes Jahr haben wir zum Beispiel den großen Truck der "Mobilen lesbischen Bildstörung" unter anderem auch mit einer Startgebührenbefreiung unterstützt. Es ist uns im Verein sehr wohl bewußt, daß noch immer - oder schon wieder - Frauen um 1/3 weniger verdienen. Soweit es uns möglich ist, unterstützen wir Lesben-Projekte immer gerne. Aber dazu müssen sie uns auch informieren und zu uns kommen. Vielleicht auch im Verein aktiv mitarbeiten. Das würde ich mir persönlich auch sehr wünschen.

lespress: Ihr seht den Europride als "Plattform", die von den einzelnen teilnehmenden Gruppen inhaltlich gefüllt werden soll. Fehlt Dir bei der diesjährigen "Füllung" etwas?
C. L.: Du hast es schon angesprochen - Lesben!

lespress: Auf welche Veranstaltung freust Du Dich persönlich am meisten?
C. L.: Auf die RegenbogenParade selber. Die berührendsten Momente in meinem Lesbenleben hatte ich während LSBT-Paraden. Zum Beispiel der Moment des Startes: ein unglaublich ergreifendes Erlebnis! Und wenn du auch noch weißt, du hast geholfen, das zu ermöglichen.......unbeschreiblich!


EUROPRIDE 2001 von 1. - 30. Juni 2001 in Wien

Auszüge aus dem Programm

events
Eröffnungs-Ball, Parkhotel Schönbrunn, 2. 6.
Life Ball, das AIDS-Charity Event, Wiener Rathaus, 16. 6.
Regenbogen Parade, Parkring am Stadtpark, 30. 6. ab 14 Uhr
"party baroque", Europride Night, Kunsthalle im Museumsquartier, 30. 6.


Kultur
"Wien ist andersrum": Kulturfestival mit Georgette Dee, Mouron, den Geschwistern Pfister, Maren Kroymann, dem Duo Malediva und Irmgard Knef, über den ganzen Monat verteilt
identitites, Queer Film Festival, 7. - 14. 6.
»Aus dem Leben« - Die nationalsozialistische Verfolgung der Homosexuellen in Wien, 7. 6 bis 5. 7.
"Kunst unterm Regenbogen", Galerie Ariadne, 7. - 30. 6.
Art@Pride ZOO, Ausstellung schwuler Künstler, WUK, ab 19. 6.


Theater u.a.
"La Traviata" in der Volksoper Wien
"Königinnen", Theaterstück von Lilly Axster
"Die bitteren Tränen der Petra von Kant" von R. W. Fassbinder

Sport
Volleyball - Turnier 2. und 3. 6.
Tanzturnier 3. 6.
Fußballmatch 18. 6.
Badminton-Turnier 3. und 4. 6.
Tuntathlon 29. 6.

Genaues Programm unter
www.europride.at
Bettenbörse
www.rainbow.or.at

 
   
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