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Das ist doch
nicht zu fassen, ich guck gerade in meinen Kalender und beginne schreckensbleich
zu realisieren, daß ja schon wieder Juni und damit die CSD Zeit angebrochen
ist. Ja, sagen Sie mal, ich habe das Gefühl, daß meine Hühneraugen
vom letzten langen Marsch noch nicht verheilt sind und jetzt soll das schon schon
wieder losgehen. Und dann in London. Brrrrrr.
Ich
kann ja schon froh sein, wenn es nicht regnen sollte an diesem denkwürdigen
Tag. Ober so neblig, daß niemand seine Hand vor Augen sehen konnte, wie damals
bei der Suffragettendemonstration 1919.
Ich finde ja, daß wir im Rahmen der allgemeinen Globalisierung auch die jetzige
Form der CSD Paraden einmal kräftig unter die Lupe nehmen sollten und überprüfen
sollten, ob die Zeremonie zu diesem Anlaß noch zeitgemäß ist. Nein,
auch ich rede nicht der "back to the roots" - Fraktion das Wort, die am
liebsten eine Betroffenheitsorgie analog zur Fronleichnamsprozession anstrebt. Aber
seien wir doch ehrlich. Ein großer Unterschied zwischen der CSD-Parade, der
Love Parade und der Steubenparade in New York läßt sich ja nun auch nicht
mehr feststellen. Wir brauchen also etwas Neues, am besten etwas Europäisches.
Da fällt mir ein, daß ja vor einigen Wochen der Grand Prix de la Chanson
zum wiederholten Male stattgefunden hat. Diesmal aus dem schönen Stockholm.
Dieser Sangeswettstreit hat ja nun sehr viele Bewunderinnen unter den Damen und immerhin
gab es ja dieses Jahr durchaus Sehenswertes zu beäugen. Zum Beispiel die Frontsängerin
aus Estland mit dem grünen knappen Klamöttchen hatte es mir ja angetan.
Sehr mondän aufgebretzelt war ja auch die russische Interpretin. Als einer der
Eintänzer der Dame eine besonders gelungenen Verrenkung machte rutschte ihm
das T-Shirt hoch und ich sage es ihnen: Inspektor Craddock, unserem strengen Oberpolizisten
entsprangen spitze Schreie, die aus dem Dormitorium eines Novizinnenkollegiums hätten
stammen können. Mr. Stringer war schon dem Infarkt nahe und röchelte leise
vor sich hin. Aber god Gracious I must say, daß diese Estin für mich auch
ein Anblick der besonderen Art war.
Doch zurück zum Thema CSD. Ein neues Konzept müßte her. Vielleicht
läßt man die Paraden alle an einem Tag in Europa stattfinden und es gibt
einen Art Wettbewerb mit der Verleihung einer Art Schwul-lesbischen Oskars in verschiedenen
Kategorien.
Als da wären: Der schönste Fummel, der schrillste Wagen, der geilste Körper,
die geilste Körperin, der größte, längste, tollste orgasmolytischste
CSD, den es je gegeben hat. Ich freu mich jetzt schon auf die mazedonische Nominierung
für Bulgarien. Ich bin sicher, es würden Paraden entstehen, wo sie bis
jetzt undenkbar gewesen wären. Denn wenn ein Land ins Fernsehen möchte
zum Wettbewerb muß Quote her und dafür muß es schrill und leider
auch liberal sein. Allein um beim Grand Prix der CSD-Paraden mitmachen zu können
und über Quote Werbeeinnahmen zu erzielen würde ein Wettstreit der Toleranz
ausbrechen und lesbische und schwule Projekte würden in Landstrichen entstehen,
die bis heute noch nicht einmal über einen Tierschutzverein verfügen. Und
nach dem mazedonischen Beitrag beim Grand Prix zu urteilen, würden wir eine
Menge zu lachen und zu lästern bekommen. Diese vier Qietschmäuse, die sich,
wie auf einer Collegeparty räkelten aber keinen geraden Ton herausbrachten waren
schon in jede Beziehung bemerkenswert. Tja, das Gegenteil von Kunst ist gut gemeint
sagte unser Pfarrer immer, wenn er gegen die Protestanten wetterte.
Apropos Protestanten: die berühmteste und älteste Protestantin unseres
geliebten Königreiches bereitet ebenfalls eine Parade vor. Und zwar vom allerfeinsten,
wenn man der Presse glauben darf. Ca 7000 Mitwirkende haben sich zusammengefunden,
darunter Kamele, Kühe und Schnecken. Sie parodieren... Entschuldigung ... paradieren
zu Ehren von Queen Mum, die dieses Jahr ihren 100. feiert. Die fleißige Monarchin
ist Vorstand von ca 320 wohltätigen Verbänden, die sich ihr zu Ehren durch
London bewegen wollen. die Vereinigung zum Schutz der gemeinen Schnecke nimmt auch
teil. Und solange diese Leute mit ihrer Klientel nicht das Tempo bestimmen, wird´s
bestimmt ganz amüsant. Etwas flottere Teilnehmer wurden auch angemeldet. eine
lustige Bomberstaffel überfliegt mit Hochgeschwindigkeit die gesamte Veranstaltung
und 700 Kinder werden einer Riesentorte entspringen. Queen Mum kann´s egal
sein, ein Hörgerät läßt sich abschalten, und ehrlich gesagt
kommt mir dann der Gedanke daß ich das bißchen Technogewummere beim CSD
gerne aushalte wenn mir dafür die Bomberstaffel erspart bleibt.
Bis zum nächsten Mal...
(Photo:
Archiv Max Kohlhaas, Bonn) |
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