lespress 5/99  

schöner leben


Kleiner Kölner Stadtführer für Lesben
Oberstes Gebot: Lassen Sie das Auto am besten daheim oder parken sie in einer Tiefgarage. Das kommt immer billiger. Für Nicht-Kölnerinnen ist diese Stadt recht unübersichtlich (schon manch eine fand sich unversehends am anderen Rheinufer wieder), und die Parkplatzsuche kann zu bleibenden traumatischen Schäden führen. (Außerdem werden falsch geparkte Autos rigoros abgeschleppt)
Ein prima Ausgangspunkt für einen Südstadt-Trip ist die U-Bahn-Haltestelle am Chlodwigsplatz. Von dort erreichen Sie zu Fuß bequem das Schwulen- und Lesbenzentrum SCHULZ (Kartäuserwall 18) Dort gibt es im ersten Stock eine umfangreiche Infothek und im Erdgeschoß das geräumige Café Anders im SCHULZ, wo eine umfangreiche Speisekarte die Besucherin zum Rasten einlädt. Gleich nebenan (Kartäuserwall 14) befindet sich das kleine, aber feine DIVA, das sich sowohl als Kneipe als auch als Restaurant sieht. Hier finden sich hauptsächlich Frauen ein, obwohl das DIVA auch Männern offen ist. Die Speisekarte verbirgt allerlei nette und schmackhafte Überraschungen (wir empfehlen das Sissi-Glück oder die Haribo-Mischung). Zum LFT bieten die Inhaberinnen an allen Tagen jeweils ein Frühstück ab elf Uhr an.
Vom Chlodwigplatz aus erreichen Sie bequem zu Fuß das Buschwindröschen in der Bonner Straße 84. Hinter dem unscheinbaren Äußeren verbirgt sich plüschig-schrilles Ambiente mit Anarcho-Touch. Kein 08/15-Ort, genauso wenig wie die BesucherInnen. Hier läßt sich prima Tee, Kaffee oder das obligatorische Kölsch trinken. Ein paar Ecken weiter finden Sie das Kölsch Rouge (Merowinger Str. 31), wo sich gleichermaßen Schwule, Lesben und Andere einfinden. Besonders schön: bei gutem Wetter können Sie draußen sitzen, ein paar griechische Vorspeisen, oder das ein oder andere Getränk zu sich nehmen und es sich gut gehen lassen. Beinahe um die Ecke (Vondelstraße)liegt das Indigo, dessen Inhaberinnen sich nicht vom allgemein üblichen kühlen Einrichtungsstil der 90er haben mitreißen lassen. In äußerst gemütlichem Ambiente können Sie hier trinken und/oder ausgesprochen lecker und preiswert essen. Die Küche ist eher vollwertköstig orientiert.
Am Chlodwigsplatz beginnt ebenfalls die Severinstraße. Hier lagen früher das Reflection und etwas weiter Richtung Süden am Karl-Berbuer-Platz das Schappo-Klack, das in den fast 20 Jahren seines Bestehens seit 1974 Geschichte schrieb. Mittlerweile ist es von den gleichen Wirtinnen in ein italienisches Speiserestaurant namens "Bella Fontana"umfunktioniert worden. Juttas forsch-charmanter Umgangston herrscht hier nach wie vor; einen Besuch ist das Bella Fontana also allemal wert.
In der Gegend um den Heumarkt knubbelt sich die schwule Szene. Hier fand in den letzten beiden Jahren das Straßenfest zum Kölner CSD statt. Ein guter Ausgangspunkt ist in jedem Fall das Checkpoint; Kölns Infoladen für Schwule und Lesben. Hier gibt es fast alles, was das homosexuelle Herz begehrt. Dort gibt es auch eine Bettenbörse (besonders interessant für Besucherinnen außerhalb der LFT-Tage). Direkt um die Ecke liegt in der kleinen Geyergasse der Frauen-Erotik-Shop "Lady's Toys" (der unbedingt einen Besuch wert ist) sowie ebenfalls ganz in der Nähe die Boutique Secrets (Marienplatz 1), die mit einem umfangreichen Angebot für Leder, Latex und Fetischfans aufwartet.
In dieser Gegend beginnt auch die Kölner Altstadt, durch die es sich hübsch bis zum Dom bummeln läßt, dem Wahrzeichen der Stadt. Die Besteigung der Türme bietet ungeahnte Schrecken. Allerdings sollten Sie schwindelfrei sein und wenigstens in Ansätzen trainiert... oder die Parties werden ohne Sie stattfinden! Sie können sich natürlich auch mit einigen ehrfürchtigen Blicken begnügen .
Der bislang szenefreie Norden verfügt seit kurzem über eine neue Errungenschaft. Im sogenannten Agnesviertel befindet sich das recht geräumige"Gezeiten" (U-Bahn Ebertplatz). Inci Edge und ihre Partnerin bieten neben leckerer Trendkost auch Trennkost an. Bei gutem Wetter kann frau hier auch draußen entspannen. Zum LFT bietet das Gezeiten einen Extra-Brunch, viele Kleinigkeiten für den Hunger zwischendurch und abends zusätzlich kulturelle Veranstaltungen an.
Seit kurzem verfügt Köln auch über ein schwul-lesbisches Jugenzentrum in der Kamekestraße 14. (U-Bahn Friesenplatz) Das Café des Zentrums ist Dienstags bis Freitags von 17.00 bis 22.00 Uhr geöffnet.
Der Frauenbuchladen "Rhiannon" befindet sich im belgischen Viertel, das wir mit der U-Bahn zur Haltestelle Rudolfplatz erreichen. (Von dort in die Aachener Straße und dann in die Moltkestraße Hausnummer 66). Das Rhiannon ist ein recht großer Frauenbuchladen; hier finden regelmäßig Lesungen statt, und es gibt es neben Büchern auch allerlei andere Dinge, die das Lesbenherz begehrt. Wenn Sie von hier aus Richtung Zülpicher Platz laufen, kommen Sie zum Rathenauplatz, wo sich das Vampire befindet. Im Vampire offerieren Jutta und Claudia sehr gute Cocktails zu angenehmer Musik. Die Dekoration ist außerdem liebvoll, immer etwas vampiresk und wird ständig wieder mal verändert. Die Mischung macht's, am Wochenende kann es sich hier als sehr schwierig herausstellen, einen Platz zu ergattern. Die Spezialität des Hauses ist der Vampire-Cocktail, der im Reagenzglas serviert wird - ein Teufelszeug, lecker, mit wärmender Wirkung. (Für ältere Semester: Direkt um die Ecke befindet sich das Beatles-Museum).
Wenn Sie von hier aus zum Hohenstauffenring und von dort aus in die Schaevenstraße laufen, erreichen Sie die Hohenstauffenklause, die auf deutsch-französische Küche spezialisiert ist. Allerdings ist dies eines der vielen Etablissements, in deren Umfeld es unmöglich ist, einen regulären Parkplatz zu ergattern.
Ein paar Meter weiter liegt das George Sand. Im eher plüschig-gepflegten Ambiente werden sich vornehmlich ältere Damen wohlfühlen. Begrüßt wird die Dame von der resoluten Wirtin "Ma" selbst per Handschlag. Herren sind in Damenbegleitung willkommen.
Weiter geht es zu Fuß in Richtung Kettengasse. Im Elinors finden sich allerlei Schwule und Lesben zu einem Snack oder Drink ein, um zu schauen und zu quatschen. In Birkenstocks werden Sie sich hier allerdings warscheinlich nicht so recht wohl fühlen.
In der gleichen Gegend befindet sich auch das Gloria (Apostelnstr. 11). Ab morgens um neuen ist das Café geöffnet, abends gibt es hier im ehemaligen Kinosaal ein buntes Kultur- und Tanzprogramm. Hella von Sinnen tritt hier immer wieder gerne auf.
Wenn Sie von der Apostelnstraße zum Neumarkt laufen, kommen Sie zur wirklich netten Kaffeboutique "Käffchen", in der alle möglichen Kaffee- und Teesorten angeboten werden. Sehr zu empfehlen sind die aromatisierten Kaffeesorten. Wir haben uns sagen lassen, daß sich die Kaffeeboutique bei Lesben regen Zuspruchs erfreut. Überhaupt ist diese Gegend sehr schön zum Schaufensterbummeln oder Shoppen geeignet. Die Ehrenstraße und Breite Straße sind voller trendiger Boutiquen, die das schwule und lesbische Herz höher schlagen, das homosxeuelle Portemonnaie allerdings rasant schrumpfen lassen.
Auf der Breite Straße passieren wir die Diskothek Lulu, die hauptsächlich von Schwulen frequentiert wird, aber auch einige Specials für Frauen anbietet. Für Nachtschwärmerinnen.
Wem das LFT noch nicht genug Thrill bietet, empfehlen wir die ausgesprochen schräge Fahrt in der Seilbahn über den Rhein. Sie besteigen die Gondel in der Nähe des Zoos, schaukeln über Wasser und Autobahn und landen auf der anderen Rheinseite im Rheinpark.
Wer sich schon mal vorab stimmungsmäßig auf Köln einstimmen möchte oder ohnehin einen weiteren Köln-Besuch plant, dem sei "Das andere Stadtbuch - Lesben und Schwule in Köln", Verlag Kiepenheuer & Witsch, ans Herz gelegt. Das Stadtbuch enthält nicht nur einen umfangreichen Serviceteil, sondern auch jede Menge nette Geschichten über Köln, sein lesbisch-schwules Leben und seine EinwohnerInnen. Ein must für alle, die dieser Stadt in irgendeiner Weise zugetan sind.


mor/ufa

  zurück