Papst Johannes Pauls Tanz in den Mai

 
   
  Gestern abend hatte ich einen inneren Dialog mit dem Mai. Nein, ich sagte nicht "Komm lieber Mai und mache das Leben wieder grün", denn eigentlich muss ich noch heute mein träges Haupt voller Unverständnis darüber schütteln, warum ich irgendjemanden, und dann auch noch einen so wehrlosen und unbeteiligten Monat wie den Mai, darum bitten sollte, meine ohnehin schon bedauernswerte Existenz mit einer Farbe zu bemalen, die mir so gar nicht liegt. Grün finde ich scheusslich. Grün ist das farbliche Pendant zum Geschmack des Kürbis, und wir alle wissen, daß Kürbisse nur von vergrämten Südstaatlern und Mennoniten zubereitet und vorbeiziehenden Fremden angeboten werden, um sie aus dem Land zu vertreiben. Ich sagte also: "Lieber Mai, nimm es mir nicht übel, aber mit dir kann ich rein gar nichts anfangen. Du bist kein Sommer und kein Winter, und da es kübelt wie aus inkontinenten kosmischen Harnblasen, nehme ich auch mal an, du bist nur der Wurmfortsatz des April, der sich wichtigtuerisch den hormonellen Sommergrillen entgegenwindet." Ganz schön gegeben hab ich's dem Mai. Im Mai hat der Papst Geburtstag, aber leider neigen wir Szenemutterschiffe und Künderinnen der sapphischen Freuden ja dazu, ihm nicht so herzlich zu gratulieren, insbesondere seitdem er den CSD in Rom gar nicht recht zu würdigen wußte. Das Ausbleiben unserer feierlichen Ehrungen ist aber nicht dramatisch, denn wie mir soeben aus verlässlicher Quelle mitgeteilt wurde, wird der gute Pawel seinen diesjährigen Geburtstag gar nicht mehr bemerken, und so würden die vielen Blumen vor seiner Tür ihn nur unnnötig verwirren. Kommen wir aber zurück zum faden Maimonat. Im Mai können wir uns leidlich gut beschäftigen, etwa beim "Queerstreifen", dem schwullesbischen Filmfestival im schönen Münster. Sicher argwöhnen Sie schon, warum ich Münster eben das Attribut "schön" verlieh, aber das ist weder Lokalpatriotismus noch blanker Hohn, ich wollte nur einmal freundliche Stimmungsmache betreiben, und als Zwangsbochumerin sollte man es sich nicht unbedingt mit solchen Weltstadtmetropolen wie Landau, Stuckenbusch
oder Münster verderben. Beim lesbischen Filmen wie bei lesbischer Literatur bin ich immer geneigt zu fragen, was Kunst denn ein qualitativ so ausdrucksloses Attribut wie "lesbisch" verleiht. Ist ein Film lesbisch, sobald eine fesche Komparsin mit sinnträchtig kurzen Fingernägeln zweideutige Handbewegungen macht? Oder wird das in Prozent gerechnet und ein Film braucht mindestens 40% lesbischer Rahmenhandlung, um als lesbisch durchzugehen? Und warum wird in lesbischen Filmen immer so viel diskutiert? Mein erstes lesbisches Filmtrauma habe ich von "Claire of the Moon", in dem so viele hanebüchene Theorien aufgestellt werden, bis man im Kopf ganz schwirrig ist. Wie die zwei Darstellerinnen bei so viel Theoretisiererei sich am Ende doch noch kriegen konnten, ist mir bis heute ein Rätsel. Übrigens hat mir der Mai geantwortet: "Heul doch." So wird der mir nie sympathisch.

Obsidia
 
   
  zurueck zum Inhalt