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Gestern abend
hatte ich einen inneren Dialog mit dem Mai. Nein, ich sagte nicht "Komm lieber
Mai und mache das Leben wieder grün", denn eigentlich muss ich noch heute
mein träges Haupt voller Unverständnis darüber schütteln, warum
ich irgendjemanden, und dann auch noch einen so wehrlosen und unbeteiligten Monat
wie den Mai, darum bitten sollte, meine ohnehin schon bedauernswerte Existenz mit
einer Farbe zu bemalen, die mir so gar nicht liegt. Grün finde ich scheusslich.
Grün ist das farbliche Pendant zum Geschmack des Kürbis, und wir alle wissen,
daß Kürbisse nur von vergrämten Südstaatlern und Mennoniten
zubereitet und vorbeiziehenden Fremden angeboten werden, um sie aus dem Land zu vertreiben.
Ich sagte also: "Lieber Mai, nimm es mir nicht übel, aber mit dir kann
ich rein gar nichts anfangen. Du bist kein Sommer und kein Winter, und da es kübelt
wie aus inkontinenten kosmischen Harnblasen, nehme ich auch mal an, du bist nur der
Wurmfortsatz des April, der sich wichtigtuerisch den hormonellen Sommergrillen entgegenwindet."
Ganz schön gegeben hab ich's dem Mai. Im Mai hat der Papst Geburtstag, aber
leider neigen wir Szenemutterschiffe und Künderinnen der sapphischen Freuden
ja dazu, ihm nicht so herzlich zu gratulieren, insbesondere seitdem er den CSD in
Rom gar nicht recht zu würdigen wußte. Das Ausbleiben unserer feierlichen
Ehrungen ist aber nicht dramatisch, denn wie mir soeben aus verlässlicher Quelle
mitgeteilt wurde, wird der gute Pawel seinen diesjährigen Geburtstag gar nicht
mehr bemerken, und so würden die vielen Blumen vor seiner Tür ihn nur unnnötig
verwirren. Kommen wir aber zurück zum faden Maimonat. Im Mai können wir
uns leidlich gut beschäftigen, etwa beim "Queerstreifen", dem schwullesbischen
Filmfestival im schönen Münster. Sicher argwöhnen Sie schon, warum
ich Münster eben das Attribut "schön" verlieh, aber das ist weder
Lokalpatriotismus noch blanker Hohn, ich wollte nur einmal freundliche Stimmungsmache
betreiben, und als Zwangsbochumerin sollte man es sich nicht unbedingt mit solchen
Weltstadtmetropolen wie Landau, Stuckenbusch
oder Münster verderben. Beim lesbischen Filmen wie bei lesbischer Literatur
bin ich immer geneigt zu fragen, was Kunst denn ein qualitativ so ausdrucksloses
Attribut wie "lesbisch" verleiht. Ist ein Film lesbisch, sobald eine fesche
Komparsin mit sinnträchtig kurzen Fingernägeln zweideutige Handbewegungen
macht? Oder wird das in Prozent gerechnet und ein Film braucht mindestens 40% lesbischer
Rahmenhandlung, um als lesbisch durchzugehen? Und warum wird in lesbischen Filmen
immer so viel diskutiert? Mein erstes lesbisches Filmtrauma habe ich von "Claire
of the Moon", in dem so viele hanebüchene Theorien aufgestellt werden,
bis man im Kopf ganz schwirrig ist. Wie die zwei Darstellerinnen bei so viel Theoretisiererei
sich am Ende doch noch kriegen konnten, ist mir bis heute ein Rätsel. Übrigens
hat mir der Mai geantwortet: "Heul doch." So wird der mir nie sympathisch.
Obsidia |
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