"Seit der Geschichte mit Carla bekomme ich intelligentere Briefe..." Katharina Dalichau  
  In der täglichen ARD-Vorabendserie Verbotene Liebe spielt sie seit Folge 1855 Hanna Novak, eine junge Frau, die sich nach einer rein heterosexuellen Vergangenheit plötzlich in eine andere Frau, die adlige Carla von Lahnstein, verliebt und trotz widriger Umstände mit ihr eine Beziehung beginnt. Lespress hatte Gelegenheit zu einem ausführlichen Gespräch mit der Schauspielerin Katharina Dalichau.

? Sie spielen ja nun bereits eine ganze Weile bei Verbotene Liebe mit. Wussten Sie schon früh über den Lesbenhandlungsfaden Bescheid?
KD: Ja - nein. Also, es ist so: Man fängt in einer Serie an und bekommt natürlich über den ersten Verlauf Informationen, und daraufhin entschließt man sich, das zu machen oder nicht. Und dann gibt es sogenannte "Futures", d. h. die Produktion überlegt sich Geschichten für die nächsten Monate, und die bespricht man dann natürlich auch mit den Verantwortlichen, und dann weiß man ungefähr, was einen erwartet und in welche Richtung die Rolle sich entwickelt. Und so war das auch bei mir mit der homosexuellen Geschichte.
? Wieviel Vorlauf haben Sie in der Serie?
KD: Vor einem Jahr war es noch ungefähr ein Vierteljahr, jetzt sind es so sechs Wochen bis zwei Monate von der Produktion bis zur Ausstrahlung.
? Haben Sie bei Ihrer Rolle irgendein Mitspracherecht?
KD: Das ist eine schwierige Frage. Also, letztendlich hat natürlich die Produktion die letzte Entscheidungsbefugnis, was in diesen Geschichten, was mit den Figuren passiert. Wie gesagt, gibt es einige Besprechungen mit den DarstellerInnen, und ich denke, wenn eine Produktion einer Schauspielerin nicht zutraut, etwas zu spielen, dann wird sie es ihr auch nicht aufdrücken. Ich persönlich bin immer neugierig auf neue Geschichten, darauf, Dinge neu auszuprobieren; als SchauspielerIn sollte man grundsätzlich einer neuen Entwicklung nicht negativ gegenüber eingestellt sein. Sagen wir mal so: Selbst etwas, das erstmal unspielbar wirkt, kann spielbar sein. Insofern ist es nichts Schlimmes, wenn man eine Geschichte auf den Tisch bekommt, von der man keine Ahnung hat; das kann sehr spannend sein.
? Ist die "lesbische Entwicklung" Ihrer Rolle für Sie etwas ganz Besonderes, d. h. etwas, das aus dem Rahmen fällt?
KD: Komischerweise überhaupt nicht. Die Rollen, die ich in meinem Leben gespielt habe, haben immer irgend etwas gehabt, was mich berührt hat oder was für mich spannend war. Und ich finde, das Wichtigste ist, dass man als Schauspieler bzw. als Schauspielerin sein Herz aufmachen kann für seine Figuren.
? Ich frage deshalb, weil ich mich schon sehr intensiv mit Lesbengeschichten im amerikanischen Fernsehen beschäftigt habe und diese Handlungsstränge jedesmal sehr hohe Wellen der Entrüstung geschlagen haben. Dort gehört viel Mut dazu, so etwas zu spielen...
KD: Aber dort gibt es eine andere Tradition des Umgangs mit dem Medium und der Reaktion auf solche Themen. Ich denke, dass es sicherlich auch hierzulande viele KritikerInnen gibt, die allerdings im Gegensatz zu den nordamerikanischen ZuschauerInnen nicht so heftig reagieren.
? Welche Rückmeldungen bekommen Sie denn für Ihre Rolle als Hanna?
KD: Ich bekomme nur positive Rückmeldungen! Nur angenehme Liebespost von Frauen! Wirklich sehr, sehr nette Post bekomme ich - witzigerweise, seitdem diese Geschichte mit Carla läuft, auch intelligentere Briefe! (lacht). Aber ich habe auch vorher nur oder vorwiegend, von Frauen Post bekommen. Das ist überhaupt hier in dieser Serie so: Die "aktiven" Fans, also die, die uns schreiben, sind hauptsächlich weiblich. Die "Jungs" sind eher in der Minderzahl.
? Haben Sie sich auf die lesbische Rolle besonders vorbereitet?
KD: Nicht mehr und nicht weniger als auf andere Rollen auch. Jede Rolle bedarf einer Vorbereitung, das ist klar. Dabei ist es noch mal ein Unterschied, ob ich Theater mache oder Fernsehen oder im Fernsehen eben sogar Soap, denn dadurch, dass die Szenen relativ flüchtig sind, schafft man es gar nicht, sich intensiv vorzubereiten.
? Wahrscheinlich darf ich Sie nicht danach fragen, wie es weitergeht, weil das sicher alles streng geheim ist, oder?
KD: Also, ich weiß nicht, wie weit ich es verraten darf...
? Geht es denn weiter, also ist ein Ende abzusehen?
KD: Es geht weiter, erstmal. Ein Ende ist aber für jede Figur jederzeit abzusehen - das kann ganz schnell gehen!
? Ich frage deshalb, weil es ja schon zwei Lesbenpaare in der Serie gab und vor allem die Zuschauerinnen wohl nicht besonders glücklich darüber waren, wie die Geschichte mit ihnen endete. Und da wüsste ich natürlich gerne, ob das bei Ihnen anders aussieht...
KD: Da darf ich Ihnen nichts verraten - selbst wenn ich etwas wüsste... (lacht)
? Was halten Sie denn selbst von der Darstellung der Lesbengeschichte? Mir ist natürlich besonders die Problematisierung von Carlas "finsterem" Geheimnis, das unter keinen Umständen bekannt werden darf, aufgefallen...
KD: Also, ich bin seit anderthalb Jahren hier dabei, und es gibt natürlich zwischen allen Figuren, die in einer Beziehung zusammenstecken oder eben miteinander spielen, immer Konflikte, und die werden hochdramatisch problematisiert. Und all diese Problematisierungen gehen mir persönlich natürlich auch irgendwann auf den Keks. Das liegt aber daran, dass alles in diesem Format "Soap" fünfmal erzählt werden muss - oder gar zehnmal. Es muss immer noch mal und noch mal erzählt werden, und das sind Dinge, mit denen wir Schauspieler unglaubliche Probleme haben. Es ist eben nicht so wie im Theater; du hast da nicht diesen dramatischen, dramaturgischen Bogen und sagst, jetzt bin ich am Höhepunkt und kann den vierten und fünften Akt spielen, sondern ich bleibe im Grunde genommen im dritten Akt am Höhepunkt, und dann trete ich auf der Stelle.
Dann müssen wir natürlich auch das Milieu betrachten, aus dem die Rolle kommt. Ich meine, das ist eine Adelsfamilie! Schauen wir uns doch das reale Leben an: wie oft lesen wir in der Yellow Press, dass irgendein Adliger oder gar eine Adelige in Deutschland sich outet? So oft kommt das dann auch nicht vor! Ich denke, dass gerade in diesen Familien noch sehr viel totgeschwiegen wird. Und nicht nur dort: Lehrer und Lehrerinnen zum Beispiel können sich vielerorts auch nicht so einfach und schnell outen. In dieser Hinsicht unterscheidet sich eine Adelige nicht viel von einer Beamtin.
Außerdem dürfen wir eben auch nicht vergessen, dass eine Soap aus spannenden Konflikten besteht. Wenn wir erzählt hätten: Die beiden sehen sich, verlieben sich ineinander, und alles ist Friede, Freude, Eierkuchen, wäre das einfach nicht so spannend gewesen... Es muss eben auch Konflikte geben. Und der Schwarzweißkonflikt ist eben bei einer Soap da, ganz klar. Es ist ein Märchen, das wir hier erzählen. Wenn man es nicht mag, also wenn man kein Märchen erzählt bekommen möchte, man Reality sehen möchte, dann darf man es nicht einschalten.
? Spielt der Titel der Sendung eine Rolle, d. h. gibt es das Ziel, möglichst viele verschiedene "verbotene" Liebespaare zu zeigen?
KD: Beziehungen, in denen es nur darum geht, jemandem den Partner wegzunehmen, sind natürlich im heutigen Sinn nicht mehr "verboten", trotzdem bleibt es in gewisser Weise ein Konflikt, der dargestellt werden soll. Insofern versuchen Soaps immer, Beziehungen zu zeigen, bei denen es ein Problem gibt oder die sogar verboten sind. Ursprünglich gab es dieses Geschwisterliebe-Paar - so fing das Ganze ja an.
? Bei der Lesbengeschichte spielt aber auch der Faktor eine Rolle, dass Hanna zunächst noch in einer anderen Beziehung lebt, nämlich mit einem Mann, Lars. Carla besteht dringend darauf, dass er, wie auch alle anderen, nichts von ihr erfahren darf...
KD: Es wird aber ebenso dargestellt, dass es auch für Hanna ein Problem ist - dass ich das nicht erzählen darf, dass ich es noch nicht mal meiner besten Freundin erzählen darf. Und dass ich damit auch nicht klarkomme. Carla vertraut sich ihrem Bruder oder wem auch immer an, aber ich als Hanna darf mich niemandem anvertrauen. Das wird auch dann in der Beziehung ein Konflikt. - Dass wir alle persönlich oder privat wahrscheinlich noch mal ganz anders handeln würden, ist klar.
? Wird eine Rolle nach einer Weile mehr und mehr auf die eigene Persönlichkeit zugeschnitten?
KD: Da muss ich mal etwas klarstellen. Ich denke, jeder Schauspieler und jede Schauspielerin hat da seine, bzw. ihre eigene Einstellung - meine Einstellung ist die, dass jede Rolle, egal, welche ich spiele, immer etwas mit mir zu tun hat. Ich habe mal die stumme Kathrin in "Mutter Courage" von Brecht gespielt, eine ganz schwere Charakterrolle - eine stumme Person, die ich wirklich noch nie war. (lacht) Da ist vielleicht nur ein ganz kleiner Teil von mir im Kopf gewesen - oder im Bauch oder wo auch immer. Und diesen Teil erarbeite ich mir so groß, dass ich ihn zu einer Figur machen kann. Aber es ist natürlich ein Teil von mir. Das heißt, das, was ich anfangs in diese Serie mitgebracht habe, ist ein Teil von mir. Und den versuche ich natürlich langfristig so groß wie möglich zu machen, so dass diese Rolle oder diese Figur dann auch wahrhaftig wirken kann. Dass natürlich Autoren, Redakteure usw. sich mit der Zeit auch mit der Figur oder mit dem, was ich als Schauspielerin anbiete, anfreunden und dann sagen: "Das hat uns doch gefallen, das können wir doch in der Richtung mehr ausarbeiten", ist ja klar, aber das wird auch eigentlich in jeder Probenphase eines Theaterstücks gemacht: Das, was man anbietet und was einem gefällt, wird benutzt, um es in die Figur einzubringen. Und ich finde das auch gut, denn dadurch werden natürlich verschiedene Varianten gezeigt, und es bleibt nicht so eingleisig.
Es gibt aber auch umgekehrt SchauspielerInnen, die sagen: Ich bin ich, und das, was ich da spiele, ist jemand ganz anderes. Wie gesagt, diese Meinung teile ich überhaupt nicht; alles, was ich aus mir schöpfe und in diese Figur packe, hat etwas mit mir zu tun.
? ... Gerade Hanna wirkt ja recht authentisch...
KD: Schön, das freut mich sehr! So soll es auch sein. Authentizität ist ein gutes Stichwort: Für mich ist ein ganz wesentlicher Begriff meiner Arbeit die Wahrhaftigkeit. Dieser Begriff begleitet mich eigentlich schon, seitdem ich mit dem Beruf zu tun habe, seit meiner Ausbildung - vielleicht auch sogar schon vorher - aber letztendlich hat sich das erst während meiner Ausbildungsphase entwickelt. Das Wesentlichste ist für mich, dass ich es schaffe, wahrhaftig zu sein, und damit natürlich auch die Zuschauer zu berühren.
? Ist das auch ein Grund dafür, dass Sie überhaupt Schauspielerin geworden sind?
KD: (schweigt)
? Das ist vielleicht eine zu persönliche Frage...
KD: Nein, nein, nein! Ich überlege nur etwas länger, denn das ist eine sehr komplexe Frage... Also: bestimmt, denn ich möchte die Menschen gerne fesseln, in meinen Bann ziehen oder in meine Aura mit hineinnehmen, auch wenn ich diese Menschen vielleicht nicht unbedingt kennenlernen werde. Ich bin - wie bestimmt viele Schauspieler - ein sehr emotionaler Mensch, und möchte das nicht nur mit mir ausmachen; ich freue mich daran, spielen zu dürfen und Dinge erzählen zu dürfen, die ich im normalen Leben nicht erzählen darf. Um mal bis zur Spitze zu gehen: bis hin zu Mord und Totschlag. Ich liebe es, etwas in alle Richtungen ausleben zu dürfen.
? Erleben Sie dann das Theaterspielen intensiver - weil hier die Reaktionen des Publikums ja unmittelbarer zu spüren sind als im Fernsehen?
KD: Ja und nein. Auf der einen Seite haben Sie recht, auf der anderen Seite ist es so: In dem Moment, wenn ich dort drehe, habe ich mein Publikum drumherum. Und dann spiele ich, und alle sind da. Und wenn ich gut spiele, dann sind sie auch wirklich alle ganz ruhig. Dann ist das wie mein Publikum. Natürlich vermisse ich manchmal diese direkte Verbindung zwischen Zuschauern im Theaterraum und Schauspielern oben auf der Bühne. Aber es gibt eine Schnittmenge für mich zwischen beiden Bereichen, und in beiden Fällen muß ich letztendlich wahrhaftig spielen. Das eine ist ein bisschen extrovertierter, ich muss es aber trotzdem wahrhaftig machen - auf der Bühne. Das andere ist reduzierter, und trotzdem muss ich genauso intensiv darin sein. Der Rahmen ist ein anderer, das Medium ist ein anderes.
? Sie haben ja eine ganz klassische Schauspielausbildung - wie kommt es, daß Sie in einer Soap gelandet sind?
KD: Es gibt hier mehrere Leute, die vom Theater kommen und einen ganz "klassischen" Weg gegangen sind! Aber bei mir war es eher Zufall. Ich hatte hier mein Demoband abgegeben, dachte eigentlich eher, ich würde mich für ein paar Drehtage bewerben. Und dann ging das Schlag auf Schlag: Casting, dann gleich ein Angebot für zwei Jahre, und dann musste ich erst mal überlegen. Aber ich wohnte zufällig zwei Dörfer weiter von dem alten Studio, und ich hatte gerade Zeit, und so bot es sich an. Und ich bin inzwischen auch sehr, sehr froh, dass ich diesen Schritt gemacht habe. Mittlerweile wehre ich mich gegen jeden Vorwurf, den ich natürlich auch von anderen Schauspielern oder aus den Medien gegen Soap höre, gegen das Einlassen auf das Genre Soap. Ich wehre mich inzwischen dagegen, weil ich finde, man kann hier unheimlich viel lernen, wenn man bereit ist zu sagen: ich akzeptiere die Kulissen und all das, was natürlich nicht wirkt wie in einem Spielfilm. - Das muss ich akzeptieren; ich muss vorher wissen, auf was ich mich einlasse. Und ich muss es vielleicht nicht nur akzeptieren, ich muss es vielleicht auch ein Stück weit lieben lernen, als Medium an sich einfach herausnehmen und es als etwas anderes betrachten. Und nachdem ich mich dann darauf eingelassen hatte, habe ich sehr, sehr viel gelernt. Aber ich denke, dass ich das sicherlich nicht mein Leben lang machen werde, denn dafür bin ich in anderen Bereichen zu verwurzelt und brauche auch die Auseinandersetzung mit anderen Rollen.
Sicherlich war ich vorher auch sehr skeptisch; aber auch oder gerade jetzt würde ich so ein Angebot nicht so einfach ablehnen. Schauen wir uns die Situation doch einmal an: im Moment werden sehr viele Theater geschlossen, sehr viele Theater reduzieren ihr Ensemble oder Fernsehproduktionen machen dicht - SchauspielerInnen haben es momentan sehr schwer. Ich habe ganz simpel überlegt: Soll ich nicht spielen, oder soll ich spielen? Und ich wollte spielen.
Klar, es ist ganz anders als in der Theaterarbeit: Im Theater wird geprobt, und es wird gearbeitet, die Figur wird gesucht, die Biographie einer Figur wird erarbeitet, der Weg wird gesucht, das Miteinander, das Spielen, die Form, aber es wird von Anfang an gesagt: Du gehst jetzt von da nach da, und dann wird sechs Wochen geprobt, wie du das machst. Aber hier war das erste, was mir gezeigt wurde: Also, du gehst von da nach da, und dann drehst du deinen Kopf nach da, und jetzt gibtís eine Großaufnahme, und jetzt spielë mal. (stöhnt auf, lacht) Also, das ist schon ein unglaublicher Unterschied. Und das dann in dieser Schnelligkeit... Das heißt, du musst es können, wenn du von da nach da gehst, und das eben in einer halben Stunde oder in zwanzig Minuten.
? Wie oft und wie lange drehen Sie denn eigentlich?
KD: Das ist ganz unterschiedlich. Wir haben zwei Drehteams. Das eine ist das Studioteam, das dreht von Dienstag bis Freitag täglich, und dann haben wir ein Außendrehteam, das dreht eben draußen - und draußen heißt nicht nur draußen in der Natur, sondern eben auch in einem Hotel usw. Die drehen von Mittwoch bis Freitag. Und wir haben einen Probentag, das ist der Montag, wobei eine Probe eine Stellprobe ist. Da versucht der Regisseur zu schauen, ob das auch von der Perspektive der Kamera her funktioniert, wenn die Schauspielerin von a nach b geht; da kann man ein bisschen Textveränderung abklären und man hat es visueller im Kopf, wie die Szene ablaufen soll usw. Normaler Drehschlußtermin ist 18.45 Uhr, das kann aber auch mal 20.45 Uhr werden; im Außendreh kann es auch Nacht werden. Die 2000. Folge haben wir nur nachts gedreht, eine Woche lang. Das war ein großes Schloss, und es sollte eine Ballstimmung, eine Nachtstimmung gezeigt werden, und da diese riesigen Fensterfassaden nicht abgehängt werden konnten, musste man eben nachts drehen. Das ist schon ein Problem für uns SchauspielerInnen, denn morgens um sieben müssen wir wieder fit und da sein für den nächsten Dreh. Normalerweise versucht man das zu vermeiden, aber wenn es nicht anders geht, muss auch das sein. Es ist auf jeden Fall ein stressiger Job. Und wenn man dann eigentlich schon den Frühling andrehen muss, kurzärmelig... Ich hatte einen Dreh im April letzten Jahres in einer Ruine, da sollte eigentlich Juli gedreht werden, das heißt, ich hatte ein Sommerkleid an, und plötzlich hatten wir einen Schneeeinbruch. Mir sind fast die Lippen zugefroren, und es musste abgebrochen werden, weil ich gar nicht mehr richtig reden konnte! Also, das sind schon Extrembedingungen. Aber auch das Spielen an sich geht an die Substanz, und es geht an die Nieren, aber das gehört dazu.
? Im Internet gibt es verschiedene Fansites. Haben Sie sich die schon mal ansehen? Da gibt es eine sehr persönliche Auseinandersetzung vieler Fans in Form von Zeichnungen, Geschichten oder Gedichten...
KD: Ja, ich finde das ganz toll! Mir tut es nur leid, daß ich es meistens nicht schaffe, mich mit den Sachen zu beschäftigen. Man braucht ja manchmal auch ein bisschen Abstand und auch wieder Platz im Kopf für den nächsten Tag, und der muss auch manchmal mit anderen Dingen gefüllt werden als nur mit dem Stoff und der Auseinandersetzung um diesen Stoff.
? Wie ist es, vor der Kamera eine Frau zu küssen, bzw. wie empfinden Sie es überhaupt, wenn Sie Kuss- und Liebesszenen spielen müssen?
KD: Jeder Kuss, den man mit dem Partner auf der Bühne hat, ist erst mal neu, egal, ob mit einer Frau oder mit einem Mann. Ganz klar, wenn der Partner neu ist, und es ist die erste Intimität, die man empfindet - es ist neu. Und es macht einen neugierig, und es macht einem Spaß - es sei denn, er oder sie hat eine Alkoholfahne... Aber für mich hat das was mit dem Menschen zu tun, nicht mit Mann oder Frau.
? Aber ich könnte mir vorzustellen, daß so etwas nicht immer so ganz einfach ist, wenn einem der Partner vielleicht nicht so ungeheuer sympathisch ist...
KD: Ja... Ja, aber ich versuche mir die Haltung anzueignen: Bei jedem Menschen, den ich nicht so mag, gibt es doch irgendwas, was ich mag, das ich charmant oder schön oder angenehm finde. Es gibt auch Leute, die ich überhaupt nicht mag, und trotzdem ist irgendwas da, von dem ich denke, das gefällt mir. Und das ist es für mich in dem Moment schon wert, da habe ich was, da kann ich zupacken und sagen, das gehört mir, für mein Spiel; und das reicht dann auch.
? Sie haben in Ihrer Karriere schon die unterschiedlichsten Rollen gespielt, z. B. schon viel am Theater, mal in der Kinderserie "Siebenstein", und Sie haben auch schon in "Hinter Gittern" mitgespielt, einer anderen Lesbenlieblingsserie...
KD: Genau, aber da war ich keine Lesbe - obwohl ich, als ich gecastet wurde, dachte, ich würde eine Lesbe werden, aber ich war dann doch keine.
? Haben Sie bestimmte Vorlieben, was Ihre Rollen betrifft?
KD: Vorlieben - ich weiß nicht, ich finde es immer schwer, denn letztendlich muss jede Rolle, die auf den Tisch kommt, ja erst mal von mir von mir entdeckt und gefüllt werden, und deswegen ist jede Rolle erst mal spannend. Ich liebe es natürlich besonders, charismatische Figuren zu spielen, d. h. Figuren, die Ecken und Kanten haben dürfen. Ich sehe mich selber auch nicht als so perfekt an, also im Sinne von - wie heißt noch die kleine, blonde Puppe - Barbie... Die wird ja schon viel, vorwiegend auf Schauspielerinnen, projiziert! Ich tue mich jetzt schwer damit zu sagen: Das und das und das möchte ich spielen. Ich habe witzigerweise die Tendenz, am Theater in Rollen der Vorkriegs- und Nachkriegszeit besetzt zu werden. Gerade habe ich wieder in einem Kurzfilm an der Ludwigsburger Filmakademie die Mutter von Hitler gespielt, in jungen Jahren, als Hitler ein Baby war, um die Jahrhundertwende. Ich habe irgendwie gewusst, ich kann das spielen, und ich werde es spielen, und das ist auch so aufgegangen. Figuren, die mich reizen, die mit einem anderen Lebenskonflikt konfrontiert sind - solche Themen ziehen mich an. Sophie Scholl wäre eine Figur, die ich sofort spielen würde, da würde ich nicht lange fackeln. Aber nichtsdestotrotz gibt es einfach unheimlich viele gegenwärtige, moderne, frische, junge Frauen, die ich z. B. auch gerne komödiantisch spielen würde. Mir liegt das Komödiantische sehr, was hier leider auch zu kurz kommt, weil es nicht so unbedingt dem Format entspricht, aber ich liebe es, komisch zu spielen, komisch zu sein. Aber wieviele Komödien gibt es schon im deutschen Fernsehen? Da gibt es schon mehr im Theater, und selbst da sind die Rollen für junge Frauen rar.
? Haben Sie irgendwelche konkreten Pläne für die Zukunft?
KD: Meine Agentur schaut natürlich, daß ich nicht nur Verbotene Liebe mache. Und dann müssen wir langfristig auch andere Rollen für mich finden. Es passiert Schauspielern ständig, dass sie mal viel haben und mal gar nichts. Ich unterrichte auch sehr gerne und muss mal gucken, ob ich das ein bisschen ausweite. Das weiß ich aber noch nicht. Im Moment liegt all das brach, weil ich einfach keine Zeit habe. Ich bereite Schüler vor, die sich auf die Schulen bewerben wollen, oder bin schon bei privaten Schauspielschulen eingesprungen, um Klassen zu unterrichten.
? Sie haben ja auch Regie studiert. Ist da etwas in der Richtung geplant?
KD: Nein, da ist nichts geplant. Dazu muss ich sagen: Das Max-Reinhardt-Seminar in Wien, an dem ich studiert habe, hat zwei Studiengänge, und man kann natürlich in den einen reinriechen, muss sich aber für den anderen entscheiden. Und ich habe mich für die Schauspielerei entschieden, denn Regie kann man immer noch führen. (lacht) Anders herum ist es schwieriger.
? Im Internet sind Sie unter zwei unterschiedlichen Namen zu finden. Also sind Sie nicht der alten Schauspielerinnentradition gefolgt, nach der Heirat weiterhin unter Ihrem "Mädchennamen" zu arbeiten...
KD: Das hat damit zu tun, dass wir ein Kind haben und wir uns damals entschieden haben, dass das Kind den Namen von Jörg, also meinem Mann, kriegt, weil wir den einfach schöner fanden und ich eigentlich keine Lust hatte, mich ständig zu erklären, weil mein Kind Dalichau heißt und ich Schmaltz - und außerdem finde ich, mal ganz abgesehen davon, dass Dalichau der schönere Name ist. Diese Entscheidungsprobleme kennen alle, nicht nur heterosexuelle Paare. Emanzipation fängt im Kopf an; da ist so etwas wie der Name nebensächlich.


Interview: Jutta Swietlinski
 
     
  zurueck zum Inhalt  

www.lespress.de
© 2004: lespress-Verlag, Dyroffstr. 12, 53113 Bonn