Madam, Sir!  
   
  So, jetzt isses passiert: Bankrott!!!
Der letzte von 4 Frauenbuchläden in Milchester hat jetzt auch zugemacht. Nachdem die letzte Mohikanerin eine Squaw fürs Leben gefunden hatte, beschloß auch sie, die Selbstausbeutung zu beenden und zog nach Liverpool. Jetzt werden sie sich fragen: Warum in aller Welt denn 4 Buchläden in diesem Nest von Milchester. Frauenüberschuß? Weltweiter Mailorderservice? Bücherboom? Hah!!! Weit gefehlt!
Der Grund ist ein ganz anderer, nämlich Neid, Eifersucht und Mißgunst.
Im Jahre 1969 eröffnete in Milchester der LesbiLit-bookshop. Hervorgegangen aus einer altehrwürdigen Buchhandlung der Eltern eröffnete Linda den ersten lesbischen Buchladen Südenglands. Dies war die Sensation damals, half aber auch nicht viel, da sich keine der angepeilten Kundinnen traute, das Geschäft zu betreten. In so einer Kleinstadt kennt sich ja jeder und jede, aber wem sag ich das.
Linda lernte Pamela kennen, diese eröffnete eine angegliederte Druckerei, die aber auch nicht so recht laufen wollte. Zwar war der Name von einer reklameträchigen Offenheit, aber die ansäßige Geschäftswelt wollte ihre Geschäftspost nicht bei Pamela's Pussy Printing drucken lassen.
Nach einigen Jahren trennten sich die zwei. Linda's Lesbilit wurde zum Ausflugsbuchladen der Stadtlesben Londons, Pamela's Pussy Printing machte sich selbstständig, unterbot die teuren Druckereien in der Stadt und produzierte bald alle Plakate etc. für die Szene Londons. Flugs wurde ein Buchladen eröffnet, der als Kontakthof dienen sollte. Es setzte ein gewisser Tourismus in unserem Städtchen ein, und auch ich begann zu dieser Zeit, beide Etablissements zu besuchen und orderte hier und da schon einmal eine Neuanschaffung für die Pfarrbibliothek.
Nun sahen Linda und Pamela ziemlich schnell - also so nach 5 Jahren, daß zwei lesbische Buchläden in einer Stadt mit 34.000 Einwohnern nicht laufen können. Es wurde ein joint venture gegründet. Eröffnet wurde eine - Buchhandlung. Diesmal aber eine ganz stinknormale. Angeschlossen wurde ein Café, das wurde langsam modern und sollte außerdem als Kontakthof dienen. Diese Buchhandlung dümpelte so ein wenig vor sich hin, da sich erstens Lindalein nicht von ihrem selbstbestimmten Lesbilit trennen wollte und Pam nicht auf die Versorgung der Lesben London's mit Druckwerk verzichten wollte. Der neue Normaloladen wurde aber recht schnell stadtbekannt, weil die zwei sich ständig völlig entnervt von ihren ABM-Kräften hinter der Ladentheke ankeiften, daß es eine reine Freude war.
Bis heute kolportieren die Nachbarn, daß dies der einzige Grund war, weshalb die Leute dahin gingen. Nirgendwo in Südengland konnte man Lesben öffentlich streiten sehen. Und noch niemand hatte gesehen, daß eine Frau der anderen Zucker in den Tank der Harley kippt und diese dafür ihren lieben Geschäftspartnerin die Schreibmaschinentastatur mit Orangenmarmelade einstrich. (War aber eh schon teilweise hin, denn Lindalein hatte sich schon selber Tee reingekippt.)
Buchladen Nr. 4 kam nicht unüberraschend. Ich will wirklich nicht Klischees bedienen, aber in diesem Falle stimmt's. Die Jungs rochen Geld und waren der Ansicht, wenn es in Milchester zwei lesbische Buchläden und eine Druckerei gibt, dann fehlt eigentlich nur noch ein schwuler Bookshop, eine Umsonst-Szenezeitung von einer hippen Werbeagentur namens Anal-Advertisment gestylt und schließlich noch eine Prideparade.
Tja und bei der Prideparade letztes Jahr ist die ganze Kacke dann kollabiert.
Jungs sind ja so supercool im Geschäft. Sie beauftragten Pussy Print mit dem Druck von mehreren Millionen Programmheften und Plakaten zum Gay und Lesbian Pride in Milchester. Außerdem mit einer Sondernummer der Umsonstzeitung, die sich aber immer noch nicht über Anzeigen finanzierte. Anal Advertisment hatte errechnet, daß mindestens mit 300.000 Besuchern aus London, Manchester und auch vom Kontinent zu rechnen sei und beauftragte den joint venture bookshop mit der gastronomischen Vermarktung. Und dann kam der große Tag. Die engagierten Weather Girls hatten sich zwar über die wackelige Bühne des Schützenvereins beklagt, hatten aber tapfer "It's raining men" geträllert, worauf es prompt auch an zu regnen fing. Statt der erhofften 300.000 Besucher kamen schließlich 450. Wobei 50 Senioren sich mit ihrem Reisebus verfahren hatten, letztendlich aber die Wheater Girls netter fanden, als irgendwelche ollen Kathedralen anzugucken.
Und nun ging's Schlag auf Schlag. Die Weather Girls erhielten klaglos einen Gagenscheck und verschwanden wieder. Das Bookshop Café hatte die phantastische Summe von 356,-- Pfund eingenommen und nach Ausbezahlung der Aushilfskräfte ein Minus von 2560,-- Pfund erwirtschaftet. Anal Advertisment bekam also nix als Gebühr für die Gastro - Genehmigung. Und damit blieben Pussy Prints Rechnungen in Horror-Höhe auf ewig unbezahlt.
Zwei Tage später war die Agentur vernagelt und die Jungs hatten schon das weite gesucht. Nach der dritten Mahnung hatte der Gerichtsvollzieher die Druckmaschinen bei Pussyprint mit seinem Siegel verziert. Pamela hob die Finger, wie es so schön heißt und damit waren Pussy Print und auch das Joint venture Projekt weg vom Fenster. Übrig blieb Lesbilit. Lindalein überlebte noch einige Zeit, weil sie es schaffte, Rosamunde Pilcher Romane an durchreisende Touristen zu verkaufen. Das war den 50 Seniorinnen zu verdanken, die zwar nicht bei der Parade mitgegangen waren, dafür aber bei Lesbilit das Klo benutzen durften und anschließend bei ihrem Reiseveranstalter Linda in den höchsten Tönen lobten und alle Busse von da an auf ihrem Weg zur Somerset Gardenshow dort hielten. Aber ist es ein erstrebenswertes Leben, die Klofrau für Blumenzweiebeltouristen zu spielen? Auch wenn das ein selbstbestiummtes Projekt ist, hat es mit Lesbischsein wenig zu tun. Aber das gilt für Geschäfte ja insgesamt, oder?

Bis zum nächsten Mal


PS: Der Scheck für die Weather Girls ist natürlich auch geplatzt.
 
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