Klaudia Brunst

 
   
  Nach ihrer Trennkost-Promotion im lesbischen Kochbuch "Warme Mahlzeiten" erkundigte sich Lespress nach dem aktuellen kulinarischen Stand von Klaudia Brunst, der Berliner Journalistin und ehemaligen Chefredakteurin der taz. Einen Tag vor der Urlaubsreise auf die Kanaren lud sie zum Brainstorming um Fresskörbe, IKEA und Küchenmarotten. Samt weiterem Lieblingsgericht: Spaghetti mit Oliven und Kapern.


Fast Food.

Kommt nicht mehr vor, ist aber mal meine große Leidenschaft gewesen. Ich habe mich schon phasenweise mehr von Currywurst ernährt als von "gutem Essen".

Kantinenessen.

War in der taz großartig, denn die Zeitung, die ja extrem arm ist, hat einem Italiener das Erdgeschoss verpachtet -einem richtig guten Nobelitaliener!-, und da konnten wir jeden Mittag für zehn Mark essen. Als ich dann Chefredakteurin wurde, hatte ich auch die Zeit, mittags eine Pause zu machen. Von daher habe ich nur gute Erfahrungen mit Kantinenessen. Das habe ich schon vermisst, als ich aus der taz weggegangen bin.

Fresskorb.

Fresskorb?

Fresskorb! Hast du noch nie einen Fresskorb geschenkt bekommen? Meist tatsächlich ein Korb mit kulinarischen Highlights.

Ach so. Ja, zum dreißigsten Geburtstag von einer Freundin. Mit einem richtigen Weidenkorb und einem guten Champagner und allem was dazu gehört. Wollte ich ja immer mal haben, stimmt. Das war ganz schön, aber hinterher stellte sich ja raus, dass dann doch so manche kulinarische Köstlichkeit wie die Gänseleberpastete im Kühlschrank blieb, weil meine Freundin, wie sie sagte, die Vorstellung gestopfter Gänse so widerlich fand. Könnte aber auch daran gelegen haben, dass die Frau, die mir den Fresskorb geschenkt hat, eine Ex-Geliebte von mir war. Vielleicht war meine Freundin einfach nur eifersüchtig. (lacht)

Urlaubsküche.

Wird diesmal ausschließlich Fisch sein! Auf den Kanarischen Inseln kannst du dich ja praktisch nur von Fisch ernähren. Den darf man ja ausnahmsweise gerade essen.

BSE.

Weiß ich schon seit zehn Jahren durch die Arbeit bei der taz, dass man längst kein Rindfleisch mehr hätte essen dürfen. Wir hatten hier doch nur kein BSE, weil wir das Fleisch nicht getestet haben. Ich habe trotzdem weitergegessen, auch jetzt - nur esse ich meist Neuland-Fleisch und sowieso insgesamt wenig, Trennkost halt! Wenn man hätte sicher gehen wollen, dann hätte man vor zehn Jahren aufhören müssen.

Aphrodisierendes.

Reden wir jetzt noch vom Essenkochen?

Resteverwertung.

Schwierig für Singles! Ich lebe ja seit zwei Jahren alleine, und achte immer darauf, dass gar nicht erst Reste entstehen. Ich habe nämlich am nächsten Tag nie Lust, das nochmal zu essen, was ich am Vortag gekocht habe. Ich verwöhne mich jetzt selbst damit, immer erst mittags zu entscheiden, worauf ich gerade Appetit habe, und genau das koche ich dann.

Frühstück im Bett.

Mache ich jeden Morgen! Ich fange meinen Tag damit an, dass ich in die Küche schleiche, mir Müsli hole und wieder ins Bett gehe, erstmal den Fernseher anmache und wach werde und dabei frühstücke. Dann stehe ich auf. Zu zweit im Bett frühstücken ist natürlich etwas völlig anderes. Das liegt mir nicht so. Es überfordert mich logistisch. Und wenn ich dann erstmal den Milchkaffee umgekippt habe, ist es sowieso vorbei mit der romantischen Stimmung.

Misslungene Küche.

Mit zwei guten Freundinnen habe ich eine ganz schöne Verabredung: Wir laden uns in loser Folge gegenseitig zum Essen ein, und es muss etwas sein, das wir noch nie gekocht haben. Also aus einem Kochbuch, etwas, das wir noch nicht ausprobiert haben. Wenn man normalerweise Freunde zum Essen einlädt, möchte man ja nicht, dass es misslingt, und deswegen kocht man meistens Sachen, die man schon dreimal gemacht hat. Deswegen haben wir beschlossen, dass wir uns gegenseitig misslungenes Essen vorsetzen dürfen. Es ist aber noch nie misslungen. Wenn es misslingen darf, misslingt es ja nicht. Das ist immer sehr nett!

Was gab es beim letzten Mal?

Pan-astiatische Möhrensuppe, und Kaninchen mit Süßkartoffeln. Was meiner Trennkost absolut widersprochen hat, aber ich sterbe ja nicht daran, wenn ich es mal außer Acht lasse.

Futterneid.

Halte ich eher für etwas Intellektuelles.

Zigarette danach.

Wonach? Also, ich rauche gelegentlich nach dem Essen.

Ikea-Küchenutensilien.

Sind mir zu schlecht.

Aber mal ausprobiert?

Dieses Package für Leute, die gerade den eigenen Hausstand gründen? Dieses Anfängerset für dreihundert Mark? Nein, ich bin Küchenutensilienfetischistin. Darauf bin ich nie eingestiegen. Mein erstes teures Küchenmesser habe ich mir gekauft, als ich als Studentin noch echt wenig Geld hatte. IVAR im Büro. Okay. Aber Ikea-Töpfe in der Küche? Nein!

Hausmannskost.

Ist gelegentlich was Feines. Weil man es ja kaum noch irgendwo kriegt. So ein gut gemachter Wirsing... Aber ich mache es mir auch nicht selbst zu Hause.

30 Jahre Döner.

Hat mich immer schon wenig interessiert, weil ich ein Problem mit Knoblauch habe und leicht Kopfschmerzen davon bekommen. Ich muss dann immer sagen, "Bitte ohne Sauce, ohne Zwiebeln, ohne alles..."

Tischgespräch.

Schön! Ich lade gerne Leute zum Essen ein, und ich gehe gerne essen und werde gerne zum Essen eingeladen, und Tischgespräche sind etwas, dass eigentlich atmosphärisch durch nichts zu ersetzen ist. Etwas ganz Spezielles. So eine eigene Mischung aus Small Talk und ernsten Debatten. Intimer als in einer Bar, aber nicht so intensiv wie ein Zweiergespräch bei einem Glas Wein. Man kann bei der Vorspeise noch fremdeln, beim Hauptgericht streiten und sich beim Dessert wieder versöhnen.

Koch- und Küchenrituale, Neurosen, Marotten...

Neurosen ohne Ende! Ich kann nur allein kochen. Zu zweit kochen habe ich selbst in der glücklichsten Zeit meiner symbiotischen Paarbeziehung nie geschafft. Ich habe so eine Art Show-Küche, mit einem riesigen, drei Meter breiten und zwei Meter hohen Durchbruch zum Esszimmer, so dass man in die Küche schauen kann, aber man kommt nicht rein. Man kann sich also wunderbar unterhalten, aber ich bin in der Küche allein, und das ist auch für alle Beteiligten besser so. Die weiteren Marotten ergeben sich aus der Menüreihenfolge. Ich habe eben eine große Leidenschaft für Kochutensilien, es gibt viele Dinge, die ich nur einmal im Jahr benutze, über deren Besitz ich aber trotzdem froh bin. Zum Beispiel ein Passiersieb. Das ist wahnsinnig groß und sperrig, nimmt extem viel Platz im Schrank weg und wird dafür viel zu selten gebraucht. Aber ich mußte es haben. Oder die Nudelpresse. Brauche ich eigentlich auch nie.

Fastenzeit.

Ich bin evangelisch, komme zwar aus dem Rheinland, wo ja zwischen Karneval und Ostern gefastet wird, aber... Es gibt ja Leute, die dabei sehr euphorisch werden sollen, aber... nee.

Welche Frucht ist mit "Du Früchtchen!" gemeint?

Diese Frage habe ich mir noch nie gestellt. Vielleicht eine rote Johannisbeere, die noch ein bisschen sauer ist.

Kaffeeklatsch.

Ist was sehr Lustiges. Man macht es irgendwie zu selten. Ich habe eine Sammeltassen-Kollektion, und habe mir immer überlegt, am Sonntag mal so ein ganz klassisches Kaffeetrinken für meine Freundinnen damit zu machen. So mit gefalteten Papierservietten und Würfelzucker und silbernem Sahnelöffel.

Liebespölsterchen.

(lacht) Habe ich schon viel drüber geschrieben. Ja, Liebe macht leider manchmal ganz schön dick. Besonders in glücklichen Langzeitbeziehungen.

Krümelmonster.

Oh jeh, ich krümele viel. Vor allem im Bett, aber auch an jedem beliebigen Tisch oder auf langen Autofahrten. Das hat meine Ex-Freundin immer sehr aufgeregt, denn wenn ich ein Brötchen esse, muß man hinterher eigentlich immer den Staubsauger holen.

Kinderlieblingsspeise.

Grüne Götterspeise mit Sahne. Das esse ich auch heute noch manchmal, wenn ich gerade meine regressive Phase habe.

"Wir müssen draußen bleiben", was kommt nicht in die Küche rein?

Fertiggerichte. Die vertragen sich nicht mit meiner Trennkost, weil sie meistens mit allem möglichen zusammengepanscht sind. Deswegen habe ich außer Dr. Oetker-Tiefkühlpizza "Mozzarella" eigentlich keine Fertigmahlzeiten im Haus. Und ansonsten Knoblauch. Wegen der Kopfschmerzen. Aber das Rezept, das ich mitgebracht habe, ist mit Knoblauch, weswegen ich es nur an ausgesprochen glücklichen Tagen essen kann. Deshalb habe ich es mitgebracht.

Hast du mal aus "Warme Mahlzeiten" gekocht?

Ich habe gehört, neuerdings würde es auf allen Lesben-Geburtstagen den Brotsalat von Ulrike Folkerts geben. Stimmt das?

Interview: Leonie Wild
Photo: Barbara Dietl
 
  Und noch ein Rezept:  
  Spaghetti mit Oliven und Kapern (Nach Art der leichten Mädchen)

"Das Rezept widerspricht all meinen Ernährungsregeln. Und dazu muss man ja auch unbedingt einen guten Wein trinken. Also für mich eine echte Sünde! Aber eine, die es wert ist."





Vorbereitungszeit 20 Min.
Kochzeit 20 Min.

170 ml Olivenöl extra vergine
120 gr Semmelbrösel
3 feingehackte Knoblauchzehen
40 gr Anchovis aus dem Glas, abgetropft und feingehackt
300 gr schwarze entsteinte Oliven, feingehackt
6 Eiertomaten, enthäutet und zerkleinert
2 EL kleine Kapern
500 gr Spaghettini

1. 2 EL Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und die Semmelbrösel unter Rühren goldbraun und knusprig braten. Aus der Pfanne nehmen und vollständig abkühlen lassen.

2. Das restliche Öl in die Pfanne geben und kurz erhitzen. Knoblauch, Oliven und Anchovis bei Mittelhitze 30 Sek. durchrühren. Die Tomaten und Kapern beigeben und 3 Min. köcheln.

3. Pasta al dente kochen und die Tomatensauce unterrühren. Dann die Semmelbrösel dazugeben und gut vermischen. Sofort servieren.
 
   
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