Madam, Sir,  
  so, das hätten wir dann auch hinter uns. Noch leicht deprimiert sitzen Mr. Stringer, Oberinspektor Craddock und ich beim Nachnmittagstee, umringt von ca. 178 Plastiktüten mit erlesen exkluviv-exotischen Aufschriften und trauern einer Institution hinterher.

Miss Marple, Bild: Archiv Max KohlhaasNein, nicht dass sie meinen Harrod´s sei bankrott oder so etwas. Nein, Es war uns seit Jahrzehnten immer eine große Freude, Ende Januar auf den Kontinent zu reisen und im deutschen Winterschlussverkauf, die bereits in Euro verwandelten Pound Sterling in günstige Waren aus deutschen Kaufhäusern und Boutiquen einzutauschen. Das war immer recht befriedigend und erholsam, aber damit ist jetzt leider Schluß. Es war das letzte Mal.
Was waren wir jedes Mal konsterniert, wenn die deutsche (Haus)Frau sich bereits morgens um sechs gierig gegen die geschlossenen Türen der Kaufhäuser schmiegte, sich lustvoll stöhnend in einer Masse zu allem bereiten Frauen dem Öffnen der Modehäuser entgegendrängte, um dann Punkt neun unter Schmerzen und mit Einsatz verzückt ausgeübter Gewalt in Unterwäsche zu wühlen. - Der blanke Sex, wenn sie mich fragen. Sozusagen eine Art kollektiv ausbrechende Neurose, die mit Hilfe von Zwangshomosexualität sublimiert wurde. Allerdings war das gesellschaftlich voll anerkannt und lief nach der ungeschriebenen Regel ab "Was du nicht willst, das man dir kauft, das zwing auch keinem anderen auf!" - also so eine Art Kant für Konsumentinnen.
Damit ist jetzt ausgerechnet im Kant-Jahr Schluß. Oh my Dear, sollte jetzt bei Ihnen ebenfalls ausbrechen, was wir bereits in Amerika erleben durften.

Das ungehemmte Auge um Auge, Zahn um Zahn des immerwährenden Konsumismus. Zweifelhafte Preisnachlässe, wenn sie gleichzeitig eine wasauchimmer-Card besitzen, die nur dazu angelegt wurde, ihre Kundendaten noch besser ausspionieren zu können?
Neulich war ich bei Marks und Spencer und wollte ein paar breakfast sausages kaufen. Ja Grundgütiger, das war gar nicht so einfach. An der Kasse angelangt, wurde ich nach meiner customercard gefragt. Auf die Antwort, dass ich eine solche nicht besäße, sank ich im Ansehen der Kassiererin auf das konsumtechnische Niveau einer aborigine aus den walisischen Bergen.
"Ich werdí das mal für Sie anlegen, dann erhalten sie heute schon die points". Ich antwortete, daß ich nur ein paar Würstchen und im Gegentum keinerlei points zu erwerben wünschte und daß Mr. Stringer bereits warten würde......... "Ja dann gibt´s direkt die "partnercard" antwortete die Hexe an der Kasse. "Will ich nicht" äußerte ich, jetzt schon etwas ärgerlicher. "Das tut mir leid, sie sind bereits im System gespeichert, ich brauche nur noch ein paar Kundendaten. Familienstand? "in perverser Partnerschaft lebend!". No reaction. "Kinder?" "Ein uneheliches, zwei schwule siamesische Zwillinge". Stirnrunzeln. Auch die Schlange hinter mir wurde langsam ungeduldig. Nachdem ich ihr noch meinen Wohnort Wagadugu und meine sexuelle Veranlagung mitgeteilt hatte, war ihr Informationsbedarf offensichtlich befriedigt. Als ich weiterhin darauf bestand, ihr die Adresse meiner seit 50 Jahren toten Großeltern und die Registriernummer meines im 1. Weltkrieg gefallenen Onkels aufzudrängen, baten mich zwei anständig gekleidete Herren höflich zum Ausgang.

Seitdem geht immer alles ganz schnell. Waren aussuchen, alles aufs Band, zahlen, eintüten und raus. Und meistens bekomme ich noch 10% Rabatt, damit ich nicht anfange zu reden. So geht´ s doch auch, meine Damen. Und die Würstchen brauchte ich auch nicht zu bezahlen.

Bis zum nächsten Mal.....
 
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