popkultur

 

Die Wunderbare Welt der Lesbischen Popkultur

 
  Fe- MUH- nists & Vampires- Lesben im US Independent Comic  
  Hothead Paisan- Homicidal Lesbian Terrorist

Hothead Paisan flirtet mit ihrer neuen Flamme Daphne, als sich ein extrem unangenehmer Hetero mit gespreizten Beinen neben sie auf die Parkbank setzt. Hothead zückt kurzerhand eine Axt und trennt ein Bein des Eindringlings mit einem Schlag ab. Sie reicht es ihm mit einem höflichen: "Gehört das zufällig Ihnen?"

Hothead Paisan schafft das Kunststück politisch komplett unkorrekt und dabei durch und durch feministisch (oder fe-MUH-nistisch, wie sie zu sagen pflegt) zu sein. Sie lebt aus, wovon Frauen/ Lesben im allgemeinen nur träumen.
Die koffein- und fernsehsüchtige Punklesbe Hothead wohnt mit ihrer meditierenden Katze Chicken in einer WG. Ihre beste Freundin Roz und ihre Geliebte Daphne versuchen (ohne großen Erfolg), ihre Rachefeldzüge gegen die patriarchale Umwelt zu stoppen und sie zu einem gesünderen Lebensstil zu animieren.

Daphne: Wann hast du das letzte Mal Gemüse gegessen?
Hothead: Keine Ahnung. Was ist das?
Daphne: Oh Gott!
Hothead: Nee, war nur'n Witz! 1988 hab ich mal'n Radieschen gegessen!

Diane DiMassa hat Hothead Paisan mehrere Jahre im Selbstverlag (Giant Ass Press!) herausgebracht, außerdem sind zwei Sammelbände erschienen. Der Comic und seine Autorin sind inzwischen zu unerwartetem Ruhm gekommen: Das Spektrum reicht von Zeitungsartikeln bis zu hochwissenschaftlichen Aufsätzen und HH Schokoriegeln. Und in Kanada wurde der Comic als gewaltverherrlichend verboten- das kommt dabei heraus, wenn frau konservative Politiker bei der Zensurgesetzgebung unterstützt!!
(Amn.: In Kanada wurde in den 90ern von Konservativen und Feministinnen gleichermaßen eine Verschärfung der Gesetze gegen Pornographie und gewaltverherrlichende Darstellungen durchgesetzt. Hothead Paisan war einer der ersten Titel, die auf den Index kamen.)
DiMassa spricht in ihrem Comic auch weitere "unangenehme" Themen an: HH praktiziert S/M, sie liebt Hermaphroditen und ihre Geliebte Daphne ist ungeklärten Geschlechts.


Alles Lüge, oder: Wie ich lernte, im Stehen zu pinkeln

Als ich 12 oder 13 war, dachte ich, ich könne keine Comiczeichnerin werden, weil ich es nicht schaffte, knollennasige Männer und vollbusige Frauen zu zeichnen. In keiner anderen Branche (außer vielleicht bei der Werftarbeit) waren so wenig Frauen vertreten, wie im Comic. Jeder Verlag hatte zwar eine Zeichnerin unter Vertrag, aber eben wirklich nur eine. Comiczeichnen war etwas, dass nur Jungens konnten, wie im Stehen pinkeln...
Es sollte einige Jahre dauern, bis ich die Wahrheit herausfand: Ich stolperte über das Buch "The Great Women Cartoonists" (früher "A Century of Women Cartoonists) von Trina Robbins und erfuhr, dass bereits Ende des 19. Jahrhunderts Zeichnerinnen enorme Popularität genossen hatten. In den 20ern schuf Nell Brinkley den legendären "Brinkley-Look" und war berühmt wie ein Popstar. Während des 2. Weltkriegs wurden Zeichnerinnen auch an typische Männerthemen wie Action- und Kriegscomics herangelassen. Erst mit dem Niedergang des Comics in den 60ern wurden Zeichnerinnen und Mädchencomics aus dem ööffentlichen Bewusstsein gedrängt. Aber bereits in den 70ern versuchten feministische Underground- Zeichnerinnen ein Revival mit Anthologien wie "Wimmin's Comix".
Anfang der 90er kamen dann verschiedene Strömungen zusammen: Die Grrrlz Bewegung, eine Welle von selbstverlegenden ComicautorInnen und der Einfluss der japanischen Mädchen- Manga. Junge Zeichnerinnen begannen, den Independent- Markt zu erobern.
Sarah Dyer stellt seit einigen Jahren die Anthologie "Action Girl" zusammen, in der auch mehrere lesbische und bisexuelle Comics abgedruckt wurden. "Friends of Lulu" ist eine überregionale Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, Frauen in der Comicbranche zu fördern.


Strangers in Paradise


Francine und Katchoo kennen sich bereits aus der Schule. Als sie sich einige Jahre später wiedertreffen, haben beide einiges durchgemacht. Katchoo wurde von ihrem Stiefvater vergewaltigt und ist auf der Strasse gelandet, während Francine einer Ehe mit dem unsagbar lächerlichen Freddie Femur hinterhechelt. Katchoo liebt Francine, die in ihr zunächst nur ihre beste Freundin siehtÖdann holt Katchoos Vergangenheit die beiden ein. Eine der romantischsten, aber auch melodramatischsten Liebesgeschichten nimmt ihren Anfang.

Francine: Denkst du von uns als ein Paar, Katchoo?
Katchoo: Aber absolut! Wir werden immer ein Paar sein, so wieÖ
Francine: Ernie & Bert!
Katchoo: Fritten und Bier!
Francine: Sex& Drugs & Rock'n Roll!
Katchoo: Das ist kein Paar.
Francine: Dann vergiss die Drogen und den Rock. Du verstehst mich schon.
Katchoo: ÖWürdest duÖ mich hassen,Ö wenn ich dich küssen würde?
Francine: Ich werde dich hassen, wenn du es nicht tust.

Terry Moore veröffentlicht seinen Comic seit Anfang der 90er im Selbstverlag. Er hat bisher weit über tausend Seiten gezeichnet und macht keinerlei Anstalten aufzuhören. Strangers in Paradise, kurz SIP, ist am ehesten mit einer lange laufenden TV Serien vergleichbar, in der humoristische Episoden ebenso ihren Platz haben, wie hochdramatische Action und sogar eine Xena- Parodie.
Kürzlich hat Terry Moore außerdem einen Willow & Tara Comic für die Buffy- Comicreihe gezeichnet.


Charm School

Dean: Lass uns fliegen gehen.
Bunny: Ich habe meinen Besen vergessen.
Dean: Das macht nichts, Bunny.- Du hast mich.

Meine derzeitige Lieblingsserie ist Charm School von Elizabeth Watasin. Bunny, die Hexe und ihre Geliebte, die butche Vampirin Dean hatten ihren ersten Auftritt in der "Action Girl" Anthologie, die Heftserie erscheint jetzt beim Independent Verlag Amaze Ink. Der originelle und interessant gezeichnete Comic handelt von den Verwickelungen, denen Bunnys und Deans Beziehung ausgesetzt ist, als die gutaussehende Fee Fairer Than versucht, Bunnys Herz zu erobern. Und Fairer Than hat ein Geheimnis...
Charm School ist einer der wenigen lesbischen Comics, der eine Geschichte erzählt und nicht in erster Linie autobiographisch oder soap- opernhaft das lesbische Leben abbildet (nichts gegen Soap Opern!).

Auf Elizabeth Watasins Homepage können auch ihre frühen Werke wie "Susanoo, the Brawler" bewundert werden.


Im Text erwähnte Comics und Bücher (in Comicbuchläden bzw. Importbuchhandlungen erhältlich):

Hothead Paisan (engl.) von Diane DiMassa
Giant Ass Press

The Great Woman Cartoonists (engl.) von Trina Robbins

From Girls to Grrrlz (engl.)
Chronicle Books

Action Girl (engl.), Hrg. Sarah Dyer
Amaze Ink/ Slave Labor Graphics

Strangers in Paradise (dt.) von Terry Moore
Comic Speedline/ Tilsner

Willow & Tara (engl.) von Terry Moore
Buffy the Vampire Slayer, bei Dark Horse Comics

Charm School (engl.)von Elisabeth Watasin
Amaze Ink/ Slave Labor Graphics


Comics im Netz:

http://www.hotheadpaisan.com
http://www.trinarobbins.com
http://www.strangersinparadise.com
http://www.friends-lulu.org
http://www.a-girlstudio.com
http://www.slavelabor.com

Uli Meyer
 
   
  WITCH
Inzwischen hat sich die These der "Friends of Lulu", dass sich mit Mädchencomics Geld machen liesse, bis nach Europa herumgesprochen. In Italien zeichnet Elisabetta Gnone für Disney die Serie WITCH, die seit kurzem auch auf Deutsch erscheint. Die Freundinnen Willow (wer hat denn da geklaut?!), Irma, Taranee, Cornelia und Hay-Lin entdecken, dass sie magische Kräfte haben. Von Hay-Lins Oma erhalten sie eine geheimnisvolle Karte und erfahren, dass eine wichtige Aufgabe auf sie wartet.
Der Comic hat eine hohen PC Faktor, weil Taranee schwarz, Hay-Lin Chinesin und Irma leicht übergewichtig ist. WITCH enthält zwar (noch?) keine lesbische Figur, ist aber dank der schönen, manga-esken Zeichnungen und der spannenden Geschichte ein prima Geschenk für alle Nichten, Töchter und kleinen Schwestern. (Außerdem liegt jedem Heft so ein netter Krimskrams bei...)
Die ersten Hefte sind zwar grade vergriffen, sollen aber demnächst als Sammelband nachgedruckt werden.

WITCH von Elisabetta Gnone
Egmont
monatlich, am Kiosk erhältlich




Biester
Der erste deutsche Bi Comic erscheint im Selbstverlag und gibt die typischen Ereignisse wieder, von denen wohl jede Bisexuelle ein Liedchen singen kann: Z.B. die lesbischen Freundinnen, die Verrat wittern, aber auch Seltsamkeiten wie die Oma, die sich nach dem Outing der Enkelin fragt, ob sie in ihrem Leben wohl was verpasst hat. Die Zeichnungen sind in guter, alter Knollennasen(!)- Tradition gehalten. Es macht sich positiv bemerkbar, dass viele Episoden auf den Erlebnissen des Freundeskreises der AutorInnen beruhen. Gutes Preis- Leistungs- Verhältnis.
Biester von Kim& Addi
AK- comx
ISBN 3-8311-1814-0


Uli Meyer
 
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