Astrid Stenzel - Schwermetall  
 
Ihr Laden "Schwermetall" ist zumindest in der Berliner Szene schon ein Begriff. Und mit ihrer Beteiligung an der "Pride-Lifestyle-Kollektion" versucht Astrid Stenzel, diesen Namen bundesweit noch ein wenig bekannter zu machen.
"Schwermetall" ist zwar die Erfindung eines anderen Kollegen, in dessen Betrieb sie 1996 einstieg, aber Astrid Stenzel hat erst diesen Namen gezielt in der schwul-lesbische Presse bekannt gemacht. Und als man Anfang 1999 wieder getrennter Wege gehen wollte, bot ihr Kollege ihr den Namen im Austausch zu einigen Maschinen an.
Und so ist sie seit Oktober 1999 in ihrem neuen und kleinen, aber feinen Laden in Schöneberg die alleinige Chefin von "Schwermetall", wo aquariumsgleiche Schaukästen das ein oder andere Edel- und Schwermetallkunststück präsentieren.

Ganz so einfach war die Geschäftseröffnung jedoch nicht: Allein der Umbau der ehemaligen Concierge-Wohnung im über 100 Jahre alten Gebäude erwies sich schon als Kraftakt; das komplette Gebäude musste abgestützt werden, um den Eingang zur Straße hin einzurichten. Und ein altes Kellergewölbe verträgt zwar viel, nicht aber mehrere Tonnen - und mit denen muss man schon rechnen, wenn man es mit schweren Metallen zu tun hat.
Zudem gab es Probleme mit der Handwerksinnung, denn Astrid Stenzel ist keine Goldschmiedemeisterin, sondern ist nach ihrem Pädagogik-Studium über eine Umschulung zu ihrem Beruf gekommen. Aber nun gibt es mittlerweile viele freischaffende KünstlerInnen in diesem Bereich, die zum Teil von der Innung zwar zähneknirschend, aber immerhin geduldet werden.
Außerdem gibt es schon einen Unterschied zwischen "líart pour líart" und einer betrieblichen Existenz, zwischen Kunst und dem Verkauf derselben als Existenzgrundlage. "Man muss halt schon mal Kompromisse eingehen und sich an den Kundenwünschen orientieren, sonst verkauft es sich schwer", so Stenzel. "Gerade die zahlungskräftige Kundschaft ist eben doch eher konservativ - zu wild und zu ausgefallen darf es da nicht sein. Die Leute schauen so etwas zwar gerne an, aber gekauft wird dann doch etwas anderes." Und diese Art des Verkaufens macht ihr Spaß, "solange es mir selbst gefällt, natürlich".
Ihr Lieblingsmaterial ist nach wie vor Silber, allerdings ist der Markt angesichts der Billig-Konkurrenz und des niedrigen Silberpreises schwierig zu erobern. "Viele KundInnen sehen einfach nur den Preis und nicht die kreative Leistung, um die es ja vornehmlich geht, dahinter." Und auch deshalb experimentiert sie mit anderen Materialien und Legierungen, entfernt sich von den geraden, strengen Linien, die früher eine Art Markenzeichen waren und spielt nun mit weicheren, verspielten Formen.
Ihr Engagement für die "Pride-Lifestyle-Kollektion", die sich zu einer Art schwul-lesbischem "Manufaktum-Katalog" entwickeln soll, ist sozusagen historisch bedingt: "Mike Adamczak und ich unterhielten uns mal eher locker darüber und fanden die Idee grundsätzlich toll. Er hat dann recht schnell die Idee in die Tat umgesetzt und ebenso schnell hatten wir die beiden Schreinerinnen von "Ungehobelt" aus Detmold und Andreas Linzner mit seiner Frottee-Kollektion aus Hamburg im Boot." Hinzu kam Hans-Jürgen Esch aus Köln, und fertig war die Basis für das neue Projekt. Weitere DesignerInnen sind willkommen, aber Heterosexuelle müssen diesmal "leider" draußen bleiben. "Das passt nun eben nicht ins schwul-lesbische Konzept". Das Prinzip ist einfach: JedeR Beteiligte ist mit einem ausgesuchten Artikel aus dem eigenen Sortiment im Katalog vertreten, drei Prozent des Verkaufserlöses gehen an die Deutsche Aids-Stiftung und sieben Prozent an die Pride-Company, die die Vermarktung übernimmt.
Dass sie nun ausgerechnet in diesem Rahmen für ihre Freundin Ulrike Folkerts eine eigene Kollektion präsentiert und Ulrike Folkerts zudem als Patin der Aktion zur Verfügung steht, ist ihr schon ein wenig unangenehm. Aber erstens musste ein "Zugpferd" her, zweitens achten die beteiligten DesignerInnen wie auch die "Patin" auf den Inhalt des Projektes und drittens hatten Ulrike Folkerts und Astrid Stenzel dann doch schon eine Menge Spaß, etwas Besonderes zu gestalten. "Ich muss auch noch einmal betonen, dass Ulrike keinen Pfennig für ihre "Vermarktung" bekommt, was schon branchenunüblich ist. Sie macht das gerne, aber eben auch nur in Grenzen, was uns beteiligten DesignerInnen auch sehr wichtig war und ist. Denn schließlich geht es doch um unsere Arbeit." Astrid Stenzel spricht aus Erfahrung, denn das Leben an der Seite einer prominenten Schauspielerin, bei deren Auftauchen in der Regel ein mittleres Gekreische anfängt und sie selbst oft "hintenüber" fällt, ist nicht so einfach. "Da gab es schon genug Probleme in der Vergangenheit, mich zu behaupten oder auch meinen Platz zu finden. Und ich wollte auf keinen Fall, dass wieder so etwas ähnliches passiert." (Wer also Hoffnung hegt, über Astrid Stenzel Zugang zu Ulrike Folkerts zu erhalten, stößt mit Sicherheit auf schwermetallhaltiges Granit).
Was die Zukunft von "Schwermetall" betrifft, ist Astrid Stenzel jedenfalls optimistisch: "Ich bin schon zufrieden, wenn ich einen festen Kundenstamm aufgebaut habe und einigermaßen gut davon leben kann." Der Mietvertrag läuft über zehn Jahre mit Option auf weitere fünf - na, das hört sich doch gut an.
ufa

Schwermetall
Winterfeldtstraße, 50, 10781 Berlin
Öffnungszeiten:
Di. - Fr.: 11.00 - 19.00, Sa.: 11.00 - 16.00 Uhr
 
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