Madam, Sir,  
  Welch eine Freude, welch ein Jubiläum. Wer hätte das gedacht, daß es soweit kommen würde. "100 Jahre Lespress. What a success!" möchte ich da reimen. Und was ist die Zeit schnell vorbei gegangen.

Miss Marple, Bild: Archiv Max Kohlhaas Ich weiß noch: 1904 im Januar, wie alles begann. Frau Anhamm war damals noch ein ganz junges Ding, das können sie mir glauben. Aber nicht unbegabt dachte ich, als ich in meiner Pferdebahn an ihr vorbeiratterte. Kurze Zeit später hielt mir eine meiner Suffragettenkolleginnen eine graue große Zeitschrift vor die Nase mit einem riesigen Ballon oder so drauf. Lespress, die erste. Tja das war schon sehr liberal, daß der Kaiser so etwas erlaubt hat, nicht wahr meine Damen? Ich habe immer versucht herauszubekommen, ob denn dieses Magazin auch am kaiserlichen Hofe goutiert wurde - keine Chance, damals konnten Royals sich noch abschirmen. Nicht wie heute - also haben sie das gelesen???
Da hat angeblich Lady Diana, geborene Spencer, einen Brief geschrieben, in dem sie ihrem Ex-Gatten unterstellt, sie meucheln zu wollen, um dann mit einem Rottweiler... - also ich bitte Sie!!! (Nur so als Anmerkung: "Rottweiler" wird hierzulande Frau Parker-Bowles liebevoll tituliert.) Als wenn das nicht sofort rausgekommen wäre, wenn Charles unter den prinzesslichen Rolls klettert, der vor Harrod's auf Dodi wartet, dort einen Bremszug durchbeißt und dann wieder auf seine Bio-Farm verschwindet. Ridiculous. Also, sowas liest man ja auch nur einmal in Hundert Jahren.
Auch Mr. Stringer läßt herzlich grüßen und gratuliert zusammen mit Oberinspektor Craddock aufs Heftigste. Wenn das Queen Mum noch erleben könnte. Die ist ja 103 geworden oder so. Nein, nein, ich will keinen Teufel an die Wand malen. Nicht daß in drei Jahren Schluß sein soll mit Lespress. Doch nicht so ein Traditionsunternehmen. Und dann mit einer solch heroischen Vergangenheit. - Habe ich Ihnen eigentlich mal erzählt, wie eine komplette Auflage fast einmal abgesoffen ist, nur weil der Schlauch der Chefredakteurin geplatzt war?
Alles unter Wasser. Unter den Redaktionsräumen lag seinerzeit ein Damentrikotagengeschäft. Das war auch klamm hinterher und leider gehörte es der Hausbesitzerin. Kurze Zeit später wurden Ihnen Madam, Sir, eine neue Redaktionsadresse mitgeteilt. Tja, das sind die Tatsachen hinter den Meldungen. Ich könnte da noch mehr ausplaudern, aber das ist ja eine anständige Kolumne, in der es von anfang an immer nur um Sex, Drugs und Rock and Roll, DevotDeluxstühle, Feministinnenlager im Wald, Öhrchenziehn und Popoklopfen und andere alltägliche Dinge ging, die für Lespresslesbenleserinnen interessant sein könnten. Und das bleibt auch so. Solange sie wollen.
Also dann auf die nächsten hundert Jahre! Ob ich das allerdings noch erlebe? Manchmal denke ich doch, jetzt hat mein letztes Stündlein geschlagen. Als z.B. Madonna diese andere Quietschmaus da auf der Bühne abgeleckt hat, das war schon grenzwertig. Wenn das unsere Zugehfrau mit der Briefträgerin auf dem Trottoir gemacht hätte, ich weiß nicht.
Vielleicht bin ich aber auch ein wenig altmodisch. die jungen Dinger von heute sind da doch viel freizügiger. Na wenn's denn gefällt. Diese Frau Anhamm ist auch so ein Fall. Aber sie knutscht nicht die Briefträgerinnen ab. Bis jetzt jedenfalls noch nicht. Mal sehen, was noch alles kommt. Journalistinnen greifen ja zu allen Mitteln, um die Auflage zu erhöhen. Erst Vierfarbdruck und dann am Ende gar vielleicht....... Warten wir's ab.

Bis zum nächsten Mal....
 
  zurueck zum Inhalt  

www.lespress.de
© 2004: lespress-Verlag, Dyroffstr. 12, 53113 Bonn