Februargrillen am heimischen BSE-Herd  
 
Der Februar war schon immer beklemmend melancholisch. Ihm wohnt der Zauber des Werdens inne, das Zarte der vergangenen Winternächte, oder nüchterner: Er ist nichts halbes und nichts ganzes. Der Winter ist noch nicht vorbei, immer noch friert man sich draußen die sekundären Geschlechtsmerkmale ab, und Frühling ist es auch noch nicht, jedenfalls wollen die Hormone nicht recht in Wallung geraten.

Hinzukommen natürlich andere Kataströphchen: die paar Verwandten, die man noch nicht völlig vergrault hat, sind immer noch wegen des familienpsychologisch notwendigen Weihnachtseklats angesäuert, die Lebensgefährtin schlägt sich mit jahreszeitbedingten Depressionen herum, und dann wird Deutschland noch so nebenbei wegen der BSE-Flut ins politische Aus bugsiert. Als ob man nicht schon genug Sorgen hätte.

So tummeln sich auf den Wiesen fallsüchtige Kühe herum, und die Hirnforscher stehen mit süffisantem Grinsen knietief in vermatschten Prionenpuddings, während der durchschnittsdeutsche Wurstfetischist mit pathetisch verdrehten Augen und leichter Suizidneigung durch den Supermarkt eiert. Als ob das Einläuten der Bush-Ära drüben im Land of the Free nicht schon mehr als deutlich von der allseits um sich greifenden Hirnverschwammung gezeugt hätte.

Dort darf sich nun ein Mensch Präsident nennen, der kürzlich noch nicht einmal mit republikanischen Lesben und Schwulen zu reden gedachte. Möglicherweise befürchtete er, sich dort mit einer unsittlichen Neigung anzustekken, oder gar zu sexuellen Handlungen verleiten zu lassen, die im Staate Texas bis heute per Gesetz mit der Todesstrafe belegt sind. Als alternatives Urlaubsland möchte man da ja gleich den Schwarzwald vorschlagen, auch wenn dort die Burreliose-Zecken ja massiv auf dem Vormarsch sind. BSE und Burreliose sind sich übrigens in einigen Punkten recht ähnlich, fast möchte ich annehmen, die Zecken hätten sich mit den Kühen verschworen, um die Weltherrschaft zu übernehmen.

Das ist übrigens so wie im echten Leben unter Menschen: Dort sind es meist die Zicken und die Kühe, die sich verschwören, und die nicht nur das andere Geschlecht, sondern auch uns Frauen selbst in den Wahn treiben. So geschehen letzte Woche, als mich eine Freundin fragt: "Hast du eigentlich die aktuelle K.D.Lang-CD?" Ich verneine, und sie fragt, mit vor Empörung kraftvoll in die Hüften gestemmten Armen: "Aber wieso denn, die ist doch lesbisch!"

Für einen Moment versuche ich es mir vorzustellen: Frau Lang nimmt gerade noch ihre Hand und Zunge von einem bebenden Frauenkörper, der ermattet in ihren Kissen liegt, und noch im selben Moment wird sie im Zuge einer religiös anmutenden Befruchtungsszene von der Muse geküsst, um dann ihre CD aufzunehmen. Nach einigen Minuten gebe ich auf, und ziehe mich, erschüttert über dieses blinde Zugeständnis an Unlogik und Herdentierverhalten, zurück. Oh ja, wir sollten weniger Rind essen und öfter die Zeckenimpfung auffrischen. Dann klappts auch wieder mit den Hirnfunktionen.

Obsidia
 
   
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