miss marple  
   
 


Madam, Sir,

jetzt erwarten Sie bloß nicht, dass ich in der Januarausgabe dieser von uns so geschätzten Monatsschrift über die vergangenen Festveranstaltungen zum Silvester etwas zum Besten gebe. Ich müsste ja lügen. Es wäre alles erfunden, denn während ich hier sitze regnet es draußen und es ist 14 Grad warm. Es muss also um den 13. Dezember sein. Und ich werde schon wieder mit Droh-e-mails überschüttet, wo meine Kolumne bleibt, die schon bis zum 10... und es ist jedesmal dasselbe... und warum machst du eigentlich nicht... schicke es mir bitte per e-mail... aber als rtf-Datei, sonst kann das niemand.....die Belichtung hat schon angefangen usw. usw. Na ja bis jetzt ist jedenfalls noch nie was schiefgegangen.

Es kann sich Nebelbank um Nebelbank auf dem Ärmelkanal herumwälzen, der Eurotunnel könnte voll Wasser laufen, Herr Ghaddafi es auf British Airways abgesehen haben. Und wenn ich noch von Rotterdam den Rhein hinaufschwimmen müßte. Meine Kolumne ist bis jetzt noch immer irgendwie angekommen. Was ich von meiner besten Freundin Winifred nicht behaupten kann. Ich sage nur: "Filmfestival der Dame" in Salisbury. Wir waren um 20:00 Uhr vor dem Kino verabredet. O-Ton Winifred: "Sei bloß pünktlich, ich habe Freikarten, sonst kommen wir damit nicht rein." Ich also in den öffentlichen Autobus, der die südenglische Landschaft und insbesondere Somerset abklappert, natürlich in trauter Begleitung von Mr. Stringer. Pünktlich um Viertel vor Acht waren wir also vor dem Lichtspielhaus, welches sich in kinematographischer Hinsicht um die Emanzipation der Frau verdient machen wollte. Inspektor Craddock konnte leider nicht kommen, da er zu einem heterosexuellen Junggesellenabend eingeladen war. Dies ist eins von den Ritualen, die beim Zustandekommen lesbischer oder schwuler Hochzeiten sicherlich zu bizarrem Ruhm gelangen könnten. Aber schweifen wir nicht ab: 20:00 Uhr. Wir stehen also vor dem Lichtspielhaus in Salisbury, langsam kriecht das gelauchte Premierenpublikum die Freitreppe hoch und uns gleichzeitig die Kälte ins Mieder. Von Winifred nicht die leiseste Spur: 20:30 Uhr. Winifred ist eine vielbeschäftigte Frau, die zu tausend Geschäftsessen muss und sich bestimmt nicht von einer Geschäftspartnerin loseisen kann. Und Geschäftsessen soll man nicht runterwürgen. Das schadet dem Geschäft und der Gesundheit. Und dem vorteilhaften Äußeren. Oder mögen Sie blau angelaufene Geschäftsfrauen, denen ein zu großes Sushi aus dem Schwanenhals schaut? 20:45Uhr: Aus der roten Telephonzelle neben dem Kino läutet das Telephon. Am Apparat: Winifred! Sie liegt mit einer Autopanne auf dem Motorway. Kühlerschlauch gerissen. Sie dachte, das ginge ja vielleicht auch so bis ins Kino. Sind ja auch nur 12 Meilen. Da müssen 5 mitgenommene Flaschen Wasser zum Nachfüllen reichen. Ganz bestimmt bis 21:00 Uhr bin ich da, so ihre Worte. 21:10 Uhr: Der Film läuft seit 10 Minuten. Draußen vor dem Kino steht nur noch Mrs. Marple, die immer von dieser blöden Tante angestarrt wird, die auch wohl auf jemanden wartet, die sich verspätet hat. So wie die allerdings glotzt würde ich auch nicht kommen. 21:30 Uhr: Also ich würde meilenweit rennen, um dieser Glotzerei zu entgehen. Oder in den nächsten Pub um 5 Hot Whisky zu mir zunehmen. Tu ich dann auch. Gefolgt von Mr. Stringer betreten wir ein Gasthaus in der Nähe, aus dem lautes Gröhlen dringt. Who is it? Na, dreimal dürfen Sie raten. Neben circa 200 anderen Gästen sehen wir Inspektor Craddock und seinen Junggesellen, der morgen sein anglikanisches Jawort geben soll. Inspektor Craddock hat ihm die Handschellen angelegt und ihn mit diesem am Lampenschirm gefesselt. Nun schwingt er über dem eiskalten indischen Buffet hin und her und grölt die Hochzeitshymne. Sieht aus wie eine ganz normale Weihnachtsfeier. 22:45 Uhr: Von Winifred nix mehr gehört. Der demnächst Gatte ist mitsamt Lampe von der Decke gefallen und beinahe an einer Schüssel Reis mit Huhn erstickt. Mr. Stringer sitzt in der Ecke und schnarcht, während ich meiner drohenden Unterzuckerung mit Spekulatius Einhalt zu gebieten denke. Dazu Hot Whisky. Widerlich. Ich bin froh, wenn Weihnachten rum ist. Und dieses dämliche Silvester ... verdammt und die Kolumne ist immer noch nicht fertig und ich hänge hier einfach meiner letzten vermurksten Woche vor Weihnachten hinterher!!! Bin ich froh wenn Januar ist. Kann nur besser werden.
Frohes Neues dann auch!
Bis zum nächsten Mal...

 
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