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Bis vor kurzem dachte
ich die 70er sein vorbei, schimpfen doch alle auf die 80er und die doofen "pc-Lesben".
Aber da erzappte ich bei einer dieser Talkshows eine junge Lesbe, die der Kleidung
nach aus einem "Schulmädchen-Report" hätte stammen können.
Nach ihren Tiraden, die das Girlie über die "Emanzen" (= alte Schachteln
= Spaßbremsen = total uncool) absonderte, war ich mir jedoch nicht mehr ganz
so sicher, ob es sich hier nicht um eine 25 Jahre alte Aufzeichnung handelte. Allein
die Studiotechnik ließ mich da zweifeln. Am selben Tag unterhielt ich mich
bei einem zufälligen Tresengespräch mit einem graumeliertem Herrn, der
mir ganz enthusiastisch auf die Nase band, dass er neulich vor einem Homoschuppen
gestanden hätte und dass da wirklich attraktive Lesben gewesen wären.
Das muß man sich
mal reinziehen! Gutaussehende Lesben und dazu noch ganz viele auf einem Haufen!
Nachdem ich ihn fragte,
warum ich eigentlich nie zu hören bekomme, dass ein Großteil der heterosexuellen,
weiblichen Bevölkerung nach den gängigen Standards nicht nur unter einer
Geschmacksverirrung bezüglich ihrer Kleidung litten, sondern gemessen an den
acht lebenden Supermodels auch noch eine Attraktivitätsbehinderung hätten,
sah er mich ganz schief von oben nach unten an. Ich war natürlich sofort unten
durch und auch als Kumpel für derbe Sprüche unbrauchbar. Nun ja, als Lesbe
ist man daran gewöhnt (kleiner Scherz für Luise Pusch).
An allem Schuld sind
natürlich diese "Feministinnen", die mit ihrer politischen Korrektheit
jede Dummheit unterdrücken. Wenn eine keine Verrenkungen anstellt, um über
einen minderbemittelten Blondinenwitz zu lachen, gilt sie allgemein als humorlos.
Macht sie vielleicht sogar den Fehler und beschwert sich trotz all des Gelächters
um sie herum über das Niveau dieser geselligen Zusammenkunft, wird ihr von der
Witzerzählerin sicherlich ein lässiges "Ich bin halt nicht pc!"
hingerotzt. Das wiederum heißt: "Also ich bin ein total toller Hecht und
du bist wohl so eine frigide Emanze, die so langweiligen Blümchensex veranstaltet
und Kamillentee trinkt."
Dumm gelaufen, wenn sich die Anders-humorvolle noch an die Kassetten von Fips Asmussen
oder die frivolen "Herrenwitze für Kegelbrüder" aus dem Beate-Uhse-Versand
der Eltern erinnern kann, in denen es von einfältigen Sprüchen über
Homosexuelle und Mannweiber nur so wimmelt. Dann weiß sie auch, daß Stefan
Raab und Harald Schmidt sich nicht viel anders ihre Millionen erwirtschaften.
Dabei war die "Political
Correctness" einmal der gutgemeinte Versuch, sich rassistische, sexistische
und homophobe Witze einfach zu sparen und sich lieber über intelligente Pointen
zu amüsieren. Denn eine lustige Geschichte sollte von einer Hörerin schon
mehr abverlangen als das bloße Abspulen der eigenen Vorurteile.
Aber wie sollen wir
Urgesteine um die 30 denn den jüngeren Lesben vermitteln, dass es die so viel
beschimpften "Lila Latzhosen" waren, die es ihnen ermöglicht haben,
so selbstbewusst lesbisch feminin und mit Lippenstift herumzulaufen und in den Talkshows
Everybodyís Darling zu sein, wenn selbst Alice Schwarzer sich so benimmt als hätte
es sie selbst nie gegeben. Erst verklagt sie den Fotografen Helmut Newton (dessen
Fotografien nicht gerade über wenigen Lesbenbetten hängen) aufgrund angeblich
faschistoider und pornographischer Darstellungen von Frauen und dann einige Jahre
später versucht sie ausgerechnet Leni Riefenstahl zu rehabilitieren. Da kann
man nur noch staunen.
Jetzt wollen einige
Lesben bereits ihre heterosexuellen Freunde, die natürlich ganz lieb sind, mit
auf Frauenpartys mitbringen und stellen wütende Mails in die diversen Internetforen,
daß die ollen Spießerinnen Männern den Zugang verbieten. Boah, das
ist fies! Da wird ausgegrenzt!
Bei durchschnittlich
20 Frauenpartys jedes Wochenende in ganz Deutschland und einigen tausend hippen Locations
für alle an jedem Tag, müsst ihr uns doch lassen unsere Hütte stehen,
die ihr nicht gebaut!
Auch wenn es eine Marotte
einiger Lesben zu sein scheint, alle sieben Minuten das Rad neu zu erfinden, ist
es im postfeministischen Zeitalter mal wieder nötig, zu definieren, was ein
Rad überhaupt ist. Bei all der propagierten Toleranz und Vielfalt muß
es doch möglich sein, nicht "normal" sein zu wollen. Oder?
Stephanie Kuhnen
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